Gefuehlsecht
Prüfungen. Das blaue Auge, das du die ganze Zeit anstarrst, habe ich von Maja. Das ist meine beste Freundin. Sie hat es mir verpasst, als wir letztens nachts in ein Schwimmbad eingebrochen sind. Ich bin nämlich bei der Flucht auf der nassen Wiese ausgerutscht und volle Kanne in sie reingeknallt. War ein tolles Gefühl, so auf der Wiese zu liegen und Sternchen zu sehen! Aber wenigstens sind wir nicht nackt verhaftet worden, obwohl sich Maja das gewünscht hätte.
Neben Maja habe ich noch einen besten Freund. Er heißt Angelo . Aber mit dem spreche ich momentan nicht. Ehrlich gesagt ist er mir einfach zu laut. Trotzdem hätte ich ihn beinahe mitgebracht. Vielleicht hättet ihr euch ja gut verstanden?«
Bruno sieht mich aufmerksam an und lächelt breit. »Du hättest deinen Freund ruhig mitbringen können. Angelo. Kommt er aus Italien?«
»Nein, aus Duisburg. Vielleicht lernst du ihn ja irgendwann mal kennen.«
»Schön. Ich freue mich auf jeden Fall, dass du hier bist, Barbara. Hört sich spannend an, dein Leben.«
»Ach, so spannend ist es auch wieder nicht. Erst seit ein paar Tagen. Bisher war es eher ganz normal. Genauso wie ich. Ich esse für mein Leben gerne Nutella, meistens mit einem Esslöffel, bin fürchterlich chaotisch und verbringe meine Abende am liebsten gemütlich auf der Couch. Ich vergesse oder suche ständig etwas und bis Mittwoch hatte ich noch lange Haare und sah total brav aus. Und? Bist du jetzt geschockt?«
Nein, Bruno sieht ganz gelassen aus. Und er lächelt immer noch amüsiert.
»Ich esse nicht so gerne Nutella, aber dafür Leberwurst mit Marmelade. Du musst dich unbedingt mal mit meiner Mutter unterhalten. Letztens hat sie ein Glas Nutella in die Mikrowelle gestellt. Sie wollte das Zeug flüssig machen, um es als Soße über Eis zu schütten. Es dauerte nur ein paar Sekunden, da rannte sie völlig aufgelöst ins Wohnzimmer und holte uns zu Hilfe. Das Glas hat in der Mikrowelle fürchterlich Funken geschlagen und fing an zu schmoren. Die goldene Folie war nicht richtig ab und Metall hat in der Mikrowelle ja nichts zu suchen.«
Die Geschichte von Brunos Mutter und den Funken in der Mikrowelle ist der Hammer. Erstens, weil ich noch nie auf den Gedanken gekommen bin, Nutella in der Mikrowelle zu verflüssigen, und zweitens, weil das mit der Mikrowelle absolut auch mir hätte passieren können. Natürlich werde ich das bei nächster Gelegenheit sofort ausprobieren. Ich meine natürlich das Schmelzen von Nutella, nicht das Funkenschlagen. Eine Mikrowelle habe ich nämlich schon gehimmelt. Mit einem Kirschkernkissen, das ich erhitzen wollte und das plötzlich Feuer gefangen hat.
Bruno wird mir immer sympathischer, so sympathisch, dass ich mir jetzt sogar auch einen Tisch oder Stuhl von ihm zeigen lassen würde. Und das nicht, um irgendwelchen Schweinkram darauf zu veranstalten. Nein, ich möchte einfach nur sehen, was Bruno für Möbel baut. Ich stelle sie mir schön und schlicht vor. Und ich stelle mir Bruno bei der Arbeit vor, wie er nur mit Jeans und einem weißen T-Shirt bekleidet an einem neuen Möbelstück arbeitet.
Da brummt mein Handy auf einmal in meiner Tasche. Eine Nachricht von Maja. Mann, das muss aber wichtig sein. Sie weiß doch, dass ich gerade mein Date habe!
18
Die Zeit heilt alle Wunden
Ständig und überall verfahre ich mich. Ich muss nur einmal anstatt links nach rechts abbiegen und schon bin ich verloren. Mein Auto ist mein Ein und Alles, weil ich zum einen fürchterlich faul bin und weil es mir zum anderen ein Gefühl von Unabhängigkeit schenkt. Doof ist nur, dass es ständig piept und immer wieder Anzeigen aufleuchten. Jetzt steht auf dem Display »Bitte tanken!«. Scheiße, schon wieder! Wie viele Kilometer kann ich noch fahren, wenn mein Auto Benzin will? Vor allem, wenn es vorhin schon einmal ein Piepsen von sich gegeben hat und gestern auch schon?
Maja wohnt in Oberhausen. Bis dahin sind es nur etwa zehn Kilometer. Das schaffe ich dicke. Es ist halb zehn. Ich brauche etwa fünfzehn Minuten bis zu ihr. Im Eiltempo düse ich über die Autobahn. Für die beste Freundin lässt man eben alles stehen und liegen, besonders wenn sie eine SMS mit dem Inhalt schickt: Puppe, ich ertränk mich gleich in der Badewanne . Nachdem auf meine Antwort: Soll ich dich retten, ich habe den DLRG-Rettungsschein, keine Reaktion kam, bin ich unruhig geworden.
Ich habe mich sofort auf den Weg zu ihr gemacht, natürlich nicht, ohne vorher noch einen sehnsuchtsvollen Blick
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