Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geh auf Magenta - Roman

Geh auf Magenta - Roman

Titel: Geh auf Magenta - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frankfurter Verlags-Anstalt
Vom Netzwerk:
Streich erledigen würde, einfach, indem er durch ihre Schutzschilde flöge und dabei eine Serie Torpedos direkt in deren Brücken schicken würde, sie wären pulverisiert, bevor sie ihn und sein kleines, wendiges Schiff überhaupt wahrnehmen könnten, genau. Er legte die Beine hoch und starrte an die Decke.
    Aber die Insel gefiel ihm besser.
    Die Wrackteile der abgestürzten Maschine hätten die Behaglichkeit eines Wohnzimmers, sie könnten sie mit einigen Ästen und Buschwerk verstärken, so dass sie einen guten Schutz vor den Taifunen abgeben würden. Dann schließlich müssten sie die Umgebung erkunden, um zu sehen, ob –
    Es klopfte laut, er ging zur Tür und öffnete sie einen Spalt breit.
    »Mach schon.«
    Rob drückte ihm die Tür entgegen: »Wie war’s?«
    Bastien rieb sich das Gesicht: »Gut. Was sonst?«
    »Wie, gut, was sonst?«
    Rob sah ihn fragend an, schließlich hatte er Sonia einige Male bei Bastien gesehen. »Du fährst mit diesem Geschoss in die Dreißig-Palmenstrand-Grad-Nummer, und dann war’s nur gut?«
    Bastien schwieg, Rob trat geradewegs ein, nahm eine weitere Flasche Wein aus dem Kühlschrank, ging zur Küchenzeile und spülte sich eines der dreckigen Gläser sauber, hielt es dann prüfend ins Licht: »Wollte sie nicht?«
    Auch ein müder Blick half nichts, die Details blieben Bastien nicht erspart; er berichtete in einigen stockenden Sätzen von einem blonden Haarschopf hinter Kissenbergen und von Mel und seiner Wiederkehr. Rob schwieg noch einen Moment und blickte dann vielsagend zurück: »Scheiße.«
    »Sie meint es ernst. Die kann mich mal.«
    »Weiß nicht.«
    »Soll ich ihr hinterherlaufen?«
    »Vielleicht – ja«, sagte Rob bedächtig. In den meisten Fällen würden die Frauen so etwas doch nur inszenieren, nur um wieder eingefangen zu werden, es ginge um eine Art Liebesbeweis, den könnte man schon bringen, besonders nach so einem Ding.
    »Was für ein Ding?«
    »Zum Beispiel, dass du sie mit der Blonden versetzt hast, zumindest im Kopf.«
    Bevor Bastien sich aufregen konnte, wechselte Rob das Thema, riet ihm, eine Weile auf Abstand zu gehen und sich stattdessen um die Arbeit zu kümmern, einfach durchzustarten: »Du wolltest neue Bilder machen, mit einer dicken Farbe, neue Kommunikationswege und so etwas – hast du gesagt.«
    »Ich habe sie ja auch so gemacht. Zuerst jedenfalls.«
    »Und dann?«
    »Hab ich’s wieder weggemacht.«
    Rob schwieg wieder vielsagend, Bastien schenkte sich nach: »Komm, hör auf, es sah einfach scheiße aus, das war’s.«
    Rob goss sich ein: »Du hast mich einen ganzen Abend damit zugetextet, Farbe als Kommunikationssubstitut , die menschliche Sprache braucht einen vollkommen neuen Ausdruck, jenseits von ausgetrampelten linguistischen Pfaden , wir müssten mehr in Reminiszenzen denken, unsere Träume zu Bildern machen; wie hast du es genannt? Auf der Magie des Magenta gehen , genau, in der traumatischen Farbe erkennt sich alles wieder, die Grenze zur Realität hebt sich auf, alles mündet in grenzenlose Freiheit. Und jetzt so etwas?«
    »Es sah einfach scheiße aus.«
    »Ja, vielleicht. Du bist aber auch nicht gerade der Geduldigste. Das weißt du selbst.«
    Rob war Bastiens bester Freund. Aber wenn ihn manchmal etwas zur Weißglut trieb, dann war es Robs sezierendes Nachhaken, zumeist dort, wo er es am wenigsten ertragen konnte – bei seinen Schwächen. Die Rettung bestand stets in Robs eigenen offenen Flanken.
    »Und die Berge?«, fragte Bastien.
    »Was ist mit denen?«
    »Die machst du also immer noch? Nach diesen Urlaubsfotos gemalt, oder?«
    »Warum nicht? Grobe Striche. Wenn du näher rangehst, wird’s abstrakt.«
    »Das ist aber bei jedem Bild so, oder? Alle werden abstrakt, wenn ich näher rangehe. Eine Tapete, ein Stück Holz, Baubeton, das wird alles abstrakt, wenn ich nah rangehe.«
    »Hier ist es aber gewollt«, bemerkte Rob knapp.
    »Sagt dir ein Polier auch, wenn er seinen Baubeton abgießt«, erwiderte Bastien, jetzt wieder munter. »Das ist immer derselbe Berg, oder?«
    »Der Piz Badus, ja.«
    »Warum?«, fragte Bastien. »Absicht? Zufall? Laborfehler?«
    »Weiß nicht, ich fand es genial, immer denselben zu machen. Das hat etwas von einem – Konzept oder so«, antwortete Rob.
    Bastien nahm einen langen Schluck aus dem Glas und legte eine genüssliche Kunstpause ein, bevor er fortfuhr: »Stimmt, wir brauchen ja Futter für die Schreiberlinge: Die Eindringlichkeit der bewussten Inszenierung der Wiederholung der Wiederholung der

Weitere Kostenlose Bücher