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Gegen alle Feinde - Clancy, T: Gegen alle Feinde - Against All Enemies

Gegen alle Feinde - Clancy, T: Gegen alle Feinde - Against All Enemies

Titel: Gegen alle Feinde - Clancy, T: Gegen alle Feinde - Against All Enemies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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können. Die Polizei war inzwischen auf dem Weg zum Tatort.

31
    Übergangsriten
    Villa Rojas
    Cuernavaca, Mexiko
    90 km südlich von Mexico City
    M iguel tauchte auf den Boden des Swimmingpools und blieb eine ganze Weile unten. Er fragte sich, was er empfinden würde, wenn er den Atem so lange anhielte, bis er das Bewusstsein verlor. Diese morbiden Gedanken verfolgten ihn nicht zuletzt deshalb, weil er immer noch darunter litt, dass er während ihrer Entführung nicht mutiger gehandelt hatte. Sonia war die Starke gewesen. Obwohl oder gerade weil er sie zutiefst liebte, peinigte ihn die Erinnerung an seine damalige Angst zunehmend. Er konnte seine geliebte Frau nicht so schützen, wie es jeder gute Mann eigentlich tun musste. Einmal hatte er sogar zu weinen begonnen, und Sonia hatte ihm neue Zuversicht eingeflößt. Dafür verwünschte er sich heute.
    Sein Vater hatte dieses Thema beim Frühstück ganz kurz angesprochen. Er hatte sogar vorgeschlagen, Miguel solle sein Kampfsporttraining wieder aufnehmen, das er als kleiner Junge angefangen hatte. Fernando könne ihm bestimmt ein paar neue Griffe und Tricks beibringen. Er würde ihm sogar eine Reise nach Thailand bezahlen, damit er dort bei einigen Muay-Thai-Meistern Unterricht nehmen könnte. Miguel hatte jedoch höflich abgelehnt. Und dann hatte er sich entschuldigt und war zum Pool geeilt, um den Rest des Tages dort zu verbringen. Sonia hatte es sich im Bikini auf einem Liegestuhl bequem gemacht und blätterte in einem spanischen Frauenmagazin.
    Er hatte mit ihr noch nicht über Raúls letzte Worte gesprochen. Er fragte sich sogar, ob sie diese überhaupt mitbekommen hatte. Tatsächlich versuchte er sie auch selbst zu verdrängen. Dennoch musste er sich immer wieder daran erinnern, wie der arme Kerl die Guatemalteken angefleht hatte, dass »das Kartell alles bezahlen« werde und dass »Dante tun wird, was immer ihr von ihm verlangt«.
    Im Lauf der Jahre hatte Miguel viele Gespräche zwischen seinem Vater und dessen Mitarbeitern aufgeschnappt, in denen öfter die Wörter Kartell, Drogendealer und Sicarios auftauchten. Dagegen hatte sein Vater ihm gegenüber immer wieder betont, dass er völlig legale Geschäfte betreibe und sich dabei unablässig gegen die Machenschaften des organisierten Verbrechens und korrupte Polizisten wehren müsse. Die Kartelle seien die Todfeinde des Rojas-Imperiums. Zuerst hatte Miguel deshalb angenommen, dass Raúl ein früheres Kartellmit glied sein könnte, das sein Vater dann später eingestellt hatte. Auch das war nichts Ungewöhnliches. In den letzten Jahren hatte Fernando viele junge Männer aus mexikanischen Slums herausgeholt und sie als Sicherheitsleute und Leibwächter eingestellt. Dante Corrales war dafür ein leuchtendes Beispiel, der inzwischen sogar zu Fernandos rechter Hand geworden war.
    Warum würde dann aber Raúl, der Corrales direkt unterstand, auf die Hilfe des »Kartells« rechnen, und warum würde Corrales »tun, was immer ihr von ihm verlangt?« Warum sollte das Kartell für Raúl Lösegeld zahlen, wenn dieser nicht zu ihm gehörte? Und wenn er dazugehörte, wussten dann Fernando und Miguels Vater davon? War Corrales irgendwie in Geschäfte des Kartells verwickelt? Woher wussten die Kidnapper, wo sie sich aufhalten würden? Miguel hatte angenommen, dass nur enge Familienmitglieder und die Leibwächter von ihrer Urlaubsreise wüssten. Es musste also einen In formanten geben. Miguel nahm an, dass sein Vater und Fernando ihn gerade suchten.
    Miguel hatte bisher zwar immer dagegen angekämpft, aber tief in seinem Innern nagte seit Längerem der Verdacht an ihm, dass mit den Geschäften seines Vaters irgendetwas nicht stimmte. Er wollte zwar nicht unbedingt behaupten, dass sein Vater direkte Verbindungen zu einem Kartell habe. Aber vielleicht musste er Bestechungsgelder zahlen und sich das Schweigen von Gangstern erkaufen, um seine Operationen fortführen zu können. Das war verständlich und machte seinen Vater noch nicht zu einem Kriminellen. Im Mexiko der Gegenwart konnte man keine Geschäfte machen, ohne zu bestechen und Schutzgelder zu zahlen. Aber was war, wenn er sich täuschte? Wenn sein Vater tatsächlich in dies alles verwickelt war? Wenn der Mann, der seinen Vater umbringen wollte, nicht nur ein Verrückter war? Wenn er ein Profikiller war, den ein Drogenkartell beauftragt hatte?
    Miguel tauchte so schnell auf, dass er regelrecht aus dem Wasser schoss. Er schüttelte den Kopf und schwamm zum Beckenrand

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