Gegensätze ziehen sich aus
Schuhe verkaufen, oder/«, sagte Mimi. »So ein bisschen Schnickschnack dazu wird sich ganz gut machen. Natürlich nur allerhochwertigster Schnickschnack, sparsam eingesetzt.«
»Ja, ja«, sagte Trudi. »Und außerdem bieten wir kostenlos ayurvedischen Kräutertee an. Unser Laden soll die Leute auch glücklich machen, wenn sie gerade mal kein Geld zum Ausgeben haben.«
»Auf keinen Fall Tee«, sagte ich. Ich hatte oft genug Trudis ekelhafte Teekompositionen trinken müssen. »Wir schaffen eine Cappuccino-Maschine an - das macht Frauen glücklich.«
»Wie wäre es mit Happy Shoes?«
»Back to the boots«, schlug Anne vor.
»Wir haben noch jede Menge Zeit, uns einen Namen auszudenken«, sagte Mimi. »Jetzt müssen wir erst mal herausfinden, wo wir die Waren beziehen können. Ich will auf keinen Fall, dass wir am Ende genau die gleichen Schuhe anbieten wie C & A, nurzwanzig Euro teurer, weil wir natürlich nicht so einen günstigen Einkaufspreis wie die bekommen.«
»Hast du Paris mal wegen Manolo Blahnik und Konsorten gefragt?«, wollte Anne von mir wissen.
»Sobald sie aus Venedig zurück ist«, sagte ich. »Und auch nur, wenn ich das nächste Wochenende überlebe.« Als ich an den Besuch meiner Eltern dachte, war meine euphorische Stimmung gleich wieder verflogen. Bedrückt trank ich mein Champagnerglas leer. Ich musste Anton und die Kinder unbedingt verpflichten, nichts von meinen Schuhgeschäftsplänen zu verraten. Meine Eltern würden sonst die Köpfe auf die Tischplatte schlagen. »Da hat sie einmal ein bisschen Geld auf der hohen Kante und muss es gleich wieder für so eine Schnapsidee zum Fenster rauswerfen!«
Anne sah auf die Uhr. »Ich muss los, Jasper und Jojo abholen.«
»Du nennst das arme Kind Dschodscho?.«
»Hör mal, das ist immer noch besser als Dscho-Ähn, wie diese bescheuerte Bianca das Mädchen getauft hat«, sagte Anne. »Sie gehört jetzt zu mir, also muss ich mir einen Namen ausdenken, mit dem wir beide leben können. Umtaufen lassen geht ja schlecht bei einer Sechsjährigen.«
»Hat sie nicht noch einen zweiten Namen?«, fragte Mimi.
»Doch«, sagte Anne. »Chantal.«
»Oh, na dann«, sagte Mimi. »Jojo ist eigentlich ganz niedlich.«
»Ich muss auch los«, sagte Trudi und stand auf. »Diesen Scheiß-Manager-Typen das Atmen beibringen. Ich sage euch, ich bin so froh, wenn ich diese Jobs nicht mehr machen muss.« Sie atmete einmal tief durch. »Obwohl das natürlich alles auch unheimlich viele positive Seiten hat, meine ich.«
»Ich mach mich auch mal auf die Socken«, sagte ich und folgte ihnen zur Haustür. »Ich musste Nelly ohnehin schon bestechen,damit sie auf Julius aufpasst. Heute Abend darf sie Greys Anatomy gucken.«
»Das gucke ich auch«, sagte Anne. »Und Jo massiert mir dabei die Füße. Ich bin die glücklichste Frau unter der Sonne, stimmt's?«
»Ja«, sagte ich und seufzte dabei. Eigentlich hätte ich die glücklichste Frau unter der Sonne sein müssen oder wenigstens die zweitglücklichste, gleich nach Anne, aber irgendwie lief das mit mir und Anton nicht so rund. Und dann dieser fürchterliche Golfkurs. Man sollte ja nicht glauben, wie schwierig es ist, so einen blöden weißen Ball zu treffen. Heute Morgen hatte ich vierzehn gewaltige Löcher in die Luft gehauen, bevor ich einen Ball getroffen hatte. Und der war dann fünfzehn Meter senkrecht in die Luft geflogen. Es war wirklich zum Heulen.
Mimi warf mir einen prüfenden Blick zu und hielt mich am Arm fest, bis die anderen beiden gegangen waren.
»Was ist eigentlich los mit dir?«, fragte sie.
Ich liebte alle meine Freundinnen, aber Mimi liebte ich noch ein kleines bisschen mehr als die anderen. Sie war mit Abstand die Klügste von uns, und die Schönste war sie auch, mit ihren fein geschnittenen Gesichtszügen, der zierlichen Figur und den ausdrucksvollen Rehaugen. Sie und Ronnie waren meine Nachbarn im Hornissenweg, und sie hatten mir sehr geholfen, als ich vor einem knappen Dreivierteljahr hierhin gezogen war, frisch getrennt und am Boden zerstört. Über Mimi und Ronnie hatte ich übrigens auch Anton kennen gelernt.
»Ach, es ist nur - ich treffe einfach den verdammten Golfball nicht, und Anton wird am Wochenende meine Eltern kennen lernen«, sagte ich und tapste zurück ins Wohnzimmer, um mich erneut auf das Sofa fallen zu lassen. »Das hätte ich gern vermieden.«
Mimi goss mir noch ein Glas Champagner ein und hörte geduldig zu, wie ich das Problem vor ihr ausbreitete, inklusive der
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