Gefühltes Wissen
bislang unbestätigten Informationen aus Börsenkreisen planen verschiedene große Telekommunikationsunternehmen die Fusion mit einigen großen Religionsgemeinschaften.
Speziell die Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas wird - wegen ihres großen und effektiven Haustürberatungsnetzes - stark von den Kommunikationsunternehmen umworben. Erste Tests in Berlin sind sehr erfolgreich verlaufen.
Es klingelt. Ich öffne die Tür. Davor ein Mann, er redet.
- Guten Tag, ich bin Ihr Gebietsbeauftragter Kommunikation. Haben Sie einen Moment Zeit?
- Ääähh, nein?
- Ich bin beauftragt, mit Ihnen über Ihre Telefonrechnung zu sprechen.
- Von wem beauftragt?
- Gott!
- Gott interessiert sich für meine Telefonrechnung?
- Gott interessiert sich für alles.
- Warum?
- Womöglich zahlen Sie zu viel.
- Und das stört Gott?
- Gott hat diese Welt, die Menschheit, die ganze Schöpfung und überhaupt alles nicht geschaffen, damit Sie heute zu hohe Telefonrechnungen bezahlen. Er ist nicht mehr länger bereit, diesen Missstand hinzunehmen.
- Ach so. Und hat Gott denn keine anderen Probleme als meine Telefonrechnung?
- Natürlich, deshalb hat er ja auch mich und die Firma Arcor beauftragt.
- Verstehe, na, denn kommen Se mal rein.
Das Berlin-Konklave
An irgendeinem Dienstagnachmittag in naher Zukunft in Berlin-Wedding. Im Euler-Eck am Gesundbrunnen tagt das Konklave und wählt einen neuen Harald Juhnke. Es ist der zweite Tag, und Tausende von Journalisten aus ganz Berlin warten gespannt, ob es heute bereits eine Entscheidung gibt. Die 115 Erzoriginale Berlins haben sich schon seit über sechs Stunden im Euler-Eck versammelt, um einen neuen Stellvertreter Zilles zu wählen.
Gebannt schaut alles auf die Kneipentür. Wenn der Schauspieler im brennenden Berliner Bärenkostüm aus der Kneipe rauskommt und der Rauch färbt sich dunkel, heißt das, die Originale haben sich noch nicht einigen können. Färbt sich der Rauch allerdings weiß, dann ist es so weit, dann haben wir einen Nachfolger für Harald Juhnke.
Millionen von Berlingläubigen warten bereits seit Stunden auf dem Leopoldplatz, in der Hoffnung, schon heute ein neues Oberhaupt des Berliner Originalwesens begrüßen zu können. Hier wird er dann vom obersten Parkdeck des Karstadt Leopoldplatz zum ersten Mal zu den Menschen, zu seinen Berlinern sprechen.
Doch da tut sich was am Euler-Eck. Die Tür geht auf. Der Berliner Bär kommt raus und… er brennt, jawohl, er brennt lichterloh! Doch welche Farbe hat der Rauch? Unsicherheit macht sich breit. Ist er weiß? Man kann es nicht genau sagen. Spannungsvolle Stille. Doch da beginnen die Altglascontainer rund um den Leopoldplatz zu scheppern. Das entscheidende Zeichen. Wir haben ein neues Berliner Oberoriginal. Welche Freude!!! Die Menschenmassen auf dem Leopoldplatz hüpfen jubelnd auf und ab.
Doch wer wird es sein? Seit Tagen schon geistern die Namen unzähliger Favoriten durch die Berliner Gazetten. Ben Becker, Rolf Eden, selbst Udo Walz wurde genannt. Andere plädierten endlich für eine Frau im Amt von Berlins wichtigstem Herz mit Schnauze. Edith Hanke oder Brigitte Grothum vielleicht. Wenn es einer von beiden gelänge, alle Stimmen der mächtigen Ku'damm-Boulevard-Humor-Fraktion auf sich zu vereinigen, könnte es gelingen. Andere wünschten sich mal eine internationale Lösung. Warum nicht Gayle Tufts oder Marcelinho? Und schließlich gab es noch die Befürworter eines sanften Übergangsoriginals. Jemand, mit dem sich wirklich alle Berliner und Berlinerinnen identifizieren könnten. Yan-Yan aus dem Berliner Zoo zum Beispiel.
Auch auf dem Leopoldplatz wird wild spekuliert, während die Prozession der Originale mit dem 247er-Bus vom Gesundbrunnen zum Leopoldplatz unterwegs ist. Dann endlich ist es so weit. Martin Semmelrogge, der ehrwürdige Sprecher des Berliner-Herz-mit-Schnauze-Originale-Konklaves, tritt auf dem obersten Parkdeck des Karstadt Leopoldplatz vor die Milliarden von Berlingläubigen und spricht zu ihnen:
- Soo, jetzt haltet erstma alle die Fresse.
Die begeisterte Menge jubelt ihm zu.
- Verdammte Scheiße, ihr sollt die Fresse halten!
Die Berlingläubigen geraten außer sich vor Ekstase.
- Mann, Scheiße, so wird dit nüscht. Aber mir doch ejal. Macht doch, wat ihr wollt. Also jut. Habemus Berlinum Originalum! Dit neue Oberhaupt des Berliner Orjinalswesens ist:
Plötzlich atemlose Stille.
- Na also, jeht doch. Dit neue Oberorjinal ist: Graciano Rocchigiani!
Getuschel. Wat hatta jesacht?
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