Gegen alle Feinde - Clancy, T: Gegen alle Feinde - Against All Enemies
durchdringend an. »Macht schnell. Mein Kumpel ist da drunten mit einem Jungen. Sie sind verschüttet. Sie werden ersticken.«
»O Gott …«
Z ehn Minuten später war Moore endlich frei und kletterte die Leiter hinauf, stöhnte jedoch vor Schmerz, als er sich an den Sprossen festzuhalten versuchte. Kleine Metallsplitter eines gesprengten Rohres hatten sich durch sein Hemd in seinen Bizeps gebohrt. Zum Glück war die Wunde nicht tief. Er musste immer an Ansara denken. Er ging im Schlafzimmer hin und her, wäre aber am liebsten wieder hinuntergestiegen, um sich mit nackten Händen durch den Sand hindurchzugraben. Kurz darauf kam ein Taskforce-Mitglied die Leiter hoch und sagte: »Wir werden einen verdammten Mini-Bagger brauchen, um sie dort rauszuholen.«
Moore lehnte sich an die Schlafzimmerwand, fluchte und verzog das Gesicht, als er Erde in seinem Mund schmeckte. Er hielt den Atem an und versetzte sich im Geist zurück in den Tunnel, dorthin, wo hinter all dem Dreck und Sand Ansara lag, verzweifelt zu atmen versuchte und ganz allmählich seine Seele aushauchte. Moore lief es kalt über den Rücken. Er wollte schreien. Aber dann stürmte er nur aus dem Haus und schlug die Tür hinter sich zu.
Vielleicht lag ein Fluch auf ihm. Das war es. Wenn man lange genug mit ihm zusammen war, musste man eben sterben. Wie viele solche Toten konnte er noch ertragen? Wie viele Geister hatten noch in seinem Schädel Platz?
Auf der anderen Straßenseite stieg Towers gerade aus einem Zivilauto. »Lassen Sie uns von hier verschwinden.«
Moore blickte zum Haus hinüber. »Nicht, bevor sie ihn rausgeholt haben.«
»Also gut, aber verlieren Sie nicht die Nerven.«
Moore wandte sich ab und marschierte zurück ins Haus. Andere Einheiten trafen ein und sperrten die Straße ab. Willkommen im Zirkus, einem großen Polizei- und Rettungseinsatz, der von Spähern des FBI und der Drogenkartelle sowie von neugierigen Nachbarn beobachtet wurde, während Kleinkinder in Windeln durch die Gegend liefen, Hunde bellten und streunende Katzen miauten.
Moore und Towers kehrten ins Schlafzimmer zurück. Drunten im Tunnel versuchten mehrere Agenten Trümmer und Sand mit bloßen Händen und ihren Gewehrkolben wegzuräumen, bis eine ausgerüstete Bergungsmannschaft eintreffen würde.
»Er wollte mir beibringen, wie man richtig auf einem Mountainbike fährt, können Sie sich das vorstellen?«, fragte Moore Towers. »Er meinte, ich sei ein lausiger Biker.«
Towers schüttelte den Kopf. »Tun Sie das nicht. Quälen Sie sich nicht selbst.«
»Er stirbt gerade da drunten.«
Towers schlug einen härteren Ton an. »Hören Sie mir überhaupt zu?«
D ie Bergungsmannschaft stieß erst am nächsten Tag um 13 . 00 Uhr zu Ansara und Rueben vor. Moore war am Abend zuvor von Towers in ein Hotel gebracht worden, um zu duschen und sich frische Kleider anzuziehen, war danach aber zu dem Haus zurückgekehrt. Dort wartete er, bis sein Kollege und der junge Mulo aus dem Tunnel herausgetragen und auf den Schlafzimmerboden gelegt worden waren. Ansaras Gesicht und fast die ganze linke Seite seines Körpers waren von Metallsplittern durchsiebt. Er war also wahrscheinlich bereits durch die Explosion umgekommen. Rueben war dagegen von Ansaras Körper abgeschirmt worden und hatte immer noch nur die eine große Stichwunde.
Während die eine Hand des Jungen lose herabhing, war die andere noch im Tod zur Faust geballt. Dies kam Moore ein wenig seltsam vor. Er ließ sich auf die Knie fallen und drückte ganz sacht die Hand des Jungen auseinander. Innen fand er einen von Schmutz bedeckten goldenen Anhänger.
Moore stieß einen neuerlichen Fluch aus, denn er wusste genau, was er da vor sich hatte: Ein Hamsa aus 18 -karätigem Gold, ein nahöstliches Symbol, das nach der Tochter des Propheten Mohammed auch Fatimas Hand genannt wurde. Der Anhänger war geformt wie ein menschlicher Handrücken und mit Filigranarbeiten eingelegt, die wie Spitzenborten aussahen. Muslime trugen es, um den bösen Blick abzuwehren.
Im Tunnel war es dunkel gewesen. Moore und Ansara war Ruebens andere Hand nie aufgefallen. Er hatte nach Moore gegriffen und verzweifelt versucht, ihm etwas mitzuteilen oder ihm etwas zu geben.
Moore schloss die Augen und drückte den Anhänger zwischen seinen Fingerspitzen.
Farmacia Nacional
Avenida Benito Juárez, in der Nähe der Santa-Fe-Brücke
Juárez, Mexiko
P ablo Gutiérrez hatte in Calexico einen FBI -Agenten getötet. Er hatte damals Pedro Romero geholfen,
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