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Gefuehlsecht

Gefuehlsecht

Titel: Gefuehlsecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Russo
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Geld ausgebe, wie für den Nagellack, Chanel Nr. 18 rouge noir , der immer noch die Nägel meiner schönen Füße ziert. Doch das weiß momentan nur ich, denn meine Füße stecken unter dem Tisch in Winterstiefeln. Einen weiteren Teil des Geldes hat Pierre bekommen, den anderen Uschi. Den Rest bekommt der nette Kellner, der so schön lächeln kann. Ich trinke noch standesgemäß einen Espresso und genehmige mir als Frau von Welt einen Cognac. Da durchzuckt mich ganz plötzlich ein sehr verwegener Gedanke. Jetzt oder nie!
    Ich verlasse das Restaurant, überquere mit suchendem Blick die Straße, lassen niemanden aus den Augen und bleibe spontan vor einem großen, gut aussehenden Mann stehen. Er hat bis eben ganz konzentriert in sein Handy gesprochen. Ich atme tief durch, nehme all meinen Mut zusammen und spreche ihn sehr direkt an: »Entschuldigen Sie bitte, darf ich Sie küssen?«
    »Was?« Lachende braune Augen schauen mich fragend an. Der Kerl ist mindestens 1,90 groß. Unwillkürlich senke ich den Blick und suche das Loch, in das ich mich verkriechen kann. Plötzlich ist die ganze Courage verschwunden.
    »Sie möchten, dass ich Sie küsse?«, fragt der Mann ungläubig.
    »Ja!« Was soll’s, schlimmer kann es ja nicht werden. Ist ja eh schon peinlich genug.
    Da umfassen zwei große Hände mein Gesicht. Ein mir völlig unbekannter Mund eines mir völlig unbekannten Mannes nähert sich dem meinen. Der Duft von frischer Pfefferminze steigt mir in die Nase und dann denke ich gar nichts mehr. Ich küsse und werde geküsst. Mein Herz versucht, aus meiner Brust zu springen, und ich glaube, dass sogar mein linker Fuß sich gen Himmel hebt, so wie in richtigen Liebesfilmen. Warum den eigenen Mann küssen, wenn ein fremder Kuss doch viel besser schmeckt?



14
    Ich sag ja, meine Mutter ist an allem schuld

    »Nein, das hast du nicht getan, nie im Leben!«, schreit Maja geradezu ins Telefon.
    »Doch, habe ich!«, verteidige ich mich vehement.
    »Ich bin begeistert. Und, wie war er?«
    »Gut. Bin fast gestorben. Vielleicht war es aber auch nur die Aufregung.«
    »Nur die Aufregung? Ich lach mich weg. Ein Mann kann küssen oder er kann es nicht.«
    » Er kann es!«
    »Und was ist dann passiert? Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen!«
    »Er hat nach meiner Telefonnummer gefragt. Und wann er mich wiedersehen kann.«
    »Und? Du hast sie ihm doch gegeben!«
    »Ich bin doch nicht blöd! Einem wildfremden Kerl! Aber ich hab seine. Nur so für alle Fälle. Er heißt übrigens Bruno.«
    »Soso! Hat Jürgen sich denn mal gemeldet?«
    »Nein, seit dem Brief auf dem Küchentisch habe ich keinen Mucks mehr von ihm gehört.«
    »Der ist echt konsequent, irgendwie bewundernswert.«
    »Ja, das ist wohl wahr. Aber wenn er mich jetzt sieht, wird er sich das Heiraten sowieso noch mal überlegen. Ich war nämlich beim Friseur. Haare ab!«
    »Das glaub ich jetzt nicht!«
    »Solltest du aber. Leg mal auf. Ich mach ein Foto und simse es dir.«
    Es dauert nicht lang, da klingelt mein Telefon wieder. »Wow, das ging aber schnell«, flöte ich ins Telefon …
    »Was ging schnell? Barbara, hier ist Mutti.«
    Mist, ich habe mit Maja und einer großen Lobeshymne auf meine zweite neue Frisur gerechnet. Meine Mutter hat mir gerade noch gefehlt. »Hallo Mutti!«
    »Babsi, was ist denn nur los bei dir? Ich mach mir langsam Sorgen. Hast du dich mit Jürgen gestritten?«
    »Nein, Mutti, alles in Ordnung. Mir geht’s gut, ehrlich.«
    »Babsi, nicht dass du wieder den gleichen Fehler machst wie damals bei dem Netten. Du weißt schon, der die großen Schiffe verkauft hat.«
    »Mutti, das war der Martin und der war total gestört. Der ist jeden Sonntag in die Kirche gegangen und hat gebeichtet. Und dafür hat er dann im Bett die Sau rausgelassen. Der war echt ekelig und hat lauter Schweinkram dabei gestammelt. Aber das weißt du doch alles schon.«
    »Ist ja schon gut. Ich mein ja auch nur. Hat Jürgen sich etwa in eine andere verliebt?«
    Das ist ja wieder typisch. Jürgen ist vorübergehend ausgezogen und jetzt denken alle, er hätte eine andere. Kein Schwein kommt auf den Gedanken, ich könnte mich vielleicht in einen anderen verliebt haben.
    »Nein, Mutti, ich bin verliebt, und zwar seit langem schon. In meinen Duschkopf. So, jetzt weißt du’s!«
    Es gibt Dinge, die sagt man, und in dem Moment, wo sie den Mund verlassen, will man sie schon wieder zurückholen. Aber die Worte sind raus, bahnen sich ihren Weg durch die Telefonleitung in das Ohr meiner

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