Gegen jede Regel
sondern auch meine Erinnerungen gelesen, sagte Grams in diesem Augenblick:
»Ich möchte meinen Anwalt anrufen.«
Seybold und Kleemann kamen grimmig aus dem Verhörraum zu
uns. Wir sahen zu, wie Herr Grams telefonierte. »Der Mann ist so schuldig, wie
es nur geht«, sagte Seybold gepresst.
Ich nickte. »Es spricht vieles gegen ihn.«
Kleemann schaute mich von der Seite an. »Es war doch Ihre
Idee, dass er der Täter ist. Haben Sie uns nicht gestern noch beschimpft und
beleidigt, weil wir Ihnen nicht geglaubt haben?«
»Richtig«, sagte ich.
Kleemann schaute abwartend. »Aber?«
»Nichts aber. Es spricht vieles gegen ihn. Aber wir haben
keine Beweise.«
Seybold nickte. »Wir werden welche finden.«
Â
Gramsâ Anwalt benötigte eine Stunde, bis er im
Präsidium vorsprach. Er stellte sich als Hermann Ruhe vor und war ein
Abziehbild von Olaf Brenner, Elisabeth Veens Anwalt. Nur sein Auftreten war
nicht ganz so energisch und bestimmend.
Er setzte sich neben seinen Mandanten und fixierte Hauptkommissar
Seybold gelassen. »Darf ich Sie bitten, mir zu erklären, was Sie meinem
Mandanten vorwerfen?«
Seybold erläuterte es. Er schaffte es sogar, das Motiv
glaubwürdig zu schildern. Die Indizien, die gegen Grams sprachen, klangen aus
seinem Mund erdrückend.
»Liegt ein Haftbefehl vor?«, fragte der Anwalt.
»Ja«, sagte Seybold und schob das Papier über den Tisch, das
Kleemann in der Zwischenzeit organisiert hatte.
»Wird Anklage erhoben?«
»Dafür ist es noch zu früh.«
»Wird eine Kaution festgesetzt?«
»Nein. Wir sehen Fluchtgefahr.«
Hermann Ruhe musterte Seybold mit hochgezogener Augenbraue,
aber der lieà sich nicht beirren. »Wünschen Sie, noch weitere Fragen an meinen
Mandanten zu richten?«
»Ja.«
»Dann möchte ich Sie bitten, mich mit meinem Mandanten
ungestört unterhalten zu dürfen.« Mit einem Seitenblick auf den Spiegel fügte Ruhe
hinzu: »Und ich meine, wirklich ungestört.«
Seybold nickte und trug einem Kollegen auf, die beiden
Männer in ein anderes Zimmer zu bringen. Mit unterdrückter Wut stapfte Seybold
wieder in den Beobachtungsraum. »Der sagt uns kein Wort mehr«, meinte er.
»Hoffen wir auf die Durchsuchung«, entgegnete Kleemann.
»Aber ⦠Wäre es nicht sehr dumm von Grams, belastende
Beweise in seinem Haus zu verstecken?«, fragte Nina.
»Nicht dümmer als diese beiden Morde, für die nur er ein
Motiv hat«, antwortete Seybold. Wo er recht hatte, da hatte er recht.
Wir warteten eine Dreiviertelstunde. Seybold erkundigte
sich zweimal telefonisch über den Stand der Hausdurchsuchung, aber es gab
nichts Neues.
Dann kamen die Herren Grams, Ruhe, Seybold und Kleemann
zu einer weiteren Runde Fragen ohne Antworten im Verhörraum zusammen.
»Ich wiederhole mein Angebot«, setzte Seybold an. »Wenn
Sie uns etwas mitteilen möchten über das, was wir in Ihrem Haus finden werden,
dann tun Sie es jetzt, solange wir es noch nicht selbst entdeckt haben. Ich
habe extra noch keinen Kontakt zu den Kollegen aufgenommen, die die
Durchsuchung durchführen, um Ihnen diese Chance zu lassen.«
Ein kaum merkliches Kräuseln huschte über Ruhes Stirn.
Grams sagte: »Ich möchte auf keine Ihrer Fragen mehr antworten.«
Beide schauten Seybold erwartungsvoll an. Der machte ein
bekümmertes Gesicht. »Wie Sie meinen. Das ist eine Chance, die nicht jeder
erhält. Wenn Sie sie einfach so ausschlagen â¦Â«
Rechtsanwalt Ruhe sagte: »Sie haben meinen Mandanten
gehört.«
Seybold setzte gerade zu einer Antwort an, als sein Handy
klingelte. Er stand auf, ging in eine Ecke des Raumes und nahm den Anruf an. Er
hörte zu, sagte nur »Ja« und »Danke«. Dann kehrte er mit einem zufriedenen Grinsen
zum Tisch zurück. Wenn Elias Grams der Täter war, dann musste er spätestens bei
diesem Anblick unruhig werden. Seybold fixierte ihn siegessicher mit den Augen
eines Adlers und bleckte seine Raubtierzähne.
»Herr Grams, stellen Sie sich vor, meine Kollegen sind gerade
in Ihrer Küche unterwegs. Und haben Sie eine Idee, was sie dort gefunden haben?«
Hermann Ruhe war die Ruhe selbst, Elias Grams fuhr sich
mit der Zunge über die Lippen, antwortete aber nicht.
»Sie haben dort einen Messerblock gefunden. Und wissen
Sie, was? Ein Messer fehlt. Und
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