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Gefeuert

Titel: Gefeuert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Berger
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ehemaligen Arbeitgebers nach meiner Mitarbeit einzuordnen sei. Es hat sie weder besonders erstaunt noch groß interessiert.
    »Die könnten Sie über ein anderes Tochterunternehmen sogar in der Zeit frei beschäftigen, während der die Anstellung noch läuft«, fiel ihr ein.
    Wahrscheinlich muss man als Anwalt so nüchtern sein, denke ich mir. Ein Anwalt, der mit jedem Klienten mitfühlt, könnte wohl nicht mehr ruhig schlafen.
    Der letzte Punkt auf der Liste meiner Gekündigtenarbeit für heute ist ein Formular meiner Krankenkasse. Ich werde gefragt, was nun künftig mit mir los ist: Habe ich einen neuen Arbeitgeber? Bin ich arbeitslos? Ich kreuze erst einmal »arbeitslos« an, wenn auch widerwillig. Aber natürlich bin ich sehr erleichtert, dass ich während der Arbeitslosigkeit weiterhin krankenversichert bin, ohne selbst Beiträge zahlen zu müssen.
    Als Arbeitsloser ist man, sofern man vorher genug Beiträge eingezahlt hat, ein paar Monate rundum versorgt, immerhin. Wer Arbeitslosengeld erhält, ist in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung pflichtversichert. Die Beiträge zahlt die Arbeitsagentur. Auch die Rentenversicherung läuft weiter, die Beiträge übernimmt ebenfalls die Agentur. Sogar eine Unfallversicherung gibt es für den Fall, dass man einen Unfall hat, während man einer »besonderen Aufforderung« der Agentur nachkommt. All das steht im »Merkblatt für Arbeitslose«, meiner Pflichtlektüre.
    Wie wichtig diese Absicherung ist, sehe ich an meinem Bruder.Er ist jetzt schon seit Monaten krankgeschrieben. Inzwischen lebt er vom Krankengeld, das etwa 75 Prozent des früheren Nettoeinkommens beträgt. Das zahlen die gesetzlichen Krankenkassen bei Arbeitsunfähigkeit. Die Höchstdauer liegt bei 78 Wochen innerhalb von drei Jahren. Er hat die Chemo inzwischen hinter sich und wird wahrscheinlich in einigen Wochen wieder arbeiten.
    »Die Stimmung im Betrieb ist beschissen«, erzählte er mir kürzlich am Telefon.
    »Warum?«
    »Es gibt nichts zu tun.«
    Seit einem Dreivierteljahr ist in seiner Firma Kurzarbeit. 100 Leuten wurde gerade dennoch gekündigt.
    »Da ist einer dabei, der hat zwei Kinder und lebt mit seiner Freundin zusammen, die keinen Job hat. Als er die Kündigung bekommen hat, ist er zu seinem Vorgesetzten gegangen und hat gefragt, wie er jetzt die zwei Kinder durchbringen soll. Der hat nur gesagt: Sie sind ja nicht verheiratet. Das ist doch der Wahnsinn!«
    »Meinst du, es wird weiter gekündigt?«
    »Klar. Ein Kumpel von mir kennt jemanden im Arbeitsamt. Unsere Firma hat für 2010 im Voraus schon 800 Kündigungen gemeldet.«
    »800!«, entfährt es mir.
    »Ich habe keine Ahnung, was ich machen soll, wenn mir gekündigt wird.«
    Gerade war er noch so krank, dass wir alle das Schlimmste befürchten mussten. Und kaum geht es ihm besser, muss er Angst um seinen Arbeitsplatz haben. Kann das nicht einfach mal aufhören?

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    Arbeitslos
    Heute ist der erste Tag in meinem Leben als Arbeitslose. Ich konnte es nicht verhindern, dass es so weit kommt, mit aller Gekündigtenarbeit nicht. Ich versuche, es nicht zu nah an mich heranzulassen. Ich sehe mich nicht als »arbeitslos«, will mich nicht so sehen. Niemals werde ich sagen »Ich bin arbeitslos«, wenn ich gefragt werde »Und was machst du so?«. Ich werde immer antworten »Ich arbeite jetzt selbstständig« – was ja nicht gelogen ist, ich unterschlage nur, dass ich vom Arbeitsamt abhängig bin. Würde ich sagen »arbeitslos«, käme doch zudem niemand auf die Idee, mir Aufträge zu geben. Mit solchen »strategischen« Überlegungen rechtfertige ich meine geschönten Antworten vor mir selbst. Tatsächlich finde ich mich auch feige.
    Eigentlich, eigentlich sollte es kein Problem sein, es zuzugeben. Bei Millionen Arbeitslosen sollte der Status »normal« sein, aber ihm haftet etwas an, etwas »Losermäßiges«. Als könnten wir Arbeitslosen selbst etwas dafür, dass wir im Moment keinen Job haben. »Wir Arbeitslosen« schreibe ich, oh Gott.
    Der Tag beginnt nicht gut. Gleich am Vormittag erhalte ich einen Anruf aus der Exarbeit.
    »Wir können leider nicht mit Ihnen zusammenarbeiten«, wird mir von Frau Schmidt lapidar mitgeteilt. »Wir schaffen das terminlich nicht.«
    Im Gespräch hieß es damals noch, es sei kein Problem, wenn ich meine Vertretung eine Woche oder noch später als gewünscht anfinge. Da sei man flexibel. In meiner Zusage kam ich darauf zurück. Wegen der bereits vereinbarten Aufträge hätte ich diese Zeit

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