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Gegen jede Regel

Gegen jede Regel

Titel: Gegen jede Regel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Stammsen
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Absperrung
der Einfahrt die Fragen einiger Reporter abwehrte. Ich sagte: »Dirk, du hast
was gut bei mir.«

    Er runzelte die Stirn und schaute mich missbilligend an. »Du
hast es wieder getan.«

    Â»Ja, ich habe es wieder getan.«

    Â»Ich glaube langsam, es macht dir Spaß.«

    Â»Ich bereue nichts«, gestand ich.

    Â»Was ist so toll daran, abschätzig über Polizisten in Uniform
zu sprechen?«

    Ich zuckte die Schultern. »Es gibt mir ein Gefühl der Überlegenheit,
das ich sonst im Leben nicht habe.«

    Dirk schüttelte den Kopf.

    Ich sagte: »Ich hatte eine schwere Kindheit.«

    Â»O mein Gott«, sagte er ohne Bedauern.

    Â»Ich gebe einen aus«, meinte ich.

    Er strahlte. »Das klingt doch schon ganz anders.« Und er
fügte hinzu: »Dann sprich nur weiter schlecht über uns.«

    Zu Nina sagte ich: »Und wir gehen essen.«

    Â»Wohin wollen wir?«, fragte Nina.

    Ich kannte ein gutes und auch preiswertes italienisches
Restaurant in der Nähe, das auf dem Weg zum Präsidium lag, und Nina war einverstanden.
Ich verlor das Los, fuhr dorthin und bestellte eine Pizza für mich und eine
Pastaspezialität für Nina. Ich wollte Nina nicht zu lange warten lassen, also
beeilte ich mich auf der Rückfahrt.

    Wir teilten uns ein kleines Büro für zwei Personen. Unsere
Schreibtische hatten wir in der Mitte aneinandergestellt, sodass wir uns
gegenübersaßen und uns immer gut unterhalten konnten.

    In den ersten Monaten meiner Polizeiarbeit hatten Tatorte
mich oft so ausgelaugt, dass ich sogar zu erschöpft war, um zu essen. Aber wir
hatten diese Phase beide lange hinter uns gelassen. Wir öffneten die Kartons
und verschlangen gierig die ersten Bissen.

    Â»Die Eltern sind sonderbar«, sagte ich, nachdem ich mir
ein Stück Pizza in den Mund geschoben und nach einem neuen gegriffen hatte.

    Nina nickte. »Du bist Sherlock Holmes’ wahrer Erbe.«

    Â»Dann bist du Watson und weißt, was es mit der Billardkugel
auf sich hat«, konterte ich.

    Nina kaute nachdenklich. Dann schüttelte sie den Kopf.
Ich hatte auch keine Idee und wir aßen schweigend weiter. Nina tippte
gleichzeitig in Überschallgeschwindigkeit unsere Erkenntnisse des Vormittags in
den Computer. Ich bewunderte aufrichtig ihre Fähigkeit, gleichzeitig zu essen,
zu tippen und sich mit mir über ein ganz anderes Thema zu unterhalten. Ich
hatte nicht vor, ihr nachzueifern.

    Plötzlich fragte Nina: »Woher weißt du auf einmal so viel
über Videospiele?«

    Â»Ich habe ein Seminar besucht.«

    Nina schaute mich an, hin- und hergerissen, ob sie mir
das glauben sollte. Obwohl ihr der Zweifel ins Gesicht geschrieben stand,
wechselte sie das Thema. »Ich habe ein seltsames Gefühl bei diesem Fall«, sagte
sie.

    Ich nickte, denn das hatte ich auch.

    Â»Mir fehlt das Motiv.«

    Â»Ich sehe bis jetzt einige Motive, aber der Junge ist ja
das Opfer und nicht der Täter«, sagte ich.

    Darin waren wir uns einig.

    Â»Sein Vater ist gar nicht vorhanden und seine Mutter versteht
ihn nicht.«

    Â»Würdest du ihn denn verstehen?«

    Â»Ich bin nicht seine Mutter«, sagte Nina. Das stimmte natürlich.
Ich rechnete kurz nach und stellte fest, dass Nina vom Alter her näher bei mir
lag als bei unserem Opfer. Aber nur ganz knapp.

    Â»Die Eltern müssen wir noch einmal befragen«, sagte ich.
Nebenher begann ich, auf einem Zettel zu notieren, was als Nächstes zu tun war.
Es wurde eine ziemlich lange Liste.

    Â»Morgen.«

    Ich nickte. Als wir aufgegessen hatten, fragte ich: »Gehen
wir zum Chef?«

    Â 
    Kriminalhauptkommissar Reinhold Bühler war der
Leiter des Morddezernats und hatte uns beide auch zum Tatort geschickt. Ich war
neugierig, wie viele Ermittler er auf diesen Fall ansetzen wollte. Zuerst
mussten wir ihm allerdings berichten, was wir erfahren hatten.

    Reinhold war ein umgänglicher Mann, ein wenig jünger als
ich, und wir kannten uns schon seit über zehn Jahren. Trotzdem schlug uns eine
eisige Stimmung entgegen, als wir die Tür zu seinem Büro öffneten. Die
Einrichtung hatte sich seit meinem letzten Besuch nicht geändert und ich kannte
Reinhold gut genug, um zu erkennen, dass er keinen schlechten Tag erwischt
hatte. Folglich musste das Bedrückende in diesem Raum etwas mit den beiden
anderen anwesenden Personen zu tun haben. Egon Kamenik und Marla Schickel,
innerhalb des

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