Gefuehlschaos inklusive
steige aus dem Bett. In der Dunkelheit suche ich nach meinem Morgenmantel und ziehe ihn mir über. Leise öffne ich meine Tür und schleiche wie ein Geist durch den dunklen Flur auf der Suche nach dem Badezimmer. Am Ende des Ganges werde ich fündig und ziehe die angelehnte Tür auf. Sie knarrt wie eine alte Truhe. Hoffentlich ist keiner wach geworden. Das Mondlicht erhellt den Raum, darum erspare ich mir, den Lichtschalter zu betätigen. Mir ist, als hätte ich einen Windhauch an meinen Füßen gespürt. Spukt es hier vielleicht? Der Wasserhahn quietscht, als ich ihn aufdrehe. Das ganze Haus braucht mal eine Generalüberholung. Einige Probleme ließen sich allerdings mit ein bisschen Öl schon beheben. Ich schlürfe das kühle Nass und fahre mir mit den feuchten Händen durchs Haar. Eine Weile stehe ich so da und schaue in den Spiegel, in dem ich nur meine Umrisse erkennen kann. Der silberne Mondschein hellt den Raum mit einem märchenhaften Schimmer auf. Ich genieße diese Stille und schließe die Augen. Doch auf einmal spüre ich die Anwesenheit einer Person im Raum. Ich öffne die Augen wieder und schaue in den Spiegel. Olivers Silhouette ist im Mondlicht gut erkennbar. Er steht so dicht hinter mir, dass ich seinen Atem auf meinem Nacken fühle. Sein Mund liebkost mein Ohr und flüstert meinen Namen. Es prickelt in mir wie tausend Champagnerbläschen und ich genieße seine Berührungen. Mein Gott, ich muss meinen Verstand verloren haben. Ich bin mit Stefan hier. Olivers Hände wandern sanft über meine Hüften und drehen mich zu sich herum. Er drückt seinen Unterleib fest an mich und ich spüre seine Erregung. Ich muss das auf der Stelle stoppen, aber ich weiß nicht, wie. Alles in mir sehnt sich nach Leidenschaft, viel zu lange musste ich mit Ullrich darauf verzichten. Wir küssen uns und meine Arme schlingen sich um Olivers Hals. Er lässt seine Hände über meinen Rücken wandern, sein Atem wird schneller und seine Hände fordernder. Auf einmal fällt mir wieder ein, weshalb ich hier bin. Stefan braucht mich. Ich darf ihn jetzt nicht hängen lassen, nur weil mich der Hafer sticht. Im Moment wäre Oliver wahrscheinlich nur ein Abenteuer, denn in meiner derzeitigen Lage kann ich unmöglich beurteilen, ob er mehr für mich sein könnte. Ullrich geistert noch in meinen Gedanken herum und auf keinen Fall möchte ich mich zu früh auf jemand Neues einlassen. Ich bin noch nicht so weit. Entschlossen drücke ich Oliver von mir weg, der mich daraufhin sofort loslässt und sich verwirrt durch die Haare fährt.
„Ich kann Stefan das nicht antun“, erkläre ich mein Verhalten, doch Oliver wirkt wie ein verstörtes Kind und hat wenig Verständnis für meinen Sinneswandel.
„Was treibst du für Spielchen mit mir? Erst lässt du dich auf mich ein und dann erinnerst du dich plötzlich wieder an Stefan. Wenn dir wirklich was an ihm liegen würde, dann frage ich mich, was das eben sollte.“
Enttäuscht schubst er mich weg und verschwindet im dunklen Flur. Ich fasse es nicht, wie Oliver mit mir umgeht. Glaubt er etwa, sein Verhalten wäre rühmlich? Stefan ist sein Bruder und gerade hat er versucht, ihm seine Freundin auszuspannen. Ich gehe zurück in mein Zimmer und stelle mich ans Fenster. Warum bin ich nur hier? Das alles war eine Schnapsidee. Die Ereignisse überschlagen sich und ich stecke mitten drin im Schlamassel. Oliver werde ich wohl besser ab jetzt aus dem Weg gehen. Das wird das Beste für uns alle sein.
Am nächsten Morgen klopft Stefan an meine Tür, um mich zum Frühstück abzuholen.
„Bist du schon fertig?“, fragt er durch die Tür.
„Ja, komm doch rein“, fordere ich ihn auf. Er strahlt gut gelaunt und ich genieße sein warmes Lächeln.
„Claudia, ich weiß es wirklich sehr zu schätzen, was du hier für mich tust. Ich bin dir sehr dankbar für alles.“ Ich lächle, schaue Stefan aber nicht an. „Du hast doch etwas“, stellt er richtig fest.
Ich schüttle energisch mit dem Kopf. „Nein, ich hab nix, oder … ja, vielleicht doch.“
Stefan setzt sich neben mich aufs Bett.
„Was ist los?“
„Es ist nur so, dein Bruder und ich sind uns schon mal begegnet. In Berlin.“
„Im ‚Conrad‘, ich weiß. Es war nicht zu übersehen.“ Stefan grinst.
„Warum hast du mich denn nicht vorgewarnt? Es war für uns beide eine große Überraschung, als wir hier aufeinandertrafen.“
Stefan kräuselt die Stirn.
„Ja, daran hatte ich gar nicht mehr gedacht und um ehrlich zu sein, hätte ich
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