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Gefrorene Seelen

Gefrorene Seelen

Titel: Gefrorene Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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»Frederick Paul Lefebvre, 234 Wassi Road. Das Foto stimmt.«
    »Das ist doch der flinke Freddie!«, rief Delorme. »Er ist erst vor zwei Wochen aus der Haft entlassen worden.«
    Zwei Notärzte eilten die Böschung hinab. Sie machten sich sofort an dem Häuflein Elend zu schaffen, tasteten ihn hier und dort ab und bombardierten ihn mit Fragen.
    »Oh Mann«, wiederholte Freddie mehrmals, »oh Mann.« Einer der Notärzte wischte ihm mit Schnee das Blut von der Stirn. Dann sah der Verwirrte zum ersten Mal zu den Schrotflinten hoch und schluckte schwer. »Ich glaub, ich spinne«, sagte er und unterdrückte einen Rülpser. »Noch nie einen in der Krone gehabt, oder was?«

38
    D ie Verfolgung von Woodys Rostlaube bescherte Cardinal eine Menge Papierkram. Allein die Spurenakte schwoll auf den Umfang eines voluminösen Romans an. Bei jeder Aktion, bei der andere Polizeieinheiten wie zum Beispiel die OPP beteiligt waren, vervielfachten sich die erforderlichen Berichte. Bei jedem Zugriff auf das »Arsenal« musste anschließend peinlich genau Rechenschaft abgelegt werden über die verwendeten Waffen, das eingesetzte Personal, die verschossene Munition und so weiter.
    Er wollte Freddie Lefebvre vernehmen, aber der flinke Freddie war nach dem Eingeständnis seiner Trunksucht erneut in Bewusstlosigkeit gefallen und befand sich jetzt zur Ausnüchterung in einem gut bewachten Krankenhausbett.
    Cardinals Telefondisplay leuchtete auf. Karen Steen rief an und fragte, ob es Fortschritte bei den Ermittlungen gebe. Er möge sie doch bitte zurückrufen, wenn er etwas wisse. Er erinnerte sich an die tiefblauen Augen und die vorbehaltlose Aufrichtigkeit, die aus ihren Gesichtszügen sprach. Er hätte ihr gern etwas Ermutigendes gesagt, doch er hatte nichts. Arsenault und Collingwood, die Spurensicherungsexperten, waren in der Garage mit Woodys Lieferwagen beschäftigt. Wegen der Fingerabdrücke würde man sie erst in einigen Stunden fragen können.
    Cardinal holte einen Stoß von Papieren aus seinem Eingangskorb. Darunter befanden sich neben den üblichen Notizen, Formblättern und Anfragen nach bestimmten Informationen auch mehrere dicke Umschläge von der Staatsanwaltschaft. Ferner gab es ein bürointernes, von Dyson verfasstes Rundschreiben, in dem dieser jeden Mitarbeiter zum hundertsten Mal mahnte, sich vor Gericht nicht zum Narren machen zu lassen.
    An dem Rundschreiben haftete noch ein weiteres Papier, das offenkundig aus Versehen in seinen Eingangskorb gelangt war, denn es klebte durch etwas, das sehr nach Honigglasur aussah.Es handelte sich um eine Notiz mit der Aufschrift »Büro des Detective Sergeant A. Dyson« und war an Paul Arsenault gerichtet. Arsenault sollte sich an einem der kommenden Wochenenden für ein Treffen mit Schriftexperten der Mounties bereithalten. Die Verbindung von RCMP und Schriftexperten konnte nur der Fall Kyle Corbett sein. Und ein Wochenende, das deutete auf etwas Größeres, ein bedeutender Schlag wurde vorbereitet.
    »Mein Gott, warum soll ich schon wieder vor Gericht als Zeuge auftreten? Ich komme mir langsam wie eine Voodoopuppe vor. Alle wollen mich mit Nadeln piesacken!« McLeod schimpfte ins Telefon und suchte etwas unter dem ganzen Müll auf seinem Schreibtisch. Dann legte er fluchend den Hörer auf. »Diese verdammte Staatsanwaltschaft. Wollen die, dass ich einen Herzinfarkt kriege?«
    »Na ja, vielleicht wollen sie das«, sagte Cardinal.
    »Am Donnerstag spielt mein Kleiner auf dem Klavier vor. Ich konnte wegen der Brüder Corriveau schon nicht bei seinem Geburtstag dabei sein. Wenn ich das auch noch verpasse, wird meine Frau – tschuldigung, meine Ex-Frau, Lady Macbeth mit der gerichtlichen Anordnung – mich vollends aus dem Familienfoto schneiden. Das Familiengericht hat sie ja schon im Griff. Für die bin ich ein Finsterling irgendwo zwischen Hunnenkönig Attila und Charles Manson. Und Corriveau – wozu entlässt man einen Zeugen, wenn man ihn dann alle fünf Minuten wieder herbeizitiert?«
    Unvermittelt dachte Cardinal an Catherine. McLeods paranoides Gezeter trat in den Hintergrund, während ihm Catherines hohles Gesicht mit einem Mal vor Augen stand, die Art und Weise, wie sie von ihrem Buch aufschaute und ihn über den Rand ihrer Lesebrille hinweg anblickte. In solchen Augenblicken war ihr Blick so bohrend, als fürchtete sie, ein Fremder habe sich in Gestalt ihres Ehemannes zu ihr ins Bett geschlichen. »Geht es dir gut?«, fragte sie dann, und die Erinnerung an diese vier Worte war

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