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Gefrorene Seelen

Gefrorene Seelen

Titel: Gefrorene Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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Fuß. Er gibt wenig aus.«
    »Sie vergessen, dass bei solch einem Coup außer dem Zuckerbrot auch die Peitsche im Spiel ist. Wenn ein Bursche wie Kyle Corbett Sie erst mal am Haken hat, können Sie nicht einfach sagen, das Spiel interessiere Sie nicht mehr. Sie müssen tun, was er von Ihnen will, oder er packt Sie dort, wo es wehtut. Vielleicht möchten Sie zu dem Thema einmal Nicky Bell hören. Oh, Entschuldigung, der ist ja tot. Wie dumm von mir.« Musgrave bat sie, sich einen Augenblick zu gedulden.
    Während sie wartete, sah sie, wie John Cardinal zu seinem Haus zurückfuhr. Sie hob eine Hand vom Lenkrad und winkte ihm, doch er sah sie nicht. Plötzlich bereute Delorme den Anruf. Dann meldete sich Musgrave wieder.
    »Hören Sie, ich muss mehr über diese Rechnungen wissen. Wir haben hier keine Zeit für Primadonnen.«
    »Tut mir leid. Ich kann das nicht machen. Jedenfalls nicht jetzt.«
    Musgrave drängte sie und zog alle Register männlichen Imponiergehabes.
    »Ich mache meine Arbeit, ja?«, sagte sie. »Ich ermittle gegenden Mann. Mehr kann ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen.« Musgrave wollte ihr weiter zusetzen, doch sie schaltete das Gerät aus.
    Zu Hause angekommen, blieb sie bei laufendem Motor im Auto sitzen und legte den Kopf auf das Lenkrad. Sie versuchte erst gar nicht, sich über die Gefühle Rechenschaft zu geben, die in ihr hochstiegen. Delorme war im Lauf der sechs Jahre bei der Abteilung für Sonderermittlungen vielen diebischen Männern begegnet. Und in dieser Zeit hatte sie Motive kennen gelernt, die in ihrer Vielfalt der Fauna der nördlichen Wälder in nichts nachstanden. Manche Männer stehlen aus Besitzgier; das sind die schlichten Gemüter, die leicht zur Strecke zu bringen sind. Andere Männer, seelisch schon komplexer, stehlen aus einem Zwang heraus. Wieder andere stehlen aus Furcht. Delorme hielt diese für die bei weitem häufigsten: der Manager in mittleren Jahren, der für seinen Ruhestand das Schreckgespenst eines Lebens in Armut heraufziehen sieht. Delorme konnte Cardinal in keine dieser Schubladen stecken. Und sie dachte auch nicht weiter an die schicke Segeljacht oder die Eigentumswohnung in Florida. Was ihr den deutlichsten Eindruck gemacht hatte, waren die Briefe aus Yale. Sie spürte noch, wie sich das teure Briefpapier und das aufwändige Siegel in der Hand angefühlt hatten, ein Sinnbild für die ungeheuren Ausbildungskosten auf einer privaten Eliteuniversität. Manche Männer, das wurde ihr nun klar, stahlen aus Liebe.
    »John Cardinal«, sagte sie laut, »was bist du doch für ein Narr.«

29
    E ric hatte ihm die Suppe gebracht – seit zwei Tagen hatten sie ihm trotz seiner Proteste nichts anderes zu essen gegeben – und saß nun am Fußende des Bettes, damit Keith sie auch wirklich aufaß. Er sprach kein Wort, sondern saß nur da und schaute Keith wie eine Krähe an. Dann zeigte er sein frettchenhaftes Lächeln, so als hätten sie ein gemeinsames Geheimnis, und verließ den Raum.
    Keith ging geradewegs in die Toilette und übergab sich. Zwar quälte ihn nicht mehr das Gefühl der Übelkeit, aber er hatte keinen Zweifel, dass die beiden ihm irgendetwas ins Essen mischten, damit er die ganze Zeit schlafen sollte. Doch jetzt wollte er einen klaren Kopf behalten, wollte wissen, was hier eigentlich vor sich ging.
    Danach saß er erschöpft und leer auf der Bettkante und lauschte dem endlosen Gemurmel ihrer Stimmen. Sie waren im Zimmer genau über ihm, aber er konnte keine einzelnen Wörter verstehen, nur ihre Stimmen waren zu hören.
    Durch den Brechreiz war ihm Wasser in die Augen getreten. Er wischte sie sich am Zipfel des Bettlakens ab und sah nun, dass etwas Neues zur Einrichtung des Zimmers hinzugekommen war. In der Ecke, wo früher die Videokamera und das Stativ gestanden hatten, befanden sich nun ein kleines Fernsehgerät und ein Videorekorder. Um Gottes willen, wie lange sollte er denn nach ihrer Meinung noch hier unten bleiben? Er brauchte etwas zum Anziehen und keinen blöden Fernseher samt Videorekorder.
    Seine Kleider suchte er vergebens, sie lagen weder über der Stuhllehne noch unter dem Bett, noch hingen sie in der Toilette. Und sein Seesack fehlte auch.
    Er versuchte die Tür zu öffnen, aber sie war von außen abgeschlossen. Zum ersten Mal beschlich ihn eine vage Angst. Er hüllte sich in eine Decke und blieb lange gedankenversunken sositzen. Irgendwann hörte er, wie Eric und Edie das Haus verließen und das Auto in der Zufahrt starteten.
    Obwohl

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