Gefeuert
gebraucht. Da sie damals einverstanden waren, halte ich diese Begründung für seltsam, insistiere aber nicht. Was soll man bei einer Absage auch insistieren.
»Hoffentlich ist das jetzt nicht zu schlimm für Sie«, gibt mir Frau Schmidt noch in mitleidsvollem Ton mit auf den Weg.
Ich ärgere mich schon in diesem Moment heftig darüber, dassmir keine schlagfertige Antwort einfällt. Die Mitleidstour habe ich wirklich nicht nötig. War es nicht ursprünglich so, dass mein Exarbeitgeber etwas
von mir
wollte? Schließlich haben sie bei mir angerufen und um Unterstützung gebeten.
Ganz klar, ich bin in die typische Bewerberfalle geraten. Eigentlich ist es eine gleichberechtigte Ausgangsposition. Der Bewerber sucht einen interessanten Job und der Arbeitgeber einen passenden Bewerber. Aber im Laufe des Bewerbungsverfahrens schaffen es die Arbeitgeber früher oder später meist, den Bewerber in die Position eines Bittstellers zu manövrieren. Auf einmal wirkt es so, als seien sie am längeren Hebel. Das beginnt im Grunde schon mit dem Bewerbungsschreiben, in dem man als Jobsuchender so viel Persönliches preisgibt. Es geht weiter mit Vorstellungsgesprächen, in denen man sich mitunter plötzlich in Konferenzsälen einem Plenum gegenüber beweisen muss oder mit mehrtägigen Auswahlverfahren, sogenannten Assessmentcentern, in denen man sich in Rollenspielen gegenüber den anderen Bewerbern behaupten soll. Und es spitzt sich zu in Gesundheitstests, die einige Unternehmen verlangen, bevor der Bewerber ihrer Wahl einen Einstellungsvertrag unterschreiben »darf«. Manche Arbeitgeber verlangen sogar Bluttests, andere Urinproben. Das ist sehr umstritten und nur in Ausnahmefällen zulässig. Bewerber könnten dies verweigern, allerdings trauen sich das viele nicht aus Angst, dadurch ihre Chancen zu verspielen.
Bewerber zu sein ist keine angenehme Position. Es sei denn, man ist nicht auf Zusagen von Unternehmen angewiesen – weil man einen festen Job oder eine Alternative in der Hinterhand hat. Ohne mein zweites Standbein der Selbstständigkeit wäre ich wahrscheinlich schon längst in tiefe Selbstzweifel gestürzt. Mit Ausnahme meiner ersten Bewerbung, läuft meine Jobsuche sehr mau. Mit Rückmeldungen lassen sich die Unternehmen Zeit. Irgendwann steckt dann die dicke Bewerbungsmappe, die ich so sorgfältig zusammengestellt habe, wieder im Briefkasten. Oder es kommt gar nichts. Bei einer Bewerbung habe ich seit Wochen nichts mehr vom Arbeitgeber gehört. Ich erhieltdamals eine Bestätigung, dass meine Unterlagen eingegangen sind. Das war’s. Dabei passe ich gut auf die Jobbeschreibung. Kürzlich habe ich die Webseite des Unternehmens noch einmal angesteuert. Und siehe da: die Stelle ist nach wie vor ausgeschrieben. Inzwischen seit sechs Wochen, obwohl angeblich ein Mitarbeiter »zum sofortigen Eintritt« gesucht wird.
Das passt nicht zusammen und ist keine Ausnahme. Vor allem bei Online-Anzeigen fällt mir auf, dass sie nach ein paar Wochen wieder aufs Neue in meinen Abfragelisten, mit denen ich regelmäßig die Stellenbörsen durchforste, auftauchen. Bei einem Arbeitgeber gab es für die zwei selben Stellen inzwischen drei Mal neue Anzeigen. Das lässt nur drei Schlüsse zu: Entweder haben alle erfolgreichen Bewerber die Probezeit nicht bestanden (das halte ich für unwahrscheinlich) oder bei den Bewerbungen war kein passender Kandidat dabei (das kann ich mir auch nicht vorstellen) oder die Stellen sind gar nicht zu besetzen, sondern dienen dem Firmenmarketing (so muss es wohl sein).
So ein Verhalten muss man sich erlauben können. Und die Unternehmen können es sich erlauben. Je weniger Vollzeitjobs es gibt und je schlechter die wirtschaftliche Lage ist, desto stärker konkurrieren die Jobsuchenden um den immer kleiner werdenden Kuchen.
Ich grübele den ganzen Tag über die Gründe für die Absage. Es ist kein gutes Vorzeichen für die nächsten Monate, wenn der erste Tag der Arbeitslosigkeit mit einem Misserfolg beginnt. Auf einmal bekomme ich Panik: Bin ich jetzt auf dem absteigenden Ast? Sind die guten Jahre auf einmal vorbei? Klappt nun gar nichts mehr? Geht es nur noch abwärts?
Selbst abends, nachdem die Kinder im Bett sind, und Johannes und ich entspannt auf dem Sofa sitzen (könnten), fange ich immer wieder davon an: Lag es an meinem anfangs wenig enthusiastischen Auftritt?
»Aber dafür lief das Gespräch dann doch viel zu gut«, rechtfertige ich mich gegenüber Johannes.
Ich bin der Überzeugung, dass die
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