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Gefeuert

Titel: Gefeuert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Berger
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zu brechen, um die Stimmung zu verbessern.
    »Sie haben bestimmt viel zu tun. Die Stelle ist ja schon seit ein paar Wochen unbesetzt«, sage ich also, um das Gespräch zu eröffnen. Das in der Stellenanzeige angegebene Eintrittsdatum liegt schon zwei Wochen zurück, mein Exkollege hat sogar früher aufgehört, weil er Resturlaub hatte.
    Das war ein guter Einfall. So kommt er ins Erzählen, sprichtviel über die Position und redet sich in Schwung. Allerdings halte ich seinen Redefluss mit ein paar Zwischenfragen auch bewusst am Laufen. Aus seinen Erklärungen wird mir klar, dass er mein direkter Kollege wäre, mit dem ich das Zimmer teilen würde. Er wirkt sympathisch. Es vergehen bestimmt zehn Minuten, bis der Vorgesetzte auf einmal ins Zimmer kommt. Er rauscht einfach herein.
    Ich stehe auf, um ihn zu begrüßen und – bilde ich es mir ein? – habe den Eindruck, dass er kurz erschrocken aussieht. Erinnere ich ihn vielleicht an jemanden? Komisch.
    Auch er erzählt gleich drauflos. Ich werfe hin und wieder eine Frage ein und bin froh über die Schonfrist. Zwar wiederholt er nur, was der Kollege erzählt hat und was ich im Groben aufgrund meiner Vorbereitung schon alles weiß, aber ich kann mich dadurch akklimatisieren, bevor ich mit den typischen Bewerbungsgesprächsfragen konfrontiert werde. Denn sie kommen unweigerlich: die Fragen zu meinem Lebenslauf, zu meiner letzten Position, zu meinen Vorstellungen. Ich beantworte alles brav und meine Antworten genügen, denke ich, auch den Erwartungen. Allerdings halte ich mich für zu zurückhaltend, komme aber irgendwie nicht aus mir heraus. So plätschert das Gespräch über eine Stunde dahin. Es ist angenehm und sympathisch, ohne Hochs und Tiefs, ohne Auffälligkeiten oder Besonderheiten. Ist das womöglich ein Manko? Müsste ich mehr Begeisterung zeigen? »Leidenschaft«, wie der eine Abteilungsleiter in der Exarbeit forderte?
    Während es damals der Chef war, der fragte, ist es hier der Mitarbeiter, der die Fragen stellt und das Gespräch führt. Kann ich daraus schließen, dass der Chef nicht sehr autoritär ist? Oder ist das abgesprochen, damit der Vorgesetzte besser beobachten und zuhören kann? Es ist auch der Mitarbeiter, der schließlich das Gespräch mit einem »Ja, gut« beendet. Wir stehen auf und ich bin kurz unschlüssig, ob ich mir meinen Mantel selbst holen kann – tue das aber einfach, nachdem keiner der beiden Anstalten dazu macht. Es war die richtige Entscheidung. Sie bleiben auch stehen, als ich ihn anziehe, helfenmir nicht hinein. Plötzlich kommen wir wieder ins Gespräch, ich schon gehbereit in Mantel und Schal. Es ist ein belangloser Small Talk, der sich unangenehm in die Länge zieht. Der Chef redet über die »Ja, gut« des Mitarbeiters mehrmals hinweg. Das macht es schwierig für mich, den passenden Zeitpunkt zum Gehen zu finden. Endlich schaffe ich den Absprung und verabschiede mich.
    Sie bleiben beide im Besprechungszimmer zurück. Da fällt nun unweigerlich das Urteil über mich, während ich die Treppe hinuntereile. Eineinhalb Stunden war ich insgesamt dort.
    »Ist das eine Arbeit, die du machen willst?«, frage ich mich, als ich nach Hause fahre. »Siehst du dich dort? Ist es besser als selbstständig zu sein?« Es ist eine Arbeit, die ich machen kann, so viel steht fest. Es ist nicht mein Traumjob, aber ich kann es mir vorstellen. Einen Haken hat die Stelle: Sie ist auf ein Jahr befristet. Oder könnte das vielleicht sogar ein Vorteil sein? »Nach dem einen Jahr kannst du dich immer noch selbstständig machen«, sage ich mir.
    »Und wie war’s?«, fragt Johannes, als ich zur Tür hereinkomme.
    »Gut. Glaube ich. Sie haben noch vier weitere Bewerber zum Vorstellungsgespräch eingeladen.«
    »Und willst du das machen?«
    »Ich weiß nicht«, antworte ich zögernd und sage dann schnell: »Du musst es auch entscheiden. Es würde bedeuten, dass ich wieder jeden Abend so spät wie heute, eher noch später nach Hause komme, wenn der Kleine schon schläft.«
    »Meinetwegen musst du das nicht machen«, sagt da Johannes sofort. Er hat offensichtlich auf einmal Panik davor, wieder ganztags allein für die Kinder zuständig zu sein.
    Nach ein paar Minuten fragt er: »Ab wann wäre das denn?«
    »Ab nächsten Monat.«
    »Also in zwei Wochen.«
    Da erschrecke ich. Das scheint so bald! Wird sich so schnell alles ändern? Sitze ich tatsächlich in 14 Tagen im Büro neben Herrn Schrader? Ich kann es nicht glauben.
    Später ruft mein Bruder an. Er ist

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