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Gegen alle Zeit

Gegen alle Zeit

Titel: Gegen alle Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Finnek
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»Mistress Lyon? Seid Ihr das? Was verschlägt Euch denn in diese Gegend? Darf ich mich zu Euch setzen?«
    Henry war ein schlechter Schauspieler, fand Bess, doch für einen unbedarften Zuschauer wie Mr. Hornby reichte es allemal. Der Wirt fragte den neuen Gast: »Was kann ich Euch bringen, Sir?«
    »Ich nehme das Gleiche«, antwortete Henry und deutete auf Bess’ Eier und Speck. »Und ein Pint Bitter, bitte.«
    »Bitter?«, fragte der Wirt verständnislos.
    »Porter natürlich«, verbesserte sich Henry. Und als der Wirt sich zum Schanktisch umwandte, wandte er sich flüsternd an Bess: »Ich hoffe, du lädst mich ein. Ich hab nämlich keinen lausigen Penny mehr in der Tasche.«
    »Sei mein Gast«, antwortete Bess ebenso leise und fügte dann laut hinzu: »Seid Ihr auf dem Weg nach Whitchurch, Mr. Ingram? Falls ja, dann könnt Ihr mich nach dem Frühstück begleiten. Ich beabsichtige, meine Schwiegereltern im Küsterhaus zu besuchen.«
    »Na, so ein Zufall«, lachte Henry und klopfte auf den Tisch. »Ich möchte tatsächlich nach Whitchurch und will Euch gern zum Küster begleiten.«
    »Schmierenkomödiant«, murmelte Bess tadelnd.
    »Du bist nicht die Erste, die das behauptet«, antwortete er grinsend.
    Der Wirt brachte das Bier und empfahl sich gleich anschließend.
    »Grüßt den Squire von mir, Konstabler«, sagte Bess. »Und gute Besserung für Eure Hand.«
    Der böse Blick, den sie erntete, war ihr Belohnung genug. Mr. Hornby knallte die Tür hinter sich zu und verschwand im Stiegenhaus.
    Im nächsten Augenblick piepte irgendetwas drei Mal.
    »Was war das?«, wunderte sich Bess.
    Wieder piepte es drei Mal, und erst jetzt schien Henry zu begreifen, dass das seltsame Geräusch aus seiner Hose kam. Er griff überrascht in die Tasche und holte ein schwarzes Ding heraus, das wie eine kleine Schiefertafel aussah, obwohl es glänzte wie Marmor und spiegelte wie Glas.
    »Was ist das denn?«, wollte Bess wissen.
    Doch Henry antwortete nicht und drückte wie wild mit dem Daumen auf dem Ding herum. Gleichzeitig änderte sich seine Miene auffallend. War sie zunächst freudig überrascht gewesen, so zeigte sie schließlich Enttäuschung. Er fluchte: »Mist, nur der Akku! Er ist bald alle. Das war der Warnton.«
    »Akku?«, fragte Bess.
    »Nicht so wichtig«, antwortete Henry verärgert, lächelte dann plötzlich, hielt Bess die schwarze Tafel vor die Nase und sagte: »Hier ist das Vögelchen.«
    »Spinnst du jetzt völlig?«
    Im nächsten Augenblick machte es leise »Klick!«, und Henry sagte: »Danke!« Wieder drückte er mit dem Daumen auf dem Ding herum. Nur einen Wimpernschlag später machte die Tafel ein weiteres Geräusch. Diesmal klang es wie »Pong!«, und Henry kommentierte den Ton mit einem Achselzucken und einem: »So, das war’s. Ende.« Er schüttelte den Kopf, steckte das seltsame Gerät wieder in die Tasche und nahm einen Schluck Bier.
    »Willst du gar nicht wissen, was ich vom Küster will?«, fragte Bess.
    »Du wirst es mir schon sagen, wenn dir danach ist.« In diesem Augenblick brachte Tessa Henrys Essen, und weitere Gäste fanden sich zum Frühstück im Schankraum ein. Henry machte sich über die verbrutzelten Eier her, als hätte er seit Tagen nichts gegessen.
    Bess betrachtete ihn lange und wartete darauf, dass sich ihre Blicke träfen, doch er starrte die ganze Zeit abwechselnd auf seinen Teller und sein Bier. Schließlich hielt sie es nicht mehr aus und fragte: »Was verschweigst du mir, Henry?«
    Sie hatte erwartet, dass er nach Ausflüchten suchen oder es leugnen würde, doch stattdessen fragte er: »Liebst du Jack?«
    »Jack?«, wunderte sie sich. »Was hat der denn damit zu tun?«
    »Liebst du ihn?«, wiederholte er und setzte schüchtern hinzu: »Immer noch?«
    Und plötzlich verstand Bess, warum er sie nicht ins Vertrauen gezogen hatte. Weil sie Jacks Geliebte gewesen war. »Wieso hältst du Jack für einen Verräter?«, fragte sie. »Ausgerechnet Jack?«
    »Ich halte ihn nicht für einen Verräter. Ich weiß , dass er einer ist.« Er hielt im Essen inne und erzählte von einem angeblichen Gespräch zwischen Jack und Mr. Wild, das Henry in Covent Garden zufällig abgehört haben wollte und in dem die beiden irgendeinen gemeinsamen Plan gegen Blueskin ausgeheckt hatten.
    »Jack kann Mr. Wild nicht ausstehen«, antwortete Bess kopfschüttelnd. »Und Mr. Wild hasst Jack Sheppard. Sie würden niemals gemeinsame Sache machen.« Und beinahe wütend setzte sie hinzu: »Niemals! Blueskin ist

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