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Gegen jede Regel

Gegen jede Regel

Titel: Gegen jede Regel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Stammsen
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betrachtete das Phantombild
gewissenhaft. Der Mann hatte braune Haare und sah vollkommen durchschnittlich
und unauffällig aus bis auf die Tatsache, dass sein linkes Ohr ungewöhnlich
deutlich von seinem Kopf abstand. Das verlieh seiner Erscheinung etwas Beunruhigendes.
Bei allen Einschränkungen, die es bei der Verlässlichkeit von Zeugenaussagen zu
beachten galt, war ich ziemlich sicher, dass ich diesen Mann erkennen würde,
sollte ich ihm begegnen.

    Â»Alfred E. Neumann«, sagte ich halb zu mir und halb zu
Nina.

    Â»Das Phantombild?«, fragte sie.

    Ich nickte.

    Â»Aber nur ein halber.«

    Â»Nur ein Ohr, aber die Sommersprossen hat er alle.«

    Â»Stimmt.«

    Dann rief ich die Internetseite von Dominanz auf. Ich fand das Impressum und erfuhr, dass Michael
Brodbeck aus Düsseldorf der Betreiber war. Da er auch seinen Beruf und seinen
Arbeitgeber angegeben hatte, war es relativ leicht, die dazugehörige Telefonnummer
zu ermitteln.

    Nach dem zweiten Läuten meldete sich eine freundliche
Frauenstimme mit dem Namen der Firma. Michael Brodbeck war Informatiker in
einer mittelgroßen IT-Unternehmensberatung. Ich ließ mich zweimal weiterverbinden
und nannte dabei nur meinen Namen, um Herrn Brodbeck nicht unnötig in Verruf zu
bringen. Als er sich schließlich meldete, stellte ich das Telefon laut, sodass
Nina mithören konnte.

    Â»Brodbeck.« Seine Stimme war tief und klang freundlich.
Von der Internetseite wusste ich, dass er einunddreißig Jahre alt war.

    Â»Guten Tag, Herr Brodbeck, mein Name ist Wegener von der
Kriminalpolizei Krefeld.«

    Die Digitaltechnik unterdrückte das Rauschen, sodass die
Leitung für Sekunden tatsächlich tot zu sein schien. Als ich schon nachfragen
wollte, antwortete er: »Ja, guten Tag.«

    Â»Herr Brodbeck, ich ermittle in Krefeld in einem Mordfall.
Dabei bin ich auf Ihre Internetseite gestoßen und möchte Ihnen dazu gerne ein
paar Fragen stellen.«

    Wieder entstand das künstlich vertiefte Schweigen. Dann
sagte der Informatiker: »Kann ich Sie vielleicht zurückrufen? Sind Sie an Ihrem
Arbeitsplatz?«

    Ich grinste Nina an. Was hatte ich auch erwartet bei
einem Mann, der eine Internetseite betrieb, auf der Intrigen und Verrat
Hochkonjunktur hatten.

    Ich sagte: »Sie können mich gerne zurückrufen.« Ich
nannte ihm die Nummer der Zentrale. »Sie können auch diese Nummer über eine
kurze Recherche überprüfen. In der Zentrale lassen Sie sich mit mir verbinden.
Mein Name ist Markus Wegener, Morddezernat.«

    Â»Danke, ich rufe Sie sofort zurück.«

    Dann war die Leitung wirklich tot.

    Â»Er ist vorsichtig«, meinte Nina.

    Â»Wenn sich alle so verhalten würden, bräuchten wir kein
Gesetz zum Schutz vor betrügerischer Telefonwerbung.«

    Brodbeck brauchte eine Minute für den Anruf aus seinem
Unternehmen heraus und in unsere Organisation hinein. Mein Telefon klingelte
mit der Kennung der Zentrale. »Ein Herr Brodbeck für Sie«, sagte die Kollegin
vom Empfang.

    Ich nahm das Gespräch an. »Herr Brodbeck, ich freue mich
über Ihren Rückruf.«

    Â»Das ist doch selbstverständlich. Verzeihen Sie meine Vorsicht,
aber von der Polizei wurde ich noch nie angerufen.«

    Dann wollte ich alles tun, damit er diese Erfahrung nicht
in negativer Erinnerung behielt. Ich sagte: »Auf Ihrer Internetseite zum Spiel Dominanz findet derzeit ein Halbfinale
zur Deutschen Meisterschaft statt.«

    Â»Ja, das stimmt.«

    Â»Sie sind der Spielleiter dieser Partie.«

    Â»Das ist richtig.«

    Â»Einer der Spieler in dieser Partie, Tobias Maier, wurde
am Montagmorgen in seinem Wohnzimmer tot aufgefunden. Wir gehen von einem Mord
aus.«

    Â»Tobias? Das ist … Das ist ja furchtbar.«

    Â»Sie kannten ihn?«

    Â»Ja, ich … Wir haben uns … Tobias ist tot?«

    Â»Ja«, bestätigte ich. So wie sich Michael Brodbeck anhörte,
würde er heute nicht mehr produktiv arbeiten können.

    Â»Wie furchtbar. Wie furchtbar.«

    Ich wartete geduldig.

    Â»Wir haben uns einmal getroffen, das war … Ich bin mir
nicht sicher. Irgendwann letztes Jahr. Tobias ist tot? O mein Gott. Und ich
dachte, er sei ausgestiegen.«

    Â»Aus der Partie?«

    Â»Ja.«

    Â»Zumindest ist er nicht freiwillig ausgestiegen.«

    Â»O mein Gott. Sie glauben doch nicht etwa … Sie meinen …?«

    Â»Herr Brodbeck, Tobias Maier hat

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