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Gefuehlsecht

Gefuehlsecht

Titel: Gefuehlsecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Russo
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Auto? Nur wenige Sekunden später fällt es mir ein. Es kann gar kein Blut verlieren, denn ich habe gerade meinen Laptop getötet. Ich bin im Schritttempo darübergefahren, weil mich keiner darauf aufmerksam gemacht hat, dass meine Laptoptasche noch auf der Straße steht.
    Einen kurzen Moment fühle ich, wie Panik in mir hochsteigt. Mist, meine Examensarbeit ist darauf gespeichert. Aber natürlich habe ich sie auf Diskette gesichert. Außerdem habe ich sie ja sowieso bereits abgegeben. Wer weiß, vielleicht wurde sie ja sogar von Professor Kreischmann korrigiert? Aber für solche Gedanken habe ich jetzt keine Zeit. Ich muss zu Maja, die wartet auf mich. Und dabei könnte ich jetzt schon nackt mit Bruno in einem seiner selbst gebauten Betten liegen. Bruno fühlt sich bestimmt gut an. Ich wollte immer schon einen großen Mann haben, einen mit schönen starken Händen. Einen, bei dem ich mich geborgen fühle.
    Aber ich musste ja unbedingt Maja retten, die vorhin irgendwie so überhaupt nicht selbstmordgefährdet ausgesehen hat. Aber bei Maja kann man nie so genau wissen, besonders seitdem sie Victor kennt. Nachdem sie ihm vergangenes Wochenende die Abschieds-SMS geschickt hat, ist sie plötzlich ganz merkwürdig still geworden. Und als sie am Nachmittag immer noch keine Reaktion von Victor hatte, fing sie tatsächlich an zu weinen. Das war das erste Mal, dass ich Maja wegen eines Mannes in Tränen ausbrechen sah. »Also, was ist los?«, rücke ich ihr nun zu Leibe. »Ich habe mir Sorgen gemacht und alles für dich stehen und liegen lassen.«
    »Ich habe Victor gesehen.«
    Es dauert eine Weile bis ich mir aus den Brocken, die Maja mir erzählt, die ganze Geschichte zusammenreimen kann. Victor hat sich auf Majas SMS hin doch noch gemeldet. Die beiden haben sich getroffen und sind – wie immer – im Bett gelandet. Alles war gut. Bis Maja auf die blöde Idee kam, Victor zu folgen, um vielleicht einen Blick auf seine Frau werfen zu können. Natürlich hatte Maja insgeheim die Hoffnung, sie würde mindestens hundertfünfzig Kilo wiegen, einen abscheulichen Buckel und mindestens drei Beine haben. Hat sie aber nicht. Im Gegenteil. Sie ist klein, blond, zierlich, unheimlich süß und maximal zehn Jahre alt. Victor hat eine Tochter. Er ist also nicht nur der Ehemann einer anderen Frau, er ist auch Vater!
    Maja hat Victor dann eine Nachricht auf die Mailbox gesprochen, die ungefähr in ähnlichem Tonfall wie ihre erste Abschieds-SMS an ihn gewesen sein muss, nur irgendwie tausendmal schlimmer. Und seitdem versucht Victor unaufhörlich, bei Maja anzurufen, doch sie drückt ihn jedes Mal weg. Und seine Simse löscht sie einfach ungelesen. Sie ist total fertig.
    Wie tröstet man seine beste Freundin bei Liebeskummer? Letztendlich kommt es doch immer aufs Gleiche raus. »Alle Männer sind Schweine!« oder »Der Penner hat dich doch gar nicht verdient. Und überhaupt, der ist keine einzige Träne wert!« Und schließlich und endlich die eine, alles entscheidende Wahrheit, die, die irgendwann immer hilft: »Die Zeit heilt alle Wunden!« Oder natürlich eine neue Liebe.
    Dass Victor eine Tochter hat und ihr nichts davon erzählt hat, finde ich obermäßig arschig. Eine Affäre zu haben ist eine Sache, eine Affäre mit einem »Vater« zu haben, ist eine andere Sache. Wie sagt Maja immer so schön? »Puppe, es gibt anständige Schweine und richtige Schweine.« Hier liegt der Fall ja wohl klar.
    Genau das will ich Maja gerade begreiflich machen, da brummt ihr Handy erneut. Kommentarlos drückt sie es mir in die Hand. Ich blicke auf das Display, eine SMS von »Victor Straub«. Straub? So heißt doch Maja? Wow, die muss echt hammermäßig verknallt sein. Zumindest kann ich mir nicht vorstellen, dass Victor ausgerechnet den gleichen Nachnamen wie sie haben soll. Maja hat ihn also gedanklich schon geheiratet und er hat ihren Namen angenommen. Wie süß!
    »Von Herrn Straub«, sage ich wie selbstverständlich. »Soll ich sie öffnen?«
    »Ja, aber sag mir nicht, was drinsteht. Nur so in etwa, ob er auch ordentlich leidet, ja?«
    Ich öffne das blinkende Briefchen von Majas Ehemann in spe.
    Maja, das war Nadja, meine Tochter. Es ist alles nicht leicht für sie. Sie hat vor etwa einem Jahr ihre Mutter verloren. Es ist alles noch so frisch. Ich möchte dich nicht auch noch verlieren. Bitte sprich mit mir!
    Auf der Stelle bekomme ich Gänsehaut. So etwas gibt es normalerweise doch nur im Film. Wenn das wirklich stimmt, wird Maja irgendwann

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