Gegen jede Regel
gehabt
zu haben.«
Brenner zuckte nicht mit der Wimper. »Herr Kamenik, ich
wiederhole mich. Ihr Vorgehen und Ihre Befragungsmethoden sind in hohem MaÃe
unangemessen. Haben Sie überhaupt eine Vorstellung davon, was das für die berufliche
und private Existenz meiner Mandantin bedeutet? Ich werde meiner Mandantin
empfehlen, gegen Sie und alle Beteiligten Dienstaufsichtsbeschwerde
einzureichen. Wir werden auch über Schadenersatzforderungen nachdenken. Und
jetzt frage ich Sie direkt: Gibt es etwas, das Sie meiner Mandantin vorwerfen,
aufgrund dessen Sie sie hier festhalten möchten?«
Der Koffer des Anwalts lag schwarz, wuchtig und ungeöffnet
auf dem Tisch, sodass ich mich unweigerlich fragte, was er daraus wohl alles
hervorholen konnte, um Elisabeth Veen hier herauszuboxen. Doch bisher wurden
wir lediglich Zeugen einer klassischen anwaltlichen Intervention. Und wir
konnten nichts dagegen unternehmen, weil Anklagen in diesem Land nicht aufgrund
von Bauchgefühlen der Ermittler erhoben wurden.
»Nein«, sagte Egon mit versteinerter Miene.
»Dann werden wir jetzt gehen.« Brenner erhob sich, Elisabeth
Veen folgte ihm eilig. Im Hinausgehen grüÃte er verbindlich, dann waren beide
verschwunden.
Egon starrte ihnen hinterher, seine Kiefermuskeln spannten
sich, aber es war kein Knirschen zu hören.
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Egon tobte und rannte auf und ab wie ein wild gewordener
Stier, als wir uns ein paar Minuten später in Reinholds Büro versammelten.
Reinhold beendete das mit einer klaren Ansage: »Egon,
wenn du einen Graben in den Boden laufen willst, mach das in deinem eigenen
Büro.«
Der Kollege schaute verärgert auf, schluckte aber seine
Entgegnung hinunter, als er sich an die Hierarchien erinnerte. Wir bezwangen
alle unseren mehr oder weniger groÃen inneren Aufruhr und setzten uns an den
Tisch.
»Sie ist die Täterin«, zischte Egon. »Ich weià es.«
»Wir können es nicht beweisen«, betonte Niklas Macke.
»Ich denke, wir haben festgestellt, dass Frau Veen hochverdächtig
ist, wir aber gegen sie nichts in der Hand haben«, sagte Reinhold. »Ich würde
auch gerne hören, was die anderen Ermittlungen ergeben haben.«
Nina und ich berichteten abwechselnd von unserem Ausflug
nach Münster. Reinhold und Staatsanwalt Macke horchten interessiert auf, als
wir von Grams, seiner Situation und seinen Reaktionen berichteten.
»Hier ist dasselbe Problem«, stellte Macke fest. »Eine
sehr verdächtige Person, aber keine Beweise.«
»Es gibt einen Unterschied«, sagte ich. »Wenn Elias Grams
der Mörder von Tobias ist, dann sind auch die anderen Spieler der Partie in
Gefahr, wenn sie sich gegen ihn wenden.«
»Wovon wir ausgehen müssen, denn das ist schlieÃlich das
Ziel des Spiels«, meinte Reinhold. »Was schlagt ihr vor?«
Ich sagte: »Wir sollten Elias Grams observieren lassen.
Ich halte ihn wie gesagt für gefährlich.«
Nina und ich schauten gespannt zum Staatsanwalt, denn nun
war er am Zug. Er spielte jedoch zunächst auf Zeit und fragte: »Was haben Sie
in Münster veranlasst?«
»Wir haben vorgeschlagen, dass Martin Pracht, der Ãsterreich-Spieler,
observiert wird. Er ist potenziell gefährdet und so könnten die Kollegen noch
rechtzeitig eingreifen. Das wurde aber abgebügelt.«
Reinhold rieb sein Kinn und wippte dabei auf seinem Stuhl
unruhig hin und her. »Das ist eine schwierige Situation. Ich sehe nicht, dass
wir da viel machen können. Es hängt sehr davon ab, wie man die Verdachtsmomente
gegen Grams bewertet, ob man es für angemessen hält, ihn zu überwachen.«
»Für unseren Kollegen war es schwer vorstellbar, dass das
Motiv für einen Mord in einem Spiel zu finden sein soll.«
»Es fällt auch mir schwer, das zu glauben«, meinte Niklas
Macke.
»Ja«, sagte ich. »Aber Sie haben Grams nicht erlebt. Wir
schon. Und unser Kollege ebenso.«
Macke schüttelte den Kopf und zeigte sich wie zuvor bei
Egon konsequent uneinsichtig. »Ich kann eine Observierung nicht genehmigen.
Dazu haben wir zu wenig in der Hand.«
Ich ärgerte mich, konnte es dem Staatsanwalt aber nach
drei tiefen Atemzügen nicht verübeln, dass er zurückhaltend auf unsere Vorschläge
reagierte.
Marla sagte: »So, was machen wir jetzt? Zwei verdächtige
Personen, keine Beweise.«
»Wir ermitteln weiter«,
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