Gegen alle Feinde - Clancy, T: Gegen alle Feinde - Against All Enemies
Ruhe!
Ansara nickte.
Man hörte jetzt deutlich, wie die Männer die restlichen Kisten in das große Schlafzimmer schleppten. Moore streckte einen Finger in die Höhe. Warten … warten … Er griff nach seinem Smartphone und tippte eine SMS an Towers ein: Sind im Haus, gehen jetzt in Tunnel. Waffen werden gerade hindurchgebracht. Melden uns wieder.
Er nickte Ansara zu. Es war Zeit, zu gehen. Sie öffneten ganz vorsichtig die Tür und schlichen zu dem Hauptschlafzimmer hinüber. Dort lag neben dem Eingang zum begehbaren Wandschrank ein Mann auf dem Rücken. Sein Hemd war blutgetränkt. Ansara beugte sich über ihn und flüsterte dann: »Ich kenne diesen Typen. Ich meine, ich weiß, wer er ist. Pedro Romero. Er war der Chefingenieur dieses Projekts. Er hatte Kontakt zu meinem Mulo .« Ansaras Gesichtsausdruck verdüsterte sich. »Hier ist eine ganz große Scheiße am Dampfen. Vielleicht die Sinaloas … wer weiß…«
Warum sie den Ingenieur getötet hatten, blieb ihnen noch verschlossen. Während Ansara Aufnahmen von dem Toten machte und sie danach Towers überspielte, inspizierte Moore den Tunneleingang im Wandschrank. Sie würden über eine Aluminiumleiter in den Tunnel hinuntersteigen, die jemand erst vor Kurzem im örtlichen Baumarkt für 89 , 99 Dollar plus Mehrwertsteuer erstanden hatte, wie das Preisschild auswies, das immer noch auf ihrer obersten Stufe klebte.
Ansara gab ihm das Zeichen, dass er als Erster gehen würde. Die Leiter ächzte so heftig, dass Moore zusammenzuckte. Moore stieg ihm nach. Unten befanden sie sich etwa 2 , 50 Meter unter dem Niveau des Einstiegshauses. Langsam und vorsichtig begannen sie sich den Tunnelschacht entlangzubewegen. Trotz des etwas provisorisch wirkenden Eingangs war der Tunnel selbst ein Wunder der Ingenieurskunst. Im Lichte der kleinen Stablampen, die sie aus ihren Brusttaschen hervorgeholt hatten, und mit ihren Pistolen im Anschlag gingen sie durch den Tunnel. Moore klopfte beeindruckt mit dem Knöchel auf ein Akustikpaneel. An der Decke hingen LED -Lampen, die allerdings im Moment nicht brannten. Sie hatten Belüftungsrohre und Stromleitungen und am Tunnelboden eine Entwässerungsleitung verlegt. Der Boden selbst war zwar naturbelassen, aber sauber gekehrt und mit großer Präzision nivelliert. Moore kam zu dem Ergebnis, dass dieser Tunnel eine der komplexesten und gewagtesten Schmuggelrouten war, die ein Kartell jemals angelegt hatte.
Weiter vorn war plötzlich flackerndes Licht zu sehen. Für ein paar Sekunden erstarrte Ansara, da er glaubte, das Licht sei auf sie gerichtet. Als sie jedoch näher kamen, stießen sie auf eine provisorische Kapelle in einem kurzen Nebentunnel, der in einem Gerüst aus Holzbalken endete, das durch Aluminiumbänder zusammengehalten wurde. Während Moore noch die Kerzen, Kruzifixe und Fotografien betrachtete, entdeckte Ansara auf dem Tunnelboden den Körper eines Menschen.
»Es ist der Junge«, keuchte er, gerade als Moore die Spuren auf dem Lehmboden entdeckte, die die Absätze des Jungen hinterlassen hatten, als er dorthin geschleift worden war.
Ansara kniete sich nieder und leuchtete mit seiner Lampe in die Augen des Jungen. Verdammt, sein Kurier war tot. Erstochen. Sein Leben war kaltblütig ausgelöscht worden.
Dann legte Ansara sein Ohr an den Mund des Jungen. »Mein Gott, er atmet noch!«
»Mag sein, Kumpel, aber wir müssen weiter«, drängte Moore. »Sie könnten ja bereits losgefahren sein. Und wir haben nur das Handy dieses Typen, um ihre Spuren zu verfolgen. Wenn er es ausschaltet, gehen sie uns durch die Lappen.«
Ansara nickte, aber wandte sich dann wieder Rueben zu. »Ich weiß, ich weiß, aber schau doch, er versucht, etwas zu sagen. Wer hat dir das angetan, Rueben? Wer war das?«
Moore kniete sich neben Ansara und beobachtete, wie sich die Augen des Jungen zu kleinen Schlitzen verengten und wie er seinen Mund bewegte, aber keine Wörter mehr zustande brachte.
»Halte durch, Junge«, sagte Moore. »Wir kommen zurück zu dir, versprochen.«
Der Junge packte Moore am Handgelenk.
»Ganz ruhig! Überanstrenge dich nicht«, sagte Ansara. »Du brauchst keine Angst zu haben.«
Moore riss sich los, richtete sich auf und ging weiter den Tunnel hinunter. Als er sich umschaute, war Ansara dicht hinter ihm. Seine Augen waren jedoch ganz glasig, und er atmete schwer. Auf seinem Gesicht waren seine Schuldgefühle zu erkennen. Moore wusste genau, wie er sich fühlte.
R ueben schrie im Geiste ganz laut, aber ihm fehlte die
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