Gefuehlschaos inklusive
beim Aussteigen.
„Ich nehme eine große Ausbeute mit nach Hause.“
Fröhlich lächle ich Stefan an und drücke ihm meine Tüten in die Hand.
„Ja, das sehe ich, du hast ja halb München aufgekauft“, sagt er amüsiert. „Meine Familie sitzt übrigens schon missgestimmt im Speisesaal.“
„Das dachte ich mir bereits. Ich hoffe, ich mache dir nicht zu viel Ärger mit meinen dummen Entgleisungen?“
Stefan lacht und bezahlt die Taxi-Rechnung. Der Fahrer bedankt sich und fährt ab. Ich hätte mich gern wieder auf die Rückbank gesetzt und mich zum Flughafen fahren lassen. Wer weiß, was mich jetzt erwartet.
„Aber nicht doch. Selten habe ich mich so vergnügt wie mit dir. Du bringst frischen Wind in dieses steife Haus.“
Beruhigt vernehme ich Stefans Worte. Nicht auszudenken, wenn ich ihm statt der erhofften Hilfe nur Ärger gebracht hätte.
Als wir alle bei Tisch sitzen, wird diskret über meine Unpünktlichkeit hinweggesehen. Man fragt mich interessiert nach meinen Erlebnissen und welche Errungenschaften denn in meinen Tüten stecken würden. Höflich beantworte ich ihre Fragen, obwohl mir nicht nach Konversation zumute ist. Nach einer Weile legt Stefans Vater das Besteck beiseite und wechselt schlagartig das Thema.
„Wann beabsichtigt ihr eigentlich zu heiraten?“
Mir fällt ein Fleischkloß vom Löffel und platscht zurück in die Suppe. Stefan bricht in schallendes Gelächter aus, als er mein Gesicht sieht und auch Oliver schüttelt sich vor Lachen. Nur die Eltern behalten ihre steifen Mienen bei. Schnell tupfe ich mir mit der Serviette das Gesicht ab, doch ein paar Nudelreste kleben noch an meiner Wange, sodass Stefan mit seiner Serviette eingreift.
„Wir haben noch nichts geplant“, entgegnet er auf die Frage seines Vaters.
„Dann seht zu, dass ihr einen passenden Termin findet. Ich möchte eurer Vermählung gerne noch beiwohnen, bevor ich endgültig abdanke. Und du weißt, Stefan, dass ich eine Heirat zur Bedingung mache, wenn es um die Übernahme des Betriebes geht.“
Ich kann Stefan seine innere Zerrissenheit ansehen. Er muss sich beherrschen, nicht mit der Wahrheit herauszuplatzen. Oliver steht einfach auf und geht. Es würde mich nicht wundern, wenn ihm die Pläne seines Vaters gewaltig gegen den Strich gehen, schließlich richten sie sich gegen ihn.
Nach dem Essen ziehen sich die Eltern zurück. Stefan nutzt die Gelegenheit und führt mich durch den Garten.
„Unser Flieger geht um zwanzig Uhr. Wir haben also noch eine Menge Zeit.“
„Ja, leider“, entgegne ich deprimiert. „Es wäre schön, wenn wir eher fliegen könnten.“
„Hey, Kopf hoch, du machst das sehr gut. Und ich stehe tief in deiner Schuld.“
„Ach, hör auf. Du bist mir nichts schuldig. Ich hatte nur gerade nichts Besseres vor.“
Wir setzen uns auf eine Bank in der Sonne.
„Was ist eigentlich mit dir und Oliver?“
Diese Frage versetzt mich in Alarmbereitschaft. Wie kommt er denn jetzt darauf? Müssen wir darüber sprechen?
„Warum fragst du das?“
„Ich sehe doch, wie er dich anblickt.“
„Ich weiß nicht, was du meinst.“
Mannomann, schwule Männer sind nicht zu unterschätzen. Ihnen scheint ein gewisses Quantum an Intuition zur Verfügung zu stehen, was man natürlich von ihren heterosexuellen Geschlechtsgenossen nicht behaupten kann.
„Meinen empfindsamen Fühlern entgeht nichts“, bestätigt Stefan meine Gedanken. „Was war auf der Treppe mit euch? Ich befürchtete schon, Oliver würde über dich herfallen.“
„Ach was, du musst dich irren.“
Stefan schmunzelt und legt seinen Arm um mich.
„Wenn du darauf bestehst, dann irre ich mich für dich.“
Wir lachen und ich bin froh, dass Stefan nicht weiter nachbohrt.
„Warum möchte dein Vater eigentlich nicht, dass Oliver die Firma übernimmt? Immerhin ist er der Ältere von euch beiden.“
Stefan wirkt nun wieder angespannt. Es ist nicht zu übersehen, dass dieses Thema schwer auf ihm lastet.
„Oliver ist nicht der leibliche Sohn meines Vaters. Meine Mutter war schon einmal verheiratet. Aus dieser ersten Ehe stammt Oliver. Sein Vater verstarb und kurze Zeit danach heiratete unsere Mutter meinen Vater. Oliver ist für ihn wie ein Sohn und trotzdem kann er nicht über seinen Schatten springen. Die Firma ist Familienbesitz und so soll es auch bleiben.“
„Aber ihr könntet die Firma doch gemeinsam leiten.“
„Mein Vater ist ein sturer, alter Esel. Glaub mir, Claudia, sobald er erfährt, dass ich homosexuell bin, wird
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