Gegenwind
schlich er sich zwischen den Tischen und Stühlen hindurch auf die andere Seite der Cantina. Er wusste nicht, ob der Jedi es bemerken würde, wenn er sich mit den Augen des Schicksals umsah, aber das Risiko erschien ihm zu groß. Einen Moment stellte er sich dennoch vor, wie diese Cantina aussehen würde. Ein Durcheinander glühender Linien, die sich überkreuzten, sich miteinander verbanden – der Faden des Schicksals, der unermüdlich das Gefüge des Universums sponn. Einige Daen Nosi führten in das Schwarze Loch hinein, andere führten hinaus – und eine Linie, die er noch früh genug sehen würde, führte hinaus in die Unbekannten Regionen, zu seinem Schicksal.
»Jaden Korr«, murmelte er.
Die sogenannte Musik der Bothaner, die zahlreichen Gespräche, das Gelächter und das Klirren von Gläsern hatten es unmöglich gemacht, die Unterhaltung zwischen Faal und dem Jedi zu belauschen, aber von seinem Platz aus hatte Kell das Gesicht des Schrottsammlers gesehen. Er hatte seine Lippen gelesen, und auch, wenn vieles über den Jedi noch ein Geheimnis blieb, wusste er nun doch zumindest, wie er hieß.
Die Bothaner brachten ihr Lied mit einem schrillen Crescendo zu Ende, und einige der betrunkeneren Cantina-Gäste klatschten Beifall. Der Anzati nutzte diesen Moment, um nun doch seine Neugier zu befriedigen. Er kniff die Augen zusammen, und der niedrige, von Rauch erfüllte Raum verwandelte sich in ein Netz leuchtender Fäden. Daen Nosi spannten sich von Wand zu Wand, von Schmugglern zu Auftragsmördern, von Rodianern zu Cathar. Kells Aufmerksamkeit galt jedoch ganz und gar der Linie tiefen Rots und hellen Grüns, die sich um den grauäugigen Jedi wand. Er prägte sich ihre Textur ein, dann blinzelte er und die Fäden des Schicksals verschwanden. Korr schien überhaupt nichts bemerkt zu haben.
Kell machte einen Schritt zur Seite, und ein breitschultriger Chiss walzte nur wenige Zentimeter an ihm vorbei, ohne ihn überhaupt zu bemerken. Seine Tarnung machte den Anzati unsichtbar für die Gestalten in der Cantina. Wenn überhaupt, dann sahen sie ihn nur kurz, aus den Augenwinkeln, einen flüchtigen Schemen, der ebenso schnell wieder aus ihrer Wahrnehmung verschwand, wie er aufgetaucht war.
Wie ein Geist.
Als er den Bereich um den Eingang erreicht hatte, blieb Kell stehen. Über die Köpfe einiger Krimineller hinweg, die mit ihren Schandtaten prahlten, beobachtete er den Jedi. Korr stand immer noch dort, wo er Faal angesprochen hatte, die Arme vor der Brust verschränkt – ein Pol der Ruhe inmitten der tanzenden Mädchen auf der Bühne, der umhereilenden Bedienungen und der trinkenden, essenden, schwatzenden Menge.
Im Schatten der allgemeinen Aktivität setzte Kell sich wieder in Bewegung. Mit jedem Schritt, den er dem Menschen näher kam, stieg die Anspannung in ihm. Seine Fühler wanden sich in ihren Hautfalten wie Schlangen, und selbst wenn er es versucht hätte, er hätte den Blick und die Gedanken nicht von dem Jedi lösen können. Korrs Bewusstsein war mächtig, und der winzige Bruchteil davon, den er preisgegeben hatte, als er seinen Gedankentrick anwandte, erfüllte den Anzati mit verzehrendem Hunger.
Es war dieser Hunger, der nun seine Bewegungen bestimmte. Kell erkannte, dass seine Gier ihn unvorsichtig machte, aber die Versuchung war zu groß. Nur die Suppe eines Machtnutzers würde ihm die Geheimnisse des Schicksals enthüllen – eines Machtnutzers wie Jaden Korr.
Er trat hinter den Jedi, nahe genug, um ihn zu berühren, und hielt inne. Seine Fühler zuckten ekstatisch. Es kostete ihn große Anstrengung, sich zu tarnen, seine Spuren in der Macht so gut zu verwischen, dass nicht einmal ein Jedi ihn entdeckte – zumindest, solange er nicht bewusst nach ihm suchte –, und er spürte, dass seine mentalen Kräfte bald erschöpft wären. Was immer er auch tat, er musste es jetzt tun. Noch einmal verengte er die Augen zu Schlitzen, als er das Schicksal um Rat fragte. Seine Daen Nosi führte auf die grüne Lebenslinie des Jedi zu, wand sich um sie wie eine Garrotte. Die Gerüche und Geräusche der Cantina verblassten, als Kell sich ganz auf diese beiden leuchtenden Schlangen konzentrierte, die um die Oberhand kämpften – um das Recht, weiter zu existieren. Der Anzati machte noch einen Schritt nach vorne, atmete den Geruch des Machtnutzers ein. Speichel rann von seinen gebleckten Zähnen.
Da versteifte sich Jaden Korrs Gestalt plötzlich. Ehe Kell reagieren konnte, drehte der Jedi sich herum. Der Anzati
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