Gegen alle Feinde - Clancy, T: Gegen alle Feinde - Against All Enemies
beeindruckenden Vortrag.«
»Wir können für diese Kinder gar nicht genug tun, nicht wahr?« Für einen Augenblick schien er mit den Gedanken ganz woanders zu sein. »Oh, verzeihen Sie mein schlechtes Benehmen«, sagte er dann schnell und wandte sich Alexsi zu. »Darf ich vorstellen, meine Freundin Alexsi Gorbotowa. Alexsi, dies ist die Freundin meines Sohnes, Sonia Batista.«
Während des folgenden Austauschs von Freundlichkeiten lehnte sich Miguel etwas zurück und winkte einen Kellner herbei, der ihre Weingläser füllen sollte. Er blickte kurz auf das Etikett: Es war ein Château Mouton Rothschild, Jahrgang 1986 . Miguel liebte diesen Wein und wusste, dass jede Flasche mehr als 500 US -Dollar gekostet hatte. Natürlich würde er Sonia dies wieder einmal nicht erzählen.
Jorge hob das Glas. »Lasst uns auf die Zukunft unseres großartigen Landes trinken. ¡ Que viva México! «
W enig später stahlen sich Miguel und Sonia davon, noch bevor das Dessert serviert wurde. Sein Vater war gerade in ein intensives Gespräch mit seinem Onkel und einigen anderen Politikern aus dieser Gegend vertieft. Sie hatten sich Zigarren angezündet. Sonia störte der Rauch, weil er ihr in den Augen brannte. Sie zogen sich an einen leeren Tisch in der Nähe des Orchesters zurück und lauschten einer erstaunlich guten Version von »Samba de Uma Nota Só«. Sie war beeindruckt, dass er den Titel des Songs kannte. Offensichtlich hatte er einen guten Musikunterricht genossen. Sie legte eine Hand auf die seine und sagte: »Danke, dass du mich hierher mitgenommen hast.«
Er lachte. »Möchtest du jetzt die große Führung haben?«
»Nicht jetzt, wenn das okay ist. Ich möchte einfach nur hier sitzen und reden.«
In der Ferne hörte man erst eine, dann mehrere Sirenen. Vielleicht ein Autounfall, aber sicherlich nicht ein Beispiel für jene Gewalt, die sein Onkel vorhin erwähnt hatte – Gewalt, die sich wie ein Nebel über die Stadt Juárez gelegt hatte, der die Sicht der Menschen verdunkelte und sie dazu brachte, sich gegenseitig umzubringen. Nein, es war bestimmt nur ein Autounfall …
Sonia hob das Kinn und blickte zur anderen Seite der Terrasse hinüber. »Alexsi scheint nett zu sein.«
»Sie tut meinem Vater gut, aber er wird sie niemals heiraten.«
»Warum nicht?«
»Weil er nicht aufgehört hat, meine Mutter zu lieben. Diese Mädchen werden nie eine Konkurrenz für sie sein.«
»Es ist okay, wenn du nicht darüber reden willst, aber du hast mir immer noch nicht erzählt, wie sie gestorben ist.«
Er runzelte die Stirn. »Ich dachte, das hätte ich bereits getan.«
»Das war bestimmt deine andere Freundin.«
Er grinste und tat so, als ob er sie in die Seite boxen wollte. Dann wurde sein Gesichtsausdruck ernst. »Sie starb an Brustkrebs. Alles Geld der Welt konnte sie nicht retten.«
»Das tut mir leid. Wie alt warst du damals?«
»Elf.«
Sie kuschelte sich an ihn und legte ihm den Arm um die Schulter. »Das war sicher sehr schwer, vor allem in diesem Alter.«
»Ja. Ich wünschte nur, mein Vater hätte … ich weiß nicht … besser damit umzugehen gelernt. Er dachte, ich würde durchdrehen. Er glaubte, wenn ich länger hierbliebe, würde mich der Schmerz auffressen. Deshalb hat er mich nach Le Rosey geschickt.«
»Aber du hast mir doch erzählt, dass es dir dort gefallen hat.«
»Das hat es auch. Aber ich musste ohne ihn auskommen.«
Sie nickte. »Ich muss dir etwas gestehen. Als du mir neulich erzählt hast, dass du dort zur Schule gegangen bist, habe ich im Internet nachgeschaut. Es ist eines der teuersten Internate … ich meine, weltweit. In der Schweiz auf die Schule zu gehen muss fantastisch gewesen sein.«
»Das war es wohl. Nur … ich habe eben meinen Vater vermisst. Wir waren uns danach nie mehr so nah wie zuvor. Er wusste irgendwie nicht, wie er mit ihrem Verlust und der Tatsache, dass er mich nun allein erziehen musste, umgehen sollte, deshalb schickte er mich weg. Ich sah ihn nur noch drei- oder viermal im Jahr. Das war dann eher, als ob man seinen Chef und nicht seinen Vater trifft. Ich trage ihm das nicht nach. Er wollte nur mein Bestes. Ich wünschte manchmal nur, ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll … Manchmal glaube ich, er versucht all diesen Schulkindern zu helfen, weil er sich wegen mir schuldig fühlt …«
»Vielleicht solltest du einmal mit ihm reden. Ich meine, wirklich reden. Du bist immerzu in der ganzen Welt unterwegs. Vielleicht solltest du einmal zu Hause bleiben, damit ihr
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