Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefrorene Seelen

Gefrorene Seelen

Titel: Gefrorene Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
Vom Netzwerk:
Wasser in einen Pappbecher flossen – lose Metallteile gab es auf dieser Abteilung nicht. Er stand eine Weile auf dem Gang und betrachtete die weißen Berghänge im Hintergrund und die umstehenden Kiefern, deren Zweige sich unter der schweren Schneelast bogen. Neben dem Büro des diensthabenden Arztes machten ein paar Pflegekräfte eine Zigarettenpause. Sie standen im Eingang und stampften mit den Füßen, um sich warm zu halten.
    Als er in den Lichtraum zurückkam, saß Catherine zusammengesackt an einem Ende der Couch und schaute finster. Sie wollte die Cola nicht trinken und ließ den Becher unberührt auf dem Tisch stehen. Cardinal blieb noch eine Viertelstunde bei ihr, doch sie löste sich nicht mehr aus ihrer Erstarrung. Was er auch sagte, nichts entlockte ihr eine Reaktion. Als er schließlich ging, saß sie immer noch da und starrte auf den Fußboden.
    *
    Dyson winkte Delorme in sein Büro, doch als sie eingetreten war, tat er so, als wäre sie gar nicht da. Er telefonierte, suchte nach einer Akte und hielt Mary Flowers durch die Sprechanlage in Trab. Schließlich sah er sie direkt an, ergriff den Brieföffner und hieltihn zwischen den Handflächen. Einen Augenblick lang dachte Delorme, er wollte ihn zwischen die Zähne nehmen. »Ein kurzer Zwischenbericht. Wie steht es mit den Ermittlungen zu Cardinal, Lise?«
    Sie mochte es nicht, wenn Dyson sie beim Vornamen nannte. Es klang dann, als würde ein Produzent von drittklassigen Filmen mit ihr reden. »Die Akten geben bis jetzt nicht viel her. Jedenfalls nichts, was die Staatsanwaltschaft interessieren könnte.«
    Dyson hielt den Brieföffner schräg ins Licht der Nachmittagssonne, so dass der polierte Stahl wie bei einem magischen Schwert aufblitzte. Draußen vor dem Bürofenster tropfte es von einem schimmernden Eiszapfen. »Tja, vielleicht ist es Zeit, sein Telefon anzuzapfen.«
    »Genau das hat Musgrave vor. Aber er kommt jetzt noch nicht dazu.«
    »Ach ja?« Irritiert ließ Dyson sein Miniaturschwert sinken. »Und weshalb?«
    »Weil am Vierundzwanzigsten ein Schlag gegen Corbett geplant ist.«
    »Am Vierundzwanzigsten? Himmel, was ist denn in die Mounties gefahren? Können sie nicht eins nach dem anderen ordentlich zu Ende bringen? Müssen sie alles auf einmal schlampig machen? Warum müssen die Mounties losschlagen, bevor Sie Ihre Ermittlungen beendet haben? Weshalb die plötzliche Eile?«
    »Corbett will einen Typ außer Gefecht setzen, der irgendwo im Süden eine Motorradgang anführt.«
    »Dann setzt man also den Erfolg einer laufenden Ermittlung aufs Spiel, um das Leben eines zweifellos gewalttätigen Wegelagerers zu retten. Die Wege der Mounties sind wundersam. Aus welchen trüben Quellen stammt diese Information?«
    »Das hat man mir nicht gesagt, was mich in Anbetracht der Umstände auch nicht überrascht.«
    »Nein«, seufzte Dyson. »Nein, das ist wirklich nicht überraschend.«
    Delorme war sich unsicher, ob sie sagen sollte, was ihr wirklich Sorgen bereitete. Da sich aber Dyson ganz ungewohnt von seiner nachdenklichen Seite zeigte, fuhr sie fort. »Vielleicht wäre es keine schlechte Idee, Cardinal bis auf weiteres in Ruhe zu lassen, Detective. Haben Sie schon einmal daran gedacht, was es für den Fall Pine-Curry für Folgen hätte, wenn wir ihn gerade jetzt abschießen würden?«
    »Das habe ich. Und ich finde, dass es weit schlimmer wäre, wenn die Wahrheit erst später herauskäme.«
    Etwas später, als Delorme wieder an ihrem Schreibtisch saß und mit Ermittlungsakten beschäftigt war, kam Cardinal, einen Schwall kalter Luft im Schlepptau, wieder ins Büro, so als kehre er aus der Unterwelt zurück. Die Falten in seinem Gesicht schienen tiefer zu sein, was Delorme auf den Gedanken brachte, er könne gerade seine Frau besucht haben.

39
    M alcolm Musgrave und seine Mannschaft hatten sich im Pinegrove Motel einquartiert. Der Raum war die übliche Schuhschachtel mit Möbeln im falschen Kolonialstil und grell orangefarbenen Vorhängen. Der Zimmerservice war allem Anschein nach abgeschafft worden. Zwischen Tonbandgeräten, Videomonitoren und Funkgeräten türmten sich Pizzaschachteln und Plastikbehälter aus einem China-Imbiss zu einer wackeligen Pyramide.
    Es roch nach Schweiß und ranzigen Frikadellen.
    Delorme war überrascht, dass Musgrave sich persönlich an der Überwachung beteiligte, und sagte ihm das auch.
    »Wie? Soll ich mir das alles entgehen lassen?« Er machte eine ausladende Armbewegung, wobei sein Pistolenholster knarzte.

Weitere Kostenlose Bücher