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Gefeuert

Titel: Gefeuert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Berger
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los ist? Oder habe ich meinen Bewerbungseuphemismus zu weit getrieben? Vielleicht gelingt es mir nicht mehr, ehrlich zu sein. Ich kann mich manchmal nicht mehr hören, wenn ich davon rede, dass die Kündigung auch eine »Chance« ist und die Selbstständigkeit sich »super mit Familie vereinbaren lässt«. Das stimmt, natürlich – wenn nur die Existenzängste nicht wären.

    Die folgenden Tage falle ich in ein Motivationsloch. Das Wetter passt dazu. Es ist seit Tagen trüb. Kein Sonnenlicht, nirgends. Ich bin antriebslos.
    »Das muss auch mal sein«, sagt Johannes.
    Mag sein. Aber mich macht das sehr unzufrieden. Es war doch gerade das – auch teilweise übertriebene – Tätigsein, das mir die vergangenen Wochen half, über die Kündigung einigermaßen hinwegzukommen und die Unsicherheit der Bewerbungsphase zu ertragen.
    Ich zwinge mich trotz Motivationsloch zu arbeiten – aber ich surfe nur nach Fachliteratur statt wirklich etwas zu tun. Und während ich mich so ablenke, kommt endlich die Mail vom neuen Arbeitgeber meines Exkollegen. Jetzt, nachdem ich die Stelle innerlich schon wieder abgeschrieben hatte.
    Das ist das Seltsame an meiner Lebens- und Arbeitssituation seit der Kündigung. Ein Anruf oder eine Mail können plötzlich alles ändern – oder zumindest scheint es so, als hätten sie die Macht dazu. Noch hat sich ja nichts Entscheidendes bei mir getan, nichts Unvorhergesehenes hat sich realisiert. Aber es war zwei Mal fast so weit. Zum ersten Mal, als meine Bewerbung und mein Vorstellungsgespräch in dem fernen »Kaff« so erfolgreich waren. Und zum zweiten Mal, als plötzlich Herr Roth anrief und mir einen Vertretungsjob anbot. Und jetzt die Mail.
    Die vergangenen Tage wäre so viel zu tun gewesen, entschuldigt sich der Chef und lädt mich zum Vorstellungsgespräch ein. Ich bin also noch im Rennen! Ich sage zu und spüre sofort einen Energieschub. Das Motivationsloch ist weg.
    Kurz darauf klingelt mein Handy. Eine frühere Kollegin, die schon vor Jahren den Arbeitgeber gewechselt hatte, ist dran.
    »Wie geht’s dir denn?«, fragt sie und: »Was machst du denn jetzt so?«
    Ich spule mein Sätzchen herunter, dass es mir gut geht und ich inzwischen selbstständig arbeite.
    »Bewirbst du dich gar nicht?«, will sie wissen.
    »Doch, wenn ich etwas Interessantes und Passendes sehe«, gebe ich zu.
    »Ich habe bei uns von einer Stelle gehört und sofort an dich gedacht!«, rückt sie heraus.
    Ich reagiere, inzwischen wirklich routiniert, mit der Antwort eines erfahrenen Bewerbers, dass das »sehr interessant« klingen würde.
    »Das wäre ja toll, wenn die dich kriegen!«, ruft sie begeistert. »Du bist eigentlich sogar überqualifiziert.« Sie verspricht, mich auf dem Laufenden zu halten.
    Mit dem »überqualifiziert« hat sie recht. Besonders spannend klingt die Stelle nicht, auch das Gehalt, das sie bereits angedeutet hat, ist bescheiden. Aber ich will mir die Chance auf einen Job nicht entgehen lassen. Ich will nichts von vornherein ausschließen. Das beruhigt mich. Irgendetwas davon, sage ich mir dann in Momenten, in denen die Angst wieder hochkommt, wird schon klappen, muss klappen.

    Am nächsten Tag bin ich mit Luc zum Mittagessen verabredet. Wir treffen uns in der Innenstadt in einem Restaurant, in dem außer uns nur Anzugträger sitzen. Es ist einen Tick zu schick – für uns, nicht für die anderen. Es ist so offensichtlich: Sie sind gerade in Mittagspause und haben einen überdurchschnittlich bezahlten Bürojob. Wenn ich sie sehe, wirkt ihr Büroalltag, aus dem ich seit ein paar Monaten ausgeschlossen bin, so selbstverständlich, so unabdingbar. Ich hätte Lust, nach dem Essen auch einfach an meinen Arbeitsplatz zu gehen.
    Luc scheint das gar nicht aufzufallen. Er bezieht unsere Umgebung nicht auf sich. Er hat sich inzwischen mit dem Gründungszuschuss selbstständig gemacht.
    »Das hat problemlos funktioniert«, erzählt er.
    »Ich habe auch schon alles vorbereitet«, kontere ich stolz.
    »Warst du bereits beim Finanzamt?«
    »Denen habe ich die Unterlagen geschickt. Aber das kann zwei, drei Wochen dauern, meinten die.«
    »Du musst nur aufpassen, dass du dich nicht zu früh selbstständig machst, schon bevor du den Antrag für den Gründungszuschuss losschickst. Sonst klappt das nicht«, warnt er mich.
    Als wir uns verabschieden, sagt er beschwörend: »Ich an deiner Stelle würde echt nichts überstürzen. Warte erst mal in Ruhe deine Bewerbungen ab, danach kannst du immer noch den

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