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Gegen alle Zeit

Gegen alle Zeit

Titel: Gegen alle Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Finnek
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nichts Schlechtes sagen soll, aber er hat sich maßlos überschätzt. Schon immer! Und in jeder Hinsicht.«
    »Wie meint Ihr das?«
    »Er hatte keine Ahnung, mit wem er sich angelegt hat«, erklärte Mr. Gay und schnalzte mit der Zunge. »Er war lange im Ausland und wusste offensichtlich nicht, welche Rolle Mr. Wild inzwischen in London spielte. Das ist ihm zum Verhängnis geworden.«
    »Ich habe ihn gewarnt und ihm gesagt, er soll die Sache auf sich beruhen lassen«, sagte Maestro Pepusch und rang die Hände, als wollte er seinen Worten Nachdruck verleihen. »Aber er hat nichts davon hören wollen. Albrecht konnte einfach nichts und niemanden ernst nehmen. Die Musik nicht, die Liebe nicht und auch das Leben nicht. Für ihn war alles nur ein Spiel. Ihm ist alles zugeflogen, die Frauen, sein Talent, das Geld. Und er hat das für ganz selbstverständlich gehalten.«
    »Ein Dummkopf«, wiederholte Mr. Gay knurrig und leerte sein Glas.
    »Wie ist er in den Besitz des Briefes gelangt?«, fragte Henry, stand vom Sofa auf und ging in dem kleinen Raum auf und ab. »Woher hatte er ihn? Mr. Wild hat behauptet, dass ihm der Brief gehörte. Allerdings hat er nicht verraten, an wen das Schreiben adressiert war. War es der Bischof?«
    »Wieso seid Ihr so sicher, dass der Brief tatsächlich in Mr. Niemeyers Besitz war?«, fragte Mr. Gay und hob spöttisch die Augenbrauen. »Womöglich hat er lediglich gewusst, dass es diesen Brief gab, und hat Mr. Wild gegenüber so getan, als besäße er ihn. Dass Mr. Niemeyer wie Bischof Atterbury eine Zeit lang in Frankreich war, ließ seine Behauptung glaubwürdig erscheinen.«
    Henry blieb unvermittelt stehen und fragte: »Ein Bluff?«
    »Ein was ?«, antworteten Mr. Gay und Maestro Pepusch wie aus einem Mund.
    »Ach, nichts.« Henry überlegte und hoffte, dass Mr. Gay unrecht hatte. Denn sonst gäbe es keine Möglichkeit, Bess aus Bedlam freizupressen. Der Brief war ihre letzte Chance. Und seine. Deshalb beharrte er: »Ich muss diesen Brief in die Finger bekommen.«
    »Selbst wenn es ihn gegeben und Mr. Niemeyer ihn besessen hätte«, gab Mr. Gay zu bedenken. »Wieso solltet Ihr ihn finden, wenn nicht einmal Mr. Wild dazu in der Lage war? Denn wenn der Brief seinen Verrat an den Jakobiten belegt, wie Ihr es behauptet, dann hat er bestimmt alles unternommen, um seiner habhaft zu werden. Nicht einmal vor einem Mord hat er zurückgeschreckt.«
    Auch das stimmte natürlich. Mr. Wild hatte vermutlich jeden Zoll der Wohnung des Oboisten peinlichst untersucht. Wenn Mr. Wild und seine Handlanger das Schreiben nirgends gefunden hatten, warum sollte es ausgerechnet Henry gelingen? Doch dann blendete er alle Zweifel und Skepsis aus. Über sein Scheitern wollte er sich im Moment noch keine Gedanken machen. Mit fester Stimme sagte er: »Ich muss zu Mr. Niemeyers Wohnung.«
    »Ihr wisst, wo sie ist«, antwortete Mr. Gay achselzuckend. Seinem mitleidigen Gesichtsausdruck war zu entnehmen, dass er keinen Penny auf Henrys Vorhaben setzen würde. »Wenn Ihr Glück habt, ist die Kammer noch nicht wieder vermietet.«
    »Wo könnte er den Brief versteckt haben?«, wandte Henry sich an den Maestro.
    Der Kapellmeister und der Dichter schauten sich lange an und zuckten dann mit den Schultern. Sie hatten nicht die leiseste Ahnung.
    »Ich will Euch nicht länger von der Arbeit abhalten«, sagte Henry, neigte den Kopf und stellte das Glas auf den Tisch. »Danke für den Wein und den Brei. Eine Bitte hätte ich allerdings noch: Könntet Ihr mir unauffällige Kleidung leihen? In meinem jetzigen derangierten Aufzug errege ich zu viel Aufsehen.«
    »Sicher«, antwortete Mr. Gay und ging zu einer Kommode unter einem kleinen Fenster, durch das man auf den sonnendurchfluteten Park und die hübsch platzierten Ruinen schauen konnte. Er kramte in den Schubladen und zog einige Kleidungsstücke heraus.
    »Und etwas Geld?«, fügte Henry zögernd hinzu. »Ich bin blank.«
    »Ihr und Mistress Elizabeth wart uns wertvolle Musen, Captain«, sagte Mr. Gay lächelnd und suchte in seinen Taschen nach einigen Münzen, die er Henry in die Hand drückte. »Ohne Eure Anregung und Hilfe hätten Johann und ich niemals zusammengefunden. Ihr habt Euch eine Belohnung verdient.«
    »Danke, Sir. Euer Theaterstück macht also Fortschritte?« Henry deutete auf die verstreuten Papiere auf dem Boden und den Möbeln und entledigte sich des Blaukittels. »Habt Ihr schon einen Titel?«
    »Woher wisst Ihr von dem Stück?«, staunte

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