Gegen alle Feinde - Clancy, T: Gegen alle Feinde - Against All Enemies
»Stopp!«
Hinter ihnen fing gleichzeitig das Mädchen zu schreien und zu fluchen an. Towers brüllte sie an, sie solle still sein.
In der nächsten Zehntelsekunde ignorierte Gallagher Moores Befehl und griff nach seiner Waffe.
Da Moore erwartete, er werde jetzt sofort auf ihn schießen, jagte er Gallagher eine Kugel in die Schulter und eine zweite ins Bein. Aber es war bereits zu spät.
Gallagher hatte sich seine Beretta in den Mund gesteckt.
»Nein, nein, nein, nein!«, schrie Moore und warf sich gerade auf den Mann, als die Pistole aufbellte.
E ine Stunde später traf die lokale Polizei ein und nahm das Mädchen (eine Prostituierte) fest, während Moore und Towers das gesamte Anwesen auf den Kopf stellten.
Auf einem Nachttisch in einem der hinteren Schlafzimmer lagen die Einwickelpapiere von elf Hershey’s-Schokoladenküssen, die jemand sorgfältig zu elf kleinen Silberbällchen zusammengerollt hatte.
Hauptquartier der mexikanischen Bundespolizei
Mexico City
S echs Stunden später bogen Moore und Towers mit ihrem Mietwagen in den Parkplatz des Hauptquartiers der Federales ein, um Borja zu verhören. Sie hatten nichts zu verlieren. Gallagher hatte seine Kenntnis von Samads Aufenthaltsort mit ins Jenseits genommen. Die einzigen anderen lebenden Zeugen waren drei der sechs Terroristen, die an Bord der Flugzeuge gewesen waren, um ihre Botschaft an das amerikanische Volk zu verkünden. Sie hatten jedoch alle dieselbe Geschichte erzählt: Sie kannten nur ihre eigene Mission, nichts sonst. Moore glaubte das sogar, da die Taliban meist Schläfer einsetzten, die von einander abgeschottet waren. Einen Terroristen hatte man aus dem Flugzeugwrack in San Antonio gezogen. Er hatte so schreckliche Verbrennungen im Gesicht und am Hals, dass er nichts hätte sagen können, selbst wenn er gewollt hätte.
Aber Borja … Er musste einfach etwas wissen. Er hatte Gallagher gekannt. Samad hatte die Hüllen der Schokoladenküsse in seinem Haus liegen lassen. Es gab also eine Verbindung. Das konnte er auf keinen Fall leugnen.
Moore sprach mit Slater, der seinem Vorschlag zustimmte. Man musste mit Borja einen Deal aushandeln.
Der Mann war viel jünger als erwartet – vielleicht Mitte dreißig – mit einem kahl geschorenen Kopf und genug Tätowierungen, um damit die Bewunderung der meis ten Sicarios zu erregen. Als er jedoch den Mund öffnete, waren seine Aussprache, Diktion und seine Grammatik die eines gebildeten Geschäftsmanns. Das war recht güns tig, denn sie wollten mit ihm ja ein seriöses Geschäft abschließen.
Der Verhörraum stank nach Bleichmitteln. Offensichtlich konnte der letzte Typ, der hier verhört wurde, »nicht mehr an sich halten«, wie es die Polizisten ausdrückten.
Moore schaute Borja scharf an und fiel gleich mit der Tür ins Haus: »Gallagher ist tot. Er hat sich in Ihrem Haus in Las Conchas umgebracht.«
Borja verschränkte die Arme vor der Brust. »Wer?«
»Stellen Sie sich nicht dumm! Ich werde Ihnen das jetzt ganz genau erklären. Sie werden für den Rest Ihres Lebens ins Gefängnis wandern. Ich bin bereit, eine Ver einbarung zwischen unseren beiden Regierungen auszuhandeln. Wenn Sie wissen, wo sich Samad aufhält, werden Sie mir das erzählen. Und wenn Sie die Wahrheit sagen, verschaffe ich Ihnen eine Amnestie. Sie bekommen vollständige Straffreiheit. Wir lassen Sie laufen. Lassen Sie mich das noch einmal ganz langsam wiederholen: Wir … lassen … Sie … laufen. «
»Wer ist Samad?«
Towers unterbrach Moore und schob ihm seinen Laptop so hinüber, dass er den Bildschirm sehen konnte. Ihre Kollegen in Fort Meade hatten wieder einmal ganze Arbeit geleistet. Die Satelliten der NSA hatten Handyanrufe zwischen Borja und Rahmani aufgezeichnet und vor ein paar Stunden endgültig bestätigt.
»Sie haben also auch mit Rahmani gesprochen, hm?«, fragte Moore. »Lügen ist zwecklos. Wir wissen Be scheid.«
Borja verdrehte die Augen.
»Haben Sie Samad bei der Flucht geholfen?«
Borja beugte sich in seinem Stuhl vor. »Wenn Sie mir Straffreiheit verschaffen, möchte ich das schriftlich von der Regierung. Und meine Anwälte müssen das Schriftstück erst einmal prüfen, ob es keine hinterfotzigen Klauseln enthält.«
»Okay, aber das erfordert Zeit. Ich bin mir jedoch sicher, dass unser Freund nicht lange an einem Ort sein wird. Sie geben mir, was ich möchte, ich kriege Samad, und dann sind Sie frei, das verspreche ich Ihnen.«
»Ich glaube keinem verdammten Gringo.«
Moore stand auf. »Wie
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