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Gegen alle Zeit

Gegen alle Zeit

Titel: Gegen alle Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Finnek
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Jämmerling!
    Auf ihn ist Verlass! Jacks Worte klangen ihm wie Hohn in den Ohren. Und damit wich die Enttäuschung der Wut und dem Wunsch nach Rache. Immer noch stand Jack an die Hofmauer gelehnt und nuckelte an seiner Pfeife, als könnte er kein Wässerchen trüben. Schließlich jedoch stieß er sich mit dem Fuß von der Mauer ab und schlenderte zum Eingang der Remise. Zunächst vermutete Blueskin, Jack wolle sich zu Quilt Arnold und seinen neuen Freunden gesellen, doch das war höchst unwahrscheinlich. Es war für Jack mehr als ratsam, weiterhin den Schein zu wahren und sich nicht in aller Öffentlichkeit mit Mr. Wilds Leuten zu zeigen. Vielleicht wollte er stattdessen allein im »Schrank« auf Blueskin warten.
    Blueskin musste sich beeilen und zückte den Totschläger, den er aus dem Coal Yard mitgebracht hatte. Eine hübsche kleine Metallkugel, in Leder verpackt und mit einer Handschlaufe versehen. Er sprang vom Dach, als Jack gerade die Remise betreten wollte, und landete direkt vor Jacks Füßen. Doch dann schoss ihm ein fürchterlicher Schmerz durch die Knochen, ließ ihn aufschreien und fällte ihn wie einen Baum. Er war zuerst auf seinem rechten Fuß gelandet, und das war ihm zum Verhängnis geworden. Er hatte seinen lädierten Knöchel schlichtweg vergessen und zahlte nun die Zeche dafür.
    Beim Sturz hatte er seinen Totschläger verloren, und als er nun danach greifen wollte, trat Jack mit dem einen Bein auf seinen Unterarm und beförderte mit dem anderen den Totschläger aus Blueskins Reichweite.
    »Oi, Blueskin!«, sagte er lächelnd. »William hat mir schon b-berichtet, dass du neuerdings eine V-Vorliebe für überraschende Auftritte hast. Deine Zeit als T-Toter scheint nicht spurlos an dir vorübergegangen zu sein. Du bist ein echtes G-Gespenst geworden.«
    Blueskin wollte sich aufrichten, doch der stechende und kaum zu ertragende Schmerz im Knöchel sowie Jacks Fuß auf seinem Unterarm ließen dies nicht zu. Er trat mit dem linken Fuß nach Jack, doch der lachte nur, griff nach dem Fuß und drehte ihn um die eigene Achse, bis Blueskin vor Schmerz Hören und Sehen verging. Er bestand nur noch aus Pein und gab auf.
    »Lass!«, flehte Blueskin. »Du hast gewonnen.«
    »B-braver Junge«, sagte Jack, ließ Blueskins Fuß los, trat ihm jedoch im nächsten Augenblick mit voller Wucht in den Unterleib. Blueskin spürte den Schmerz kaum noch, er krümmte sich und lag reglos wie ein Mehlsack auf dem Boden.
    »Warum, Jack?«, wisperte er undeutlich. Der Speichel lief ihm seitlich aus dem Mund. »Wieso hast du das getan?«
    »Man muss einsehen können, wenn man v-verloren hat«, antwortete Jack und griff nach seiner glimmenden Pfeife, die ihm vor Schreck oder Überraschung aus dem Mund gefallen war. »Das ist ein Z-Zeichen von Stärke, sagt Mr. Wild. Und wo er recht hat, hat er recht.«
    »Verrat ist niemals Stärke«, erwiderte Blueskin tonlos. »Du trittst alles mit Füßen, wofür du noch vor Kurzem gekämpft hast. War das alles nur eitles Gefasel? Leeres Gerede? Bist du tatsächlich so tief gesunken?«
    »Das sagt ja der R-Richtige«, erwiderte Jack kopfschüttelnd. »Darf ich dich daran erinnern, dass du vor ein paar Jahren deine gesamte B-Bande an den Galgen gebracht hast, nur um deinen eigenen K-Kopf zu retten?« Und abfällig schnaufend setzte er nach: »Blueskin Blake, Zeuge der K-Krone!«
    »Das ist es ja eben«, murmelte Blueskin und ahnte im selben Augenblick, dass Jack es nicht verstehen würde. »Ich dachte, du bist anders als der verdammte Rest. Besser als wir Übrigen. Ich hab nie von mir behauptet, ein Heiliger zu sein. Aber ich hab gedacht, dass du …« Blueskin wurde plötzlich bewusst, dass er Jack für einen Heiligen gehalten hatte, für eine Art Messias. Doch das konnte er Jack natürlich nicht sagen, es hätte albern und unpassend geklungen. Daher schluckte er den Satz hinunter und fügte lediglich hinzu: »Du bist jämmerlich.«
    »Nicht ich b-bin es, der hier rumjammert«, lachte Jack, und sein Lachen klang so aufrichtig und sympathisch wie eh und je. »Ich bin nur nicht dumm g-genug, freiwillig am Galgen zu b-baumeln, wenn ich’s verhindern kann. Jeder ist sich selbst der Nächste. Und es tut mir nicht mal l-leid. Na ja, vielleicht ein b-bisschen.«
    »Spar dir deinen Hohn!«, rief Blueskin und stöhnte leise. Der Schmerz hatte zwar ein wenig nachgelassen, doch das wollte er nicht zu erkennen geben. Aus den Augenwinkeln heraus hielt er nach dem Totschläger Ausschau, der dort

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