Gegen alle Feinde - Clancy, T: Gegen alle Feinde - Against All Enemies
Castillo, der den Schützen im Rücken der Menge bemerkte und auf ihn zustürmte, während seine Leute den Mann einzukreisen begannen.
Aus den Augenwinkeln konnte Rojas beobachten, wie Castillo nach zwanzig Schritten das Feuer eröffnete und den Angreifer niederstreckte, bevor dieser einen Pickup erreichen konnte, der auf dem hinteren Teil des Parkplatzes unter zwei großen Eichen geparkt war. Castillo rannte zu dem am Boden liegenden Schützen hinüber und jagte ihm zwei weitere Kugeln in den Kopf. Rojas hätte es lieber gesehen, wenn man ihn noch hätte befragen können. Eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens wie er hatte viele Feinde. Vielleicht war das auch nur ein verrückter Einzelgänger gewesen, der eines Tages beschlossen hatte, jemanden zu töten, den er im Fernsehen gesehen hatte.
Während Alexsi und die Reporterin Inés immer noch neben ihm standen, griff Rojas in die Innentasche seines Anzugjacketts und holte die Kugel heraus, die Somozas Schutzeinlage aufgehalten hatte. Er hob sie in die Höhe und zeigte sie den beiden Frauen. »Gott sei Dank war ich gut geschützt«, sagte er.
»Du musst unbedingt Felipe in Kolumbien anrufen und es ihm erzählen«, sagte Alexsi.
Sie halfen ihm auf die Füße, während mehrere Menschen, einschließlich seines Verwaltungsrats, auf ihn zukamen und ihn fragten, ob er unverletzt sei.
Während die Sirenen der anrückenden Polizeiwagen immer lauter wurden, stieg er wieder auf das Podium hinauf. »Ich bin nicht tot«, rief er. »Und auch der Traum, den wir hier verwirklicht haben, lebt weiter!«
Die Menge jubelte.
E twas später schaute sich Rojas auf dem Rücksitz seines gepanzerten Mercedes die Fernsehberichte der Nachrichtensender an. Alle großen Presseagenturen brachten die Geschichte als Sondermeldung: Associated Press, BBC News World, Reuters und United Press International. Sämtliche wichtigen Sender in Mexiko und den Vereinigten Staaten zeigten ähnliche Berichte oder würden sie zeigen.
Rojas versuchte wieder einmal, Miguel anzurufen. Keine Antwort. Voicemail.
»Nichts von meinem Sohn. Nichts von Sonia«, informierte er Castillo.
»Auch von Dante habe ich nichts gehört«, erwiderte dieser. »Vielleicht gibt es Probleme mit den Sendemasten. Das würde erklären, warum keiner von ihnen sich meldet.«
»Sie haben recht. Ich sollte mich nicht so sorgen, aber wenn Miguel die Berichte über den Anschlag sieht, wird er sich Sorgen machen, das weiß ich.«
»Er wird Sie anrufen«, versicherte ihm Castillo. »Und jetzt, Señor, sind Sie sicher, dass wir Sie nicht in ein Krankenhaus bringen sollen?«
»Ich möchte nur noch nach Hause.«
Alexsi legte ihre Hand auf die seine und sagte: »Es ist alles in Ordnung, Schatz. Gott sei Dank bist du so vorsichtig. Ich werde mich nie mehr beklagen, wenn du nach Kolumbien reist.«
Er grinste schwach und versuchte, sich zu beruhigen.
Sie runzelte die Stirn. »Warum, glaubst du, wollte dieser Verrückte dich umbringen? Nur aus Neid und Eifersucht? Nach allem, was du für dieses Land getan hast? Ich kann einfach nicht glauben, dass es auf dieser Welt so viel Hass gibt.«
»Du kannst es getrost glauben«, sagte er und schau te aus den dunkel getönten Wagenfenstern. Sie fuh ren jetzt auf der Autobahn in Richtung Cuernavaca, wo in einem Vorort seine hochherrschaftliche Villa lag. Plötz lich schrie er laut: »Ich möchte wissen, wer dieser Kerl war!«
»Natürlich«, sagte Castillo. »Ich arbeite schon daran. Die Ermittler werden mich sofort anrufen, wenn sie es herausgefunden haben.«
»Okay, ausgezeichnet«, sagte Rojas und atmete tief durch. Und dann war ein tiefer Seufzer der Erleichterung zu hören: Eine MMS von Miguel!
Als er sie anschaute, merkte er, dass sie keinerlei Text, sondern nur ein angehängtes Video enthielt. Er drückte zweimal auf das Video-Icon, drehte sein Handy in die Horizontale und konnte dann in Breitbildformat beobachten, wie die Kamera an Sonia heranzoomte … und dann an Miguel …
Rojas stockte der Atem. »Fernando! Fahr rechts ran! Fahr rechts ran!«
Ein Mann mit einer Axt kam ins Bild.
»Schau nicht hin«, sagte Sonia. »Schau einfach nicht hin.«
Rojas begannen die Hände zu zittern. »Nein!«
Private Flugpiste
Ungefähr 1600 km südlich von Mexicali, Mexiko
E s war fast dunkel, als sie ihre gesamte Ausrüstung in die beiden großen Lieferwagen verladen hatten und dann auch selbst eingestiegen waren. Einer gehörte einem Klempner, dessen Logo auf den Fahrzeugseiten prangte. Der
Weitere Kostenlose Bücher