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Gefuehlsecht

Gefuehlsecht

Titel: Gefuehlsecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Russo
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versteckt hat. Das hatte sie sich damals von Heidi abgeguckt. Die hatte nämlich auch die ganzen Brötchen im Schrank versteckt, weil sie die der Großmutter auf der Alm schenken wollte. Dann ist Heidi dabei erwischt worden, von der blöden Frau Rottenmeier oder wie die hieß, und die Arme musste sämtliche hart gewordenen Brötchen zurückgeben.
    Mann, waren das noch Zeiten, als wir keine Folge verpassten und vereint auf der Couch mit Heidi mitgelitten haben. Ich kann die Titelmelodie heute noch auswendig singen.
    Mein Blick fällt in den Spiegel, der direkt neben dem Telefon im Flur an der Wand hängt. Grün geschminkte Augen sehen mich fragend an. »Was ist?«, frage ich mein Spiegelbild. Gut, dass das hier niemand mitbekommt. »Bringst du deiner Tochter später auch mal die Anleitung für ein perfektes Liebesspiel mit?«
    Zwei Minuten später hänge ich wieder am Telefon. Zum Glück ist Lena zu Hause.
    »Lena, sag mal, bin ich wirklich wie Mutti?«
    »Hä? Was ist denn mit dir los?«
    »Na, ich meine, hab ich wirklich so viel mit ihr gemeinsam? Meint jedenfalls Marie.«
    »Na klar, ihr habt nicht umsonst das gleiche Sternzeichen. Und manchmal siehst du so aus wie sie, besonders wenn du lachst.«
    »Eigentlich müsste ich ja ein anderes Sternzeichen haben. Ich bin doch zwei Wochen zu früh zur Welt gekommen.«
    »Babsi, was ist denn nur los mit dir?«
    »Ach, nix. Außerdem wirst du es eh irgendwann erfahren. Und charaktermäßig? Bin ich Mutti da ähnlich? Ich meine unabhängig davon, dass wir beide das gleiche Sternzeichen haben?«
    »Neee, so verrückt bist du nicht. Du bist auch nicht so offen wie Mutti. Von dir bekommen wir immer am wenigsten mit. Wenn Frau Stankowicz nicht bei Mutti angerufen hätte, wüssten wir wahrscheinlich heute noch nicht, dass Jürgen ausgezogen ist.«
    »Der ist nicht ausgezogen. Oder zumindest nur vorübergehend.«
    »Kommt doch aufs Gleiche raus. Ich finde es übrigens gut. Wollt ich dir die ganze Zeit schon sagen, aber du igelst dich ja total ein.«
    »Was findest du gut? Dass Jürgen weg ist?«
    »Dass du nicht so schnell Ja gesagt hast. Konzentrier dich erst mal auf dich, mach dein Examen und bau dir selbst was auf. Du musst ja nicht gleich Karriere machen, solltest dir aber wenigstens eine Grundlage schaffen. Sonst geht es dir irgendwann wie mir.«
    »Wie dir? Bist du denn nicht glücklich?«
    »Doch, schon. Aber Luise ist jetzt zwölf Jahre alt und Tom ist sechs. Ich bin zweiunddreißig Jahre alt. Wer will mich denn nach der langen Pause noch? Ich bin technische Zeichnerin. In meinem Beruf ist doch heute alles ganz anders. Ich hätte weiterstudieren sollen damals. Du kannst dir nicht vorstellen, wie oft ich das schon bereut habe. Wenn hier eine ist wie Mutti, dann bin ich das. Mich will doch heute eh keiner mehr. Wenn ich Pech habe, kann ich bald Putzen gehen.«
    »Quatsch!«
    »Das sagst du so einfach. Guck dich doch mal um. Wie viele Frauen gibt es denn, die nach der Erziehungszeit ihrer Kinder wieder in den alten Beruf zurückkönnen?«
    »Keine Ahnung. Darüber habe ich mir ehrlich gesagt noch keine Gedanken gemacht.«
    »Solltest du aber. Jürgen will doch bestimmt Kinder. Und der bleibt sicher nicht zu Hause, um sich um sie zu kümmern. Oder etwa doch?«
    »Jürgen? Nie im Leben!«
    »Na siehst du. Auf jeden Fall bist du nicht wie Mutti, lass dir da nix einreden. Dann wärst du nämlich jetzt schon längst verheiratet und würdest um deine Familie rumturnen.
    »Und was mach ich jetzt? Ich meine, mit Jürgen?«
    »Ach, Babs, mach dir doch nicht immer so viele Gedanken. Ist doch ganz normal, dass du Angst hast vor so einem entscheidenden Schritt!«
    »Das sagst du so einfach. Übrigens klopft da jemand schon die ganze Zeit an. Willst du nicht mal hören, wer da in der Leitung hängt?«
    »Ach, das ist Mutti. Die kann warten.«
    »Na super, das geht ja wieder mal echt schnell hier … Du erfährst bestimmt gleich, dass ich so ganz anders bin.«
    »Na, dann bin ich ja mal gespannt. Und hör auf, so herumzugrübeln. Irgendwann weißt du, was du wirklich willst. Und zwar von ganz alleine.«



15
    Nur noch ein kleines bisschen pusten

    Eiswein ist wie gesagt gar nicht mein Ding. Ich trinke lieber Whiskey. Aber immer nur einen kleinen Schluck, rein zum Genießen. In Whiskey habe ich mich verliebt, als ich mit Gunther in Schottland war. Am liebsten mag ich die ganz rauchigen Sorten, die, die ordentlich nach Torf schmecken oder so, als würde man ihn aus einem alten Holzfass

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