Gegenwind
vorbeiwirbelnder Farben und Formen. Doch Relin brauchte seine Augen nicht, um sich in der gewaltigen Halle umzusehen. Mithilfe der Macht tasteten seine Sinne sich in sämtliche Winkel vor.
»Ganz schön geräumig hier drinnen«, murmelte Marr. In seiner Stimme erkannte Relin Erstaunen und Ehrfurcht. Vermutlich wurde Marr sich erst jetzt der Tatsache bewusst, dass sie mit einem Frachter durch den Bauch eines feindlichen, fünftausend Jahre alten Schlachtschiffes flogen. Vielleicht überraschte es ihn aber auch nur, dass sie es bis hierher geschafft hatten.
Relin neben ihm deutete mit dem Armstumpf auf eine dunkle Öffnung in der Wand des Korridors.
»Dort!«
Der Cereaner nickte. Allerdings flogen sie immer noch viel zu schnell.
Relin wollte ihn gerade darauf hinweisen, als Marr mehrere Knöpfe auf seiner Konsole gleichzeitig drückte, und das Schiff scharf herumriss. Die Bremsdüsen loderten auf und zogen schwarze Brandspuren über Boden und Wände. Die Triebwerke kreischten, dann ging ein weiterer, harter Ruck durch das Schiff, als es von einer Sekunde auf die andere zum Stillstand kam. Der Jedi wurde dabei beinahe von den Füßen geschleudert, und ein reißender Schmerz zuckte durch seine Rippen. Ein gequältes Ächzen stieg seine Kehle empor. Obwohl Marrs Finger immer noch über die Instrumente huschten, nahm der Cereaner sich die Zeit, ihm einen tadelnden Blick zuzuwerfen. »Ich sagte doch, du sollst dich wieder hinsetzen. Alles in Ordnung?«
Relin schmeckte Blut in seinem Mund. Er schluckte es hinunter und nickte. »Ja, ja.« Dann klopfte er dem Cereaner auf die Schulter. »Gut gemacht.«
Marr löste seinen Sicherheitsgurt und aktivierte das Sicherheitssystem des Frachters. Schwere Stahlplatten senkten sich vor die Cockpitfenster – als würde das Schiff die Augen schließen.
»Das sollte die Schrottkiste gegen Blasterbeschuss schützen – gegen stärkere Waffen oder Sprengstoff werden die Schilde aber nichts ausrichten können. Wir sollten uns also beeilen, ehe sie Gelegenheit haben, schweres Gerät herbeizuschaffen.«
»Ich glaube nicht, dass sie versuchen werden, das Schiff in die Luft zu sprengen; nicht hier, auf ihrem eigenen Landedeck. Vermutlich werden sie zuerst einmal einen Energieschild um den Frachter aufbauen, für den Fall, dass wir Sprengstoff an Bord haben und die Herold in die Luft jagen wollen. Das ist die standardmäßige Vorgehensweise: Wenn Sie erkennen, dass sie die Schrottkiste nicht betreten können, werden die Sicherheitsmannschaften sich zurückziehen, bis die Droiden den Schild errichtet haben. Das sollte Euch mehr als genügend Zeit geben, zu starten und von hier zu verschwinden.«
Wie um die Worte des Jedi zu widerlegen, trommelte plötzlich Laserfeuer gegen den Rumpf des Schiffes – laut, aber harmlos.
»Natürlich wird das einige hitzköpfige Sicherheitskräfte nicht davon abhalten, uns unter Beschuss zu nehmen«, fügte Relin hastig hinzu. »Wir müssen uns beeilen.«
Er wandte sich um, doch Marr hielt ihn an der Schulter zurück und zwang ihn, in seine Augen zu sehen.
»Verfallen viele Cereaner der Dunklen Seite? In deiner Zeit, meine ich.«
Relin verstand, woher diese Frage rührte. Die Berührung des Lignans und die ersten, bewussten Schritte im Umgang mit der Macht hatten Marr mit den Möglichkeiten der Hellen und der Dunklen Seite konfrontiert. Einst, während seiner ersten Jahre im Tempel, hatte Relin dieselben Zweifel empfunden. Man wurde sich der Tatsache bewusst, dass man auf einem schmalen Grat wandelte, und dann ein falscher Schritt, eine unbedachte Entscheidung in den schwarzen Abgrund hinabführen konnte.
»Die Dunkle Seite kann jeden verführen«, sagte er. Er wusste, wovon er sprach, und die schmerzhafte Wahrheit hinter diesen Worten quälte ihn ungleich mehr als seine gebrochenen Rippen.
Marr dachte einen Moment darüber nach, dann nickte er und ließ Relins Schulter wieder los. »Danke«, murmelte er. »Dafür, dass du mir gezeigt hast, was hätte sein können.«
Relin war gerührt, aber er ließ seine Gefühle nicht an die Oberfläche dringen. »Ich muss jetzt gehen, Marr«, sagte er mit unbewegtem Gesicht.
Marr sprintete vor dem Jedi her in den Frachtraum. Dunkel und leer, wie er nun war, fühlte er sich fremd an, geradezu riesig. Während all seiner Jahre an Bord der Schrottkiste , hatte er diesen Raum noch nie leer gesehen, ohne all die Kisten, Ersatzteile und sonstigen Fundstücke. Sein Düsenschlitten, Khedryns Searing und ein paar
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