Gegen alle Feinde - Clancy, T: Gegen alle Feinde - Against All Enemies
gewöhnlich einem potenziellen Käufer nach Vereinbarung erst gezeigt, nachdem man dessen Bonität überprüft hatte.
»Geben Sie Ihren Wachleuten eine Nacht lang bezahlten Urlaub«, wies Moore den Mann an. »Wir kommen dafür auf.«
»Okay.«
Danach suchten sie die Maklerin auf, eine äußerst elegante Dame Ende fünfzig, die eine erstaunliche Ähnlichkeit mit Sophia Loren hatte. Sie war ähnlich kooperativ, allerdings auch etwas deprimiert, weil sie bereits von Borjas Verhaftung erfahren hatte und jetzt eine fette Provision verlieren würde. Sie gab ihnen den Code für die Schlüsselbox an der Eingangstür und den für das Ausschalten der Sicherheitsanlage. Moore hätte es freilich auch nichts ausgemacht, das Schloss auf seine Weise zu knacken. Nur wenige Unternehmen dieser Welt konnten so zuverlässige Apparaturen herstellen, dass sie dabei auch noch etwas Geld verdienten. Dies war ein wahrer Segen für alle Schlüsseldienste, aber auch Diebe und Spione …
Inzwischen ließ die CIA das Anwesen über ihre Satelliten überwachen. Moore und Towers zogen sich Uniformen der Wachleute an und bogen genau um 17 . 00 Uhr Ortszeit mit ihrem Golfmobil in die Zufahrt der Villa ein. Towers ging um das Haus herum, um nachzuprüfen, ob der Stromanschluss funktionierte. Das war der Fall.
Moore tippte den Code in die Schlüsselbox ein, holte den Schlüssel heraus und schloss die Eingangstür auf. Im Hauptgebäude gab es sogar drei Tastaturen, mit de nen die Sicherheitsanlage aus- und eingeschaltet werden konnte: eine in der Eingangshalle, eine in der Garage und eine im Schlafzimmer des Hausherrn. Sie öffneten die Tür und gingen hinein. Sie hörten keinen Warnton, der angezeigt hätte, dass nach kurzer Zeit Alarm ausgelöst werden würde, oder einen Signalton, der die Öffnung der Tür anzeigte. Im Haus blieb es totenstill. Sie stellten fest, dass der Alarm nicht nur abgeschaltet, sondern sogar ganz gekappt worden war. Die Statuslampe war aus. Jemand hatte die Drähte durchgeschnitten. Seltsam.
Sie schlichen über den Mosaikfußboden im Foyer, der ein Tierkreiszeichen-Rad darstellte. Das ganze Haus war mit teuersten Möbeln in einer Mischung aus klassischer Moderne und mexikanischem Stil eingerichtet. Irgendwo im Haus war ganz schwach das Geräusch eines laufenden Fernsehers zu hören.
Moore gab Towers mit der Hand ein Zeichen. Towers nickte und übernahm die Nachhut. Seine Schulter- und Armwunden heilten gut, aber es würde noch ein Jahr dauern, bis er seinen nächsten Ironman-Triathlon absolvieren konnte. Moore hielt seine schallgedämpfte Glock mit beiden Händen im Isosceles-Anschlag.
Vor ihnen lag ein Gang. In einem Spiegel an dessen Wand konnte man Fernsehbilder flimmern sehen. Ganz langsam ging er noch zwei Schritte weiter. Links stand eine Schlafzimmertür offen. Es roch nach Essen … Hühnchen? Pute? Er war sich nicht sicher. Er schaute noch einmal nach rechts in den Spiegel und erstarrte. Er drehte sich zu Towers um und bedeutete ihm: Keine Bewegung! Dann blickte er wieder in den Spiegel. Er berechnete die Entfernungen, seine eigene Reaktionszeit und wie schnell sich sein Gegenüber wohl bewegen könnte. Er verließ sich auf sein Muskulaturgedächtnis und seine Angriffslust, die sich in den vielen Jahren im Einsatz entwickelt hatten.
Er spielte sein Vorgehen im Kopf so lange durch, bis er spürte, dass er jetzt agieren musste.
Jemand betätigte die Toilettenspülung. Das Hauptschlafzimmer lag inmitten einer ganzen Suite, zu der auch ein Badezimmer gehörte. Von drinnen hörte er jetzt eine Frauenstimme: »Mein Gott, ich bin so betrunken!«
Moore schaute Towers an und formte mit dem Mund die Anweisung: Sie übernehmen die Frau.
Dann stürzte Moore ins Schlafzimmer, wo auf der anderen Seite des riesigen Raumes in Boxershorts ein ihm gut bekannter Mann saß und einen Beutel voller Tortillachips auf seinem Schoß balancierte.
Bashir Wassouf – alias Bobby Gallagher –, wahr scheinlich einer der infamsten Verräter in der Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika, starrte den Mann fassungslos an, der da gerade sein Schlafzimmer betreten hatte.
Auf dem Tischchen neben seinem Fernsehsessel hatte Gallagher eine Beretta liegen. Moore hatte sie bereits be merkt und vorausgesehen, mit welcher Hand der Verräter nach ihr greifen würde. Gallaghers pure Gegenwart bewies, dass er nichts von Borjas Verhaftung wusste – ein schwerer Fehler von ihm.
Als er nach seiner Pistole greifen wollte, rief Moore:
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