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Gefuehlschaos inklusive

Gefuehlschaos inklusive

Titel: Gefuehlschaos inklusive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Richling
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Sie uns ja in den letzten Monaten erfolgreich vorenthalten. Bitte, setzen Sie sich doch.“
    „Vielen Dank, Herr Kallenbach. Die Freude ist ganz meinerseits.“
    Oliver sieht mich unentwegt mit finsterer Miene an. Das führt dazu, dass sich meine Nervosität noch steigert. In der Regel ist das ein Nährboden für Unvorhersehbares. Die Suppe wird serviert und ich zucke zusammen, als eine prallgefüllte Suppenkelle an meinem Kopf vorbeischwebt. Natürlich nehme ich im Augenwinkel nicht wahr, dass mir eine Angestellte des Hauses lediglich den Suppenteller befüllen möchte, sondern vermute ein unbekanntes Flugobjekt im Anflug. Meine Reflexe funktionieren tadellos, denn ich haue das angreifende Objekt im hohen Bogen gegen die Wand. Es scheppert lautstark, denn die arme Angestellte hat auch noch die Suppenterrine vor Schreck fallen lassen. Die appetitliche Bouillon platscht auf den Teppich und auf meine Kleidung. So, das war ganze Arbeit! Gut gemacht, Claudia! Sie werden dich in bleibender Erinnerung behalten. Peinlich berührt werfe ich einen verunsicherten Blick auf die Bescherung. Meine Ohren gewinnen an Temperatur. Als ich wage, meinen Blick zu erheben, schaue ich in entsetzte Gesichter. Nur Stefan lacht hinter vorgehaltener Hand. Endlich versuche ich zu sprechen.
    „Ich ... ich ... bin so ein Tölpel. Hoffentlich wurde nichts beschädigt. Selbstverständlich komme ich für den Schaden auf.“
    Plötzlich schreit Frau Kallenbach auf ihre Angestellte ein, die immer noch erstarrt vor Schreck wie eine Schießbudenfigur dasteht.
    „Was stehen Sie da noch rum und glotzen?! Machen Sie sich an die Arbeit und beseitigen Sie das Ungeschick!“ Dann wendet sie sich an mich und glättet ihr Haar, als wäre ein Sturm durchs Zimmer gefegt. „Welch infantile Bemerkung. Selbstverständlich brauchen Sie hier für nichts aufzukommen. Sie sind unser Gast und dieses kleine Missgeschick war schließlich nicht vorsätzlich.“
    „Das ist sehr freundlich von Ihnen, vielen Dank.“
    Nachdem ich die Flecken auf meiner Kleidung mit der Serviette tiefer in das Gewebe hineingerieben habe, erhebe ich mich und bitte mich zu entschuldigen, um mir etwas Neues überziehen zu können. Stefan will mir folgen, doch wird er unsanft von seiner Mutter aufgefordert zu bleiben.
    „Es gibt etwas, was wir mit euch beiden besprechen möchten“, höre ich sie noch sagen, bevor ich außer Reichweite bin.
    Wie soll ich hier nur die verbleibende Zeit überstehen? Ich wünschte, ich hätte alles schon hinter mir. Und wieso muss ausgerechnet Oliver Stefans Bruder sein? Wer denkt sich bloß solche absurden Zufälle aus?

 
Ich muss dann mal weg
     
    Nach dem Abendessen sitzen wir gemeinsam im Wohnzimmer und trinken ein Glas Wein. Ich unterhalte mich mit Stefans Vater und finde zu ihm genauso wenig Zugang wie zu seiner Mutter. Diese Familie geht anscheinend sehr sparsam mit Sympathiebekundungen um. Stefan dagegen ist so ganz anders. Er ist warmherzig und sehr sensibel. Sein Bruder Oliver scheint es an diesen Charaktereigenschaften zu fehlen. Er hat den ganzen Abend kein Wort mehr mit mir gewechselt. Weshalb nur ist er so abweisend? Als wir uns im „Conrad“ begegneten, war er mit einer Frau dort, und nur weil ich versehentlich mit ihm kollidiert bin, hat er doch keinen Anspruch auf mich. Trotzdem lässt sein Verhalten vermuten, dass er eifersüchtig auf seinen Bruder ist. Das gibt mir Rätsel auf.
    Um dreiundzwanzig Uhr bin ich der Meinung, mich den Fragen der Eltern lange genug ausgesetzt zu haben, und verabschiede mich. Ich bedanke mich für den netten Abend und entschuldige mich noch einmal für die Unannehmlichkeiten, die ihnen der „Suppenvorfall“ bereitet hatte. Stefan gebe ich einen flüchtigen Kuss auf die Wange und ziehe mich erleichtert zurück.
     
    In der Nacht werde ich wach. Das helle Mondlicht scheint in mein Zimmer und der Wind pfeift eine unheimliche Melodie. Ich schließe meine Augen wieder und drehe mich um, doch ich finde nicht mehr in meinen Schlaf zurück. Also richte ich mich auf und sehe aus dem Fenster. Die Baumwipfel werden kräftig durchgepustet und schwingen mit dem Wind. Meine Gedanken kreisen plötzlich um Oliver. Welche Rolle spielt er eigentlich in dieser Familie? Warum sind Stefan und er nur Halbbrüder und weshalb steht Oliver die Firma nicht zu? Stefan will sie schließlich nicht. Aber was kümmert’s mich? Morgen Abend bin ich wieder in Berlin und alles wird nur noch eine blasse Erinnerung sein.
    Ich bin durstig und

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