Gefuehlsecht
Schade, dass Bruno nicht Angelo heißt. Bruno, das hört sich irgendwie gutbürgerlich, fast bayerisch an. Und hieß nicht auch der entlaufene Braunbär so? Der, den sie dann erschossen haben? Man sollte ja nicht gleich vom Schlimmsten ausgehen. Einen bunten Strauß Kondome habe ich vorsorglich schon mal in meiner Jackentasche deponiert.
17
Wie sagt man einem Typen, dass man mit ihm ins Bett will?
»Mein Name ist übrigens Bruno. Aber das weißt du ja schon.«
Es ist Freitag. Genau vor einer Woche habe ich Jürgens Heiratsantrag bekommen. Eigentlich müsste ich jetzt glücklich vor dem Spiegel stehen und mein Brautkleid betrachten. Aber was mache ich? Ich sitze mit Bruno im La Luna und erröte tatsächlich gerade ein wenig. Ich bin eine von den Frauen, die ständig und überall rot werden. Das Schlimme daran ist, dass ich die Hitze, die dabei langsam in mir hochsteigt, regelrecht spüren kann. Dann weiß ich, jeder, der sich in einem Umkreis von mindestens drei Metern befindet, kann ganz genau sehen, dass mir irgendetwas unangenehm ist.
»Ich bin Barbara.« Schnell trinke ich ein Schlückchen von dem Rotwein und hoffe, dass das riesige Glas mein Gesicht verdeckt.
»Barbara? Dann bist du ja die Schutzheilige der Zimmerleute. Die heilige Barbara. Das ist ein sehr schöner Name.« Es hört sich gut an, wie Bruno meinen Namen ausspricht. Er rollt das R auf eine ganz besondere Art, so dass sich mein Name sehr weich anhört.
Was soll ich sagen? Ich habe es also doch getan! Das kommt davon, wenn man sich die Telefonnummer eines wildfremden Mannes geben lässt. Nach dem dritten Glas Talisker am Mittwoch habe ich ihn angerufen. Ich glaube, er hat schon geschlafen. Eigentlich wollte ich ihn ja ganz cool mit den Worten »Entschuldigen Sie bitte, darf ich mit Ihnen schlafen?« begrüßen. Als ich dann aber plötzlich seine tiefe Stimme am Ohr hatte, hat mich der ganze Mut wieder verlassen und ich wollte reflexartig auflegen.
Aber Bruno machte mir einen Strich durch die Rechnung, indem er fragte: »Ist da die Frau mit diesen wunderschönen grünen Augen?«
Das mit meinen Augen ist nämlich so eine Sache. Meine Augen sind, was Männer angeht, für mich ein wunder Punkt. Wegen meiner Augen hätte ich mich mal fast von Jürgen getrennt. Wir lagen nebeneinander auf der Couch und haben eine Sendung über Schönheitsideale gesehen und da ich ja auf eine gewisse Art auch eitel bin, wollte ich gerne von ihm wissen: »Findest du mich eigentlich schön?«
»Natürlich finde ich dich schön«, sagte er leicht irritiert. »Was soll denn diese Frage?«
»Und was genau macht meine Schönheit aus?«, hakte ich nach.
»Na, zum Beispiel deine blonden Haare und deine blauen Augen.«
Das Schlimme ist, Jürgen meinte das wirklich ernst. Ich wollte ihn auf der Stelle sofort teeren und federn. Erschwerend kam noch dazu, dass ich mich just in diesem Moment an die Sache mit den Tütensuppen erinnert habe. Ich fühlte mich wie eine Hühnerbrühe, obwohl in dicken roten Buchstaben Rinderbrühe auf der Packung steht.
Jürgen versuchte dann, sich mit allen möglichen blöden Begründungen rauszureden. Doch seine Erklärung »Du wirkst halt so blauäugig« machte alles noch schlimmer. Das hat gesessen. Meine Augen sind definitiv grün! Und ich bin alles andere, nur nicht naiv.
Und jetzt sitze ich einem Typen gegenüber, der mich gerade mal zwei Minuten gesehen beziehungsweise einmal geküsst hat. Und er weiß, dass meine Augen grün sind. Und gut küssen kann er auch. Vielleicht werde ihn heute abschleppen. Habe ich mir zumindest felsenfest vorgenommen. Gut vorbereitet bin ich auf jeden Fall.
Heute Morgen war nämlich Mutti bei mir. Zum Glück war ich da gerade unterwegs und anscheinend habe ich sie knapp verpasst. Aber sie hat mir was dagelassen. Es lag ohne Verpackung und für alle sichtbar vor meiner Wohnungstür. Das Buch, von dem sie so geschwärmt hat. Die Anleitung, wie man zu einer perfekten Liebhaberin wird. Nachdem ich es an mich genommen und ungefähr eine halbe Stunde lang einfach nur feindlich betrachtet habe, habe ich es doch getan und darin gelesen. Und seitdem weiß ich es ganz sicher: Ich bin die perfekte Liebhaberin !
Es stand nicht viel Neues darin, außer dass ich bisher nicht wusste, dass der Abstand zwischen seiner Zeigefingerspitze bis zum unteren Ende seiner Handfläche der Länge seines erigierten Penis entspricht. Und je länger oder breiter der Mond seines Daumennagels ist, desto länger oder breiter ist
Weitere Kostenlose Bücher