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Gegen alle Zeit

Gegen alle Zeit

Titel: Gegen alle Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Finnek
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auf der Westseite ein kleiner viereckiger Turm mit Zinnen. Niedliche Dorfkirchen mit völlig identischem Aussehen, als wären sie alle vom selben Architekten entworfen worden.
    »Sehen Sie?«, meinte Duncan.
    Henry sah, aber er glaubte trotzdem nicht.
    Vielleicht wehrte er sich auch deshalb gegen das Naheliegende und Offensichtliche, weil es bedeutet hätte, Bess als Hirngespinst oder Projektion zu akzeptieren. Er hatte sich in eine Frau verliebt, die er selbst erschaffen hatte. Wie Frankensteins Braut in dem alten Horrorstreifen, nur unendlich viel schöner, stärker und intelligenter. Ein Gegenentwurf zu Sarah, obwohl auch sie schön, stark und intelligent war, wenn auch auf völlig andere Art. Wie Negativ und Positiv bei einem Filmbild.
    Als hätte sie Henrys Gedanken gelesen, erschien in diesem Augenblick wie aufs Stichwort Sarah im Krankenzimmer. Sie stellte sich ans Ende des Bettes, wartete, bis Duncan das Zimmer verlassen hatte, und sagte: »Hallo, Henry. Wie geht es dir?« Sie hielt eine Rose in der Hand und lächelte schüchtern.
    »Hallo, Sarah«, war alles, was er sagen konnte.
    »Es ist so schön, dass du … dass es dir …«
    »Ja, es geht mir besser«, sagte er. »Was willst du?«
    Sie kam einen Schritt näher, hielt ihm die Rose ungelenk hin, legte sie dann auf die Bettdecke und sagte: »Es tut mir alles so furchtbar leid. Ich hätte niemals gedacht … ich wusste doch nicht, dass Sean zu so was …«
    »Schon gut«, unterbrach Henry sie und hob abwehrend die Hand. »Es muss dir nicht leidtun, Sarah. Es ist alles in Ordnung. Nichts ist passiert.«
    »Nein, es ist nicht in Ordnung«, widersprach sie und griff nach Henrys Hand, die er ihr aber sofort wieder entzog. »Ich war eine blöde Kuh, ein Scheusal, das weiß ich jetzt. Und ich würde es gern wiedergutmachen, also … ich meine … vielleicht sollten wir …«
    »Nein«, sagte Henry bestimmt, »sollten wir nicht. Niemand muss irgendetwas wiedergutmachen. Ich bin dir nicht böse, Sarah. Und Sean auch nicht. Es gibt also keinen Grund, ein schlechtes Gewissen zu haben. Es ist alles gut so. Und ich entschuldige mich bei euch.«
    »Du?«, wunderte sich Sarah. »Weswegen?«
    »Weil ich ein Idiot war, ein Dummkopf, und blind obendrein.«
    In diesem Moment klopfte es an der Tür, und Henry rief erleichtert: »Herein!«
    Zwei Männer traten ein, nickten andeutungsweise und lüpften ihre Hüte.
    »Bernie und Seamus!«, rief Henry lachend. »Ihr habt mir gerade noch gefehlt.« Er war tatsächlich froh, die beiden zu sehen. Beinahe jedenfalls.
    Die beiden tauschten einen irritierten Blick, dann stellte sich der Ältere von ihnen vor: »Ich bin Detective Chief Inspector Seamus.« Mürrisch zückte er einen Ausweis. »Und das ist Detective Sergeant Murray. Wir sind von der City of London Police.«
    »Murray?«, wunderte sich Henry. »Nicht Bernie?«
    »Bernard«, sagte Sergeant Murray verwirrt und hielt ebenfalls seinen Ausweis hoch. »Meine Freunde nennen mich Bernie.«
    »Waren Sie schon mal hier, als ich im Koma lag?«
    Sergeant Murray nickte, und Inspector Seamus sagte: »Dr. Featherstone hat uns mitgeteilt, dass Sie mittlerweile wieder ansprechbar sind und sich an die Tatnacht erinnern. Wir würden Ihnen diesbezüglich gern einige Fragen stellen.«
    »Es war Notwehr«, sagte Henry. »Es gibt keine Tatnacht .«
    »Wie bitte?«, staunte Sergeant Murray.
    »Ich habe Mr. Leigh zuerst angegriffen«, bestätigte Henry und hob die Hand, als wollte er mit einer imaginären Waffe zuschlagen. »Tätlich angegriffen, so heißt es wohl. Mit einem Stock oder Ast. Er hat sich nur verteidigt.«
    »Sind Sie sicher?«, fragte Inspector Seamus. Sein Blick ging zu Sarah, die ebenfalls überrascht war und rasch zu Boden schaute. Es war offensichtlich, dass Henrys Aussage der Version der anderen Tatzeugin widersprach.
    »Mr. Leigh hat sich nur gewehrt«, beharrte Henry. »Sonst hätte ich ihn womöglich niedergeschlagen und schwer verletzt. Wir waren beide sehr betrunken. Ich kann mich nur wiederholen: Es war Notwehr.«
    »Aha«, meinte Sergeant Murray skeptisch. »Wenn das so ist.«
    »So ist es«, sagte Henry. »Spielen Sie gern Karten, Bernie?«
    »Wie bitte?« Der Sergeant stutzte und schaute zu seinem Vorgesetzten, der unmerklich die Augen verdrehte. Dann sagte er: »Das tue ich allerdings. Bridge, nur offizielle Turniere nach Punkten, versteht sich. Als Sport, nicht als Glückspiel.« Er lächelte gequält und fragte: »Woher wissen Sie das?«
    »Ich habe davon

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