Gegen alle Feinde - Clancy, T: Gegen alle Feinde - Against All Enemies
viel über die Gespräche nach, die er mit Rana geführt hatte, während sie hier oben in den Margalla-Hügeln auf dem Balkon saßen und in der Ferne die Lichter von Islamabad funkelten. Er hatte immer noch die Stimme des Jungen im Ohr: »Was ist los, Money? Sie sehen im Moment ganz schön gestresst aus.«
Ja, das war er tatsächlich, während er ungeduldig auf die Verbindung zur Videokonferenz wartete, die er für sich, Slater, O’Hara und Towers anberaumt hatte.
Als alle endlich online waren, verzichtete er auf unnötige Höflichkeiten und konfrontierte sie sofort mit dieser Neuigkeit. »Ich habe einen glaubhaften Hinweis auf Samad. Er stammt von Wazir, und ich vertraue ihm. Ich werde heute Nacht dorthin fliegen.«
»Sie wissen, wo Samad ist?«, fragte O’Hara.
»Nicht auszuschließen.«
»Dann sollten wir ein Team zusammenstellen«, sagte Slater. »Wie viele Männer brauchen Sie? Zehn? Zwölf?«
Moore schüttelte den Kopf. »Sollte er auf der Flucht sein, ist er nur mit seinen beiden Unterführern unterwegs. Da brauchen wir keine Hilfstruppen. Vielleicht ist auch noch Gallagher bei ihnen, wer weiß? Towers und ich werden das übernehmen.«
»Sie planen eine Zweimannshow? Wollen Sie mich verkohlen?«, fragte O’Hara und hob die Stimme.
»Nein, Sir, keineswegs.«
O’Hara beugte sich zur Kamera vor. »Wir wollen diesen Typen lebend haben. Wir haben erfahren, dass er Rahmanis Nachfolger ist. Das bedeutet, dass er Kenntnisse über wichtige Pläne und Operationen hat. Außerdem nehmen wir an, dass er die Aufenthaltsorte der Männer in den USA kennt. Bisher haben wir keinen Einzigen aufspüren können. Eines sollten Sie also bedenken: Samad ist im Moment unsere weltweit wichtigste Zielperson.«
»Sir, bei allem gebotenen Respekt, die Wichtigkeit des Ziels diktiert nicht notwendigerweise Größe und Umfang des Einsatzes. Wenn meine Spur heiß ist, hat unsere Zielperson die Vereinigten Staaten bereits verlassen. Wenn ich mit einem ganzen Team in seiner Nähe auftauche, sind wir viel leichter zu entdecken und machen auf jeden Fall eine Menge Lärm. Wenn die Operation schiefläuft, besteht eine viel größere Wahrscheinlichkeit, dass es Zeugen gibt und Leichen zurückbleiben. Sie haben das doch alles schon erlebt. Aber Towers und ich werden kaum auffallen. Wenn Sie jedoch mit großem Geschützdonner dort reingehen, ist der Bursche über alle Berge, bevor wir auch nur in seine Nähe kommen.«
O’Hara seufzte. »Also Sie wollen ihn unbedingt allein fangen. Wo steckt der Kerl?«
»Ich habe eine Adresse in Mexiko. In Anbetracht dessen, was Sie gerade gesagt haben, müssen wir nicht nur Samad lebend erwischen, sondern ihn auch ohne politische Einflussnahme verhören können.«
Slater räusperte sich und schaltete sich ein. »Moore, wenn Sie und Towers diesen Bastard kriegen, dann möchte ich nicht, dass irgendwelche anderen Dienste oder Organisationen davon erfahren. Ich möchte auch nicht, dass sich staatliche Stellen bei uns oder in Mexiko einmischen – niemand erfährt etwas, bis wir ihn haben.«
»Da sind wir einer Meinung. Wir sprechen also von einer ›Extraordinary Rendition‹.«
»Meine Herren, sachte, sachte, nicht so schnell«, rief O’Hara. »Ich kann weder bestätigen noch leugnen, dass ich jemals von einer solchen Aktion gehört habe. An dieser Stelle muss ich aus der Diskussion aussteigen.« Er stand auf, schaute sie noch einmal mit einem ganz besonderen Gesichtsausdruck an … und hob den Daumen.
»Wir haben verstanden«, sagte Slater.
Nach dem 11 . September hatte die CIA etwa 3000 mut maßliche Terroristen gefangen genommen und an streng geheime Orte in Drittstaaten überall auf der Welt gebracht, um sie dort zu verhören. Diese Praxis wurde beschönigend »Extraordinary Rendition«, also »außerordentliche Auslieferung«, genannt. Viele dieser »Black Sites« genannten Geheimgefängnisse lagen in Europa. Der Europarat und eine Mehrheit des Europaparlaments behaupteten, dass diese Gefangenen gefoltert worden seien und dass die Regierungen der Vereinigten Staaten und Großbritanniens von dieser Praxis gewusst hätten. Ein kürzlich erlassenes Dekret des amerikanischen Präsidenten untersagte diesen »Folterexport«.
Deshalb hatte sich O’Hara zurückgezogen, damit er jede Kenntnis ihrer Pläne leugnen konnte. Er würde Moore also keinesfalls befehlen, Samad gefangen zu nehmen und ihn dann in ein Geheimgefängnis zu überführen, um ihn dort zu foltern. Die Vereinigten Staaten folterten
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