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Gegen alle Feinde - Clancy, T: Gegen alle Feinde - Against All Enemies

Gegen alle Feinde - Clancy, T: Gegen alle Feinde - Against All Enemies

Titel: Gegen alle Feinde - Clancy, T: Gegen alle Feinde - Against All Enemies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Armen und Beinen erlaubte es ihm, wie ein Vogel die Aufwinde auszunutzen und beträchtliche Strecken horizontal zurückzulegen. Das war also kein freier Fall, sondern eine sehr schnelle und sehr ge fährliche Form des Gleitens. Moore konnte diesen Gleitflug durch leichte Links- und Rechtsdrehungen steuern. Das nützte er dann auch weidlich aus. Manchmal segelte er um Haaresbreite an den Felswänden vorbei.
    Er bog so dicht um einen Felsvorsprung herum, dass er ihn fast mit den Händen hätte berühren können, dann kippte er nach links ab und sauste in einem 45 -Grad-Winkel nach unten, während der Wind wie ein Orkan um ihn pfiff. Der Tod war jetzt ganz nahe, er flüsterte ihm ins Ohr, und er schloss allmählich Frieden mit sich, dem Wind und dem Tal. Ein paar Sekunden lang schloss er die Augen. Er wusste, dass er jetzt bald die Reißleine ziehen musste, aber er verzögerte diesen Moment ganz bewusst, er wollte jede Sekunde auskosten und seine Euphorie vergrößerte sich noch, wenn er an den harten Felsboden dort unten dachte.
    Doch dann zog er die Reißleine. Wumm. Der Fallschirm öffnete sich, und er schwebte sanft nach unten. Es war vorbei.
    Von irgendwo hinter ihm brüllte seine Gruppe Beifall.
    Keiner dieser fünfzehn Extremsportler, die für dieses Erlebnis aus der ganzen Welt gekommen waren, war schneller und weiter geflogen als Moore. Auf jeden Fall war sein Flug der gefährlichste gewesen, der nichts mehr mit einem Touristenvergnügen zu tun gehabt hatte, sondern eines Hollywood-Actionfilms würdig gewesen wäre. Er begriff erst, was er gerade getan hatte, als die anderen ihn voller Ehrfurcht anschauten, als ob seine Schläfen schlagartig ergraut seien und er dem Schöpfer begegnet wäre.
    Danach lud sie ihr norwegischer Kursleiter Björnolf zum Essen ein. Während alle das Smørrebrød und den Räucherlachs genossen und mit vielen Tassen dunkel geröstetem Kaffee hinunterspülten, nahm er Moore kurz beiseite und fragte ihn in seinem Englisch mit einem starken skandinavischen Akzent: »Warum wollen Sie sterben?«
    »Wie bitte?«, erwiderte Moore und schaute ihn entgeistert an.
    »Ich habe das schon Abertausende Male mit vielen, vielen Kunden gemacht. Aber noch nie ist jemand so geflogen wie Sie. Nicht einmal ich selbst. Und dabei hatten Sie zuvor nur drei Übungssprünge absolviert.«
    »Ich habe Ihnen doch erzählt, dass ich in der Navy war.«
    Der Norweger schüttelte den Kopf. »Das spielt keine Rolle. Sie sind viel zu nahe an den Felsen vorbeigeflogen. Sie haben viel zu lange gewartet, bis Sie die Reißleine gezogen haben. Es tut mir leid, aber ich werde Sie nicht mehr mitnehmen.«
    »Machen Sie Witze? Ich habe bereits für zwei weitere Tage bezahlt.«
    »Das tut mir leid, Mr. Moore. Ich kann nur mit Leuten zusammenarbeiten, die überleben wollen. Ich weiß nicht, was Ihr Problem ist, aber ich werde es nicht zu meinem werden lassen. Ich werde Ihnen Ihr Geld zurückerstatten.«
    »Das gibt’s doch nicht!«
    »Hören Sie, Sie sind nicht der Erste, der hier mehr gesucht hat, als ich ihm geben kann. Lassen Sie sich helfen. Was immer Sie bedrückt, ich bin sicher, dass Sie darüber hinwegkommen. Aber das hier ist bestimmt nicht der Weg. Es tut mir leid.«
    Moore wäre am liebsten aufgestanden und hätte diesem langhaarigen Klugscheißer eine verpasst, aber in den Augen dieses Mannes konnte er nur Besorgnis erkennen – und außerdem war der Typ kein Jungspund mehr, er war wahrscheinlich so alt wie Moore und war wohl in seiner Karriere genug emotional geschädigten Adrenalinsüchtigen begegnet, die ebenfalls versucht hatten, sich selbst zu bestrafen.
    »Wie lernt man, sich selbst zu vergeben?«, fragte Moore. Dabei wurde ihm bewusst, dass er nicht mehr mit einem norwegischen Extremsportler, sondern mit einer Hügelkette in San Juan Chamula sprach.
    »Wenn Sie bereit sind, über diese Sache zu reden, kommen Sie einfach wieder hierher. Ich möchte Ihre Geschichte hören. Ich bin ein alter Mann. Und ich bin ein guter Zuhörer.«
    Vielleicht wusste der alte Wazir in seinem gut geschützten Anwesen in den Bergen wirklich eine Antwort …
    Die ersten explodierenden Feuerwerkskörper wurden von der erwartungsvollen Menge freudig begrüßt. Bald war das ganze Tal von einem einzigen Krachen, Knattern und Knallen erfüllt. Genau in diesem Moment klingelte Moores Handy.
    »Wegen mir kann’s losgehen, Boss!«
    »Sachte, sachte, nicht so schnell«, sagte Moore, schob sein Gewehr ein Stück nach rechts und beobachtete,

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