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Gegen jede Regel

Gegen jede Regel

Titel: Gegen jede Regel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Stammsen
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schaute mir nacheinander die restlichen Möbel an. Der
Billardtisch war das Gravitationszentrum des Zimmers und zog mich wieder
magisch an. Elen war mit dem Bücherregal fertig und kam, um den Billardtisch zu
untersuchen. Ich zeigte ihr die weiße Kugel. »Die müssen wir unbedingt mitnehmen.«

    Elen nickte nur. »Klaro.« Sie untersuchte die anderen Kugeln,
aber bis auf die weiße handelte es sich um ganz normale Billardkugeln in
ordnungsgemäßem Zustand. Dann ließ sie ihre Hand langsam über den Filz gleiten,
konnte aber nichts Ungewöhnliches entdecken. Billardtische bieten sich mit
ihren mehr oder weniger großen Hohlräumen unter der Platte von Natur aus als
Versteck an. Deshalb begab Elen sich auf die Knie und begann, am Holz
entlangzutasten. Das Versteck war nicht raffiniert, aber besser als der Karton
unter dem Bett. Tobias hatte in der Öffnung, aus der man die versenkten Kugeln
wieder herausnahm, zwei CDs versteckt. Das erschien Elen und mir wenig,
angesichts eines solchen Hohlraums, und sie schob ihren Arm bis über den
Ellenbogen hinein. Doch außer ein wenig Staub gab der Billardtisch nichts mehr
preis.

    Umso aufmerksamer betrachtete ich die CDs. Sie waren von
Hand beschriftet, eine mit CS-Schule, die andere mit CS-home. Das Wissen
aus meiner Fortbildung war noch frisch genug, um mir einen Schauder über den
Rücken zu jagen. Elen und ich schauten uns an, aber niemand sprach unseren
gemeinsamen Gedanken aus. Ich zwang mich, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen
und erst einmal abzuwarten, was sich wirklich auf den CDs befand. Sorgsam legte
ich sie auf Simons Stapel.

    Ich wandte mich wieder dem Bett zu, aber weder Kissen
noch Decke oder Matratze verbargen weitere Geheimnisse. Auch unter dem Bett
fand sich neben einer dünnen Staubschicht nur eine einsame Spinne, die in
heller Panik vor Oliver floh.

    Oliver war mit dem Bett fertig und nahm sich den Kleiderschrank
vor. »Oha«, sagte er, als er die beiden Flügeltüren öffnete. Die Kleidungsstücke,
ausnahmslos schwarz, sogen die spärliche Helligkeit auf und erzeugten die
Illusion eines lichtleeren Raums.

    Â»Niemand kann schließlich überall vielseitig sein«, sagte
ich.

    Â»Ich glaube, ich erkenne Hellschwarz und Dunkelschwarz«,
sagte Nina.

    Â»Na, siehst du.«

    Â»Es könnte sogar Dunkelgrau dabei sein«, murmelte Oliver,
als er die Kleidungsstücke herausnahm, um die Rückwand zu untersuchen. »Bestimmt
für den Frühling.«

    Irgendwie erwartete ich, noch auf etwas zu stoßen, das
auf Okkultismus oder Satanismus hinwies, eine Flasche Hühnerblut oder zumindest
ein umgedrehtes Kreuz. Vielleicht aber auch Weihwasser, Silberkreuze und Holzpflöcke.
Aber dieses Klischee bestätigte sich nicht. Im Bücherregal des Jungen fanden
sich lediglich gängige Titel, viele Horrorbände, einige Lehrbücher über
Programmiersprachen, die ich nicht kannte, aber auch einige anspruchsvolle
Klassiker, die wahrscheinlich dem Deutschunterricht geschuldet waren. Dazu
würden uns seine Lehrer sicher etwas sagen können.

    Schließlich standen wir alle am Billardtisch zusammen. »Eigentlich
nichts wirklich Auffälliges«, sagte Nina.

    Â»Nun ja«, sagte ich. Das Gesicht auf der Kugel schrie immer
noch.

    Â»Nichts, was uns dem Mörder näher bringt«, präzisierte
Nina.

    Â»Das stimmt wohl«, sagte ich. Auch mein Magen war der
Meinung, dass wir in diesem Zimmer fertig waren und die Experten ihre Arbeit
machen lassen sollten. Er knurrte lautstark.

    Nina hob beschwichtigend die Hände. »Okay, okay. Gehen
wir essen.«

    Wir überließen das Zimmer unseren Kollegen und machten
uns auf den Weg nach unten. Bis alle Spuren gesichert waren, würden noch einige
Stunden vergehen.

    Â 
    Das Haus der Maiers befand sich im besseren Teil
von Krefeld-Forstwald, einem beliebten Wohnort bei Familien, in erträglicher
Nähe zur Innenstadt, aber ohne mit den Problemen der Großstadt behaftet zu
sein. Ich schätzte das Alter des Hauses, wie auch alle anderen in diesem
Baugebiet, auf etwa fünfzehn Jahre, also ein wenig jünger als Tobias es war.
Haus und Vorgarten waren tadellos gepflegt, aber die Menschen hinter dieser
Fassade lebten in einem Zustand emotionalen Zerfalls, den auch ein gut gemähter
Rasen und perfekt gezupftes Unkraut nicht verdecken konnten.

    Ich ging zu einem Kollegen in Uniform, der an der

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