Gegen alle Feinde - Clancy, T: Gegen alle Feinde - Against All Enemies
mit automatischen Rasentrimmern 100 Kilo Blätter, denen sie dann 16 Kilo Meersalz und 8 Kilo Kalk hinzufügten. Danach vermisch ten sie diese Bestandteile, indem sie so lange mit aller Macht auf ihnen herumtrampelten, bis sich eine schwar ze, erdige Masse gebildet hatte, die jetzt in eine große Plastiktonne gefüllt wurde. Darauf goss man dann 20 Liter Benzin und ließ den Inhalt der Tonne etwa vier Stunden ruhen.
Danach wurde das Gemisch in eine löchrige Tonne umgefüllt, die die flüssigen Bestandteile austreten ließ, die in einem Eimer aufgefangen wurden, während der Blätterbrei in dem Behälter zurückblieb. Der wertvolle Inhalt der Flüssigkeit war die aus den Kokablättern herausgelöste Droge, die jetzt im Benzin gelöst war.
Als Nächstes schüttete man 8 Liter Wasser und 8 Teelöffel Schwefelsäure in den Eimer. Diese neue Mischung wurde einige Minuten lang mit einem Stößel durchgerührt, dann wurden die flüssigen Bestandteile abgegossen. Im Eimer blieb ein fester Bodensatz zurück. Diesem wurde gerade so viel Natriumpermanganat und Natronlauge hinzugefügt, dass das feste Sediment bedeckt war. Die Flüssigkeit nahm jetzt eine milchig weiße Farbe an, während sich die Paste am Eimerboden verfestigte. Das Ganze wurde dann noch einmal durch ein Tuch gefiltert. Die fertige Paste ließ man dann so lange in der Sonne trocknen, bis sie eine hellbraune Farbe angenommen hatte.
Ballesteros kostete es etwa 1000 US -Dollar, ein Kilo dieser Paste herzustellen. Wenn dieses Kilo dann zu Kokainpulver weiterverarbeitet worden war, konnte man es in Mexiko für 10 000 Dollar verkaufen. In den Vereinigten Staaten mussten die Straßendealer für ein Kilo bereits mindestens 30 000 Dollar berappen. Die Dealer verschnitten es dann mit diversen Streckmitteln, um die Wirkung der Droge zu reduzieren und ihre Verkaufsmenge zu erhöhen. Danach verkauften sie das Pulver nur noch grammweise. Am Ende konnte ein solches gestrecktes Kilo einen Straßenverkaufspreis von 175 000 Dollar oder mehr erzielen.
Seltsamerweise hatte ihn ausgerechnet ein Käufer einmal gefragt, warum er dies eigentlich tue. Ob er denn nicht wisse, dass in Los Angeles gerade ein Teenager an einer Überdosis eben jener Substanz gestorben sei, die er hier produziere? Ob ihm denn nicht klar sei, dass er auf der ganzen Welt Familien zerstöre und Leben ruiniere?
Darüber dachte er jedoch niemals nach. Er betrachtete sich als Bauer in der Tradition seiner eigenen Familie, die generationenlang auf Kaffeeplantagen gearbeitet hatte. Er war in Bogotá aufgewachsen, in den Vereinigten Staaten in Florida aufs College gegangen und mit einem Abschluss in Wirtschaftswissenschaften in seine Heimat zurückgekehrt. Dort wollte er seine eigene biologische Bananenfarm betreiben, was jedoch kläglich scheiterte. Einige seiner Freunde im Bananengeschäft stellten ihn dann ein paar Drogenhändlern vor. Der Rest war, wie man so sagt, Geschichte. Für ihn war es eine Sache des nackten Überlebens. Nach zwanzig langen Jahren als Drogenproduzent und Händler konnte er nun endlich die Früchte seiner hochriskanten Tätigkeit genießen. Seine Familie lebte inmitten weißer Europäer in einem wohlhabenden nördlichen Vorort der Stadt, seine beiden Söhne besuchten ein Elitegymnasium und auch seiner Frau fehlte es an nichts, wenngleich sie ihn während der Woche kaum noch zu sehen bekam. Denn er war meist »geschäftlich unterwegs«. An jedem Wochenende kehrte er jedoch nach Hause zurück, um seine Großfamilie zu treffen, den Gottesdienst zu besuchen oder mit seinen Söhnen zu einem Fußballspiel zu gehen. Sein eigentlicher Lebensmittelpunkt war jedoch sein Dschungelhaus, das nur etwa 250 Meter von seinem Drogenlabor entfernt lag. Bisher hatte er auch ein hervorragendes Verhältnis zur FARC , den »Revolutionären Streitkräften Kolumbiens«, unterhalten, einer linksgerichteten Guerillatruppe, die ihm half, sein Produkt zu vertreiben und außer Landes zu bringen. Er hoffte deshalb inständig, dass seine Männer nicht von FARC -Angehörigen getötet worden waren. Vor einiger Zeit hatte es tatsächlich leichte Spannungen zwischen ihm und einem FARC -Oberst namens Dios gegeben, als sie sich bei einem Geschäft nicht auf einen Preis einigen konnten. Und jetzt hatte man Ballesteros’ Arbeiter im Schlaf vermutlich mit einer schallgedämpften Waffe exekutiert.
Er tippte die Kurzwahlnummer von Dante Corrales, seinem Verbindungsmann in Mexiko, ein und musste einige Zeit warten, bis der
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