Geh auf Magenta - Roman
dreimal im Zusammenhang mit ihrem Arbeitgeber, auch die Rubrik Bilder ergab keine Treffer. Warum auch, dachte er, sie war ja keine Schauspielerin oder Künstlerin. Obwohl er Mels Präsenz im Netz bereits kannte, gab er jetzt ihren Namen ein: Melanie Richter. Google führte gleich zwanzig Seiten auf, auf allen ging es um ihre Fotografie, Kunst-Rankings, Ausstellungsverweise, sogar einige Auktionen; die Rubrik Bilder zeigte sie von ihrer besten Seite, gut gekleidet, manchmal mit Bastien auf dessen Vernissagen, zumeist etwas blöde in die Kamera lächelnd. Auf einem Bild küssten sich die beiden innig; im Hintergrund konnte Thomas sich selbst ausmachen, wenn auch unscharf; er klickte das Bild schnell weg und starrte einen Moment lang auf die Einrichtung seines Büros. An den Abend konnte er sich noch gut erinnern, es war bei Franco, Bastiens Galeristen. Er hatte damals bestimmt ein halbes Dutzend Bilder gekauft, allesamt Großformate, obwohl er sie nicht für besonders gute Arbeiten hielt. Es war inzwischen für alle Beteiligten, für Bastien und seinen Galeristen, eine Art von Gewohnheit, dass er jedes Mal Bilder kaufte, ohne Ausnahme. Wie immer war es Mels Gegenwart, die ihn dazu angehalten hatte – ihr stolzer Blick, wenn sie ihm eine von Bastiens neuen Arbeiten erklärte, wenn sie mit ihm lachte, wenn sie ihm über den Rücken strich, er konnte dann nicht anders, als diese Bilder zu kaufen. Es schien bislang auch niemandem aufgefallen zu sein, dass er sämtliche Arbeiten im Depot lagerte, in seiner Wohnung hätte er so etwas Buntes nicht ertragen können; dort hingen nur zwei kleine Schwarzweißfotos von Mel.
Auch diese Bilder waren auf der Google-Seite zu sehen, dazu der Vermerk Courtesy Collection Deger , wahrscheinlich kam das von Mel, sie war sehr genau in solchen Dingen. Wie in allen Dingen, sie wollte jüngst von ihm wissen, wann er sich zum ersten Mal in sie verliebt hatte, nur die Jahreszahl (vor fünf Jahren) reichte ihr dabei nicht. Dann ging es um eine neu erschienene Biographie August Sanders, sie schien enttäuscht zu sein, dass er dazu nicht wirklich etwas sagen konnte; – nein, sie schien enttäuscht zu sein, dass er kein Verlangen nach intensiven Debatten über die rheinländische Fotografie des 20. Jahrhunderts hatte, auch mangelte es ihm an Kenntnis. Es stand ihr quer über das Gesicht geschrieben: mit Bastien hätte sie das gekonnt , mit Bastien hätte sie die Nacht durchgeredet, mit Bastien wäre sie von einem Thema auf das andere gekommen, so als würde man von einem Grasbüschel zum nächsten springen, ein Wort gäbe das andere, am Ende läge man sich dann verbal ermattet in den Armen.
Er gab wieder Kirstens Namen ein und sah diesmal ebenso bei Facebook nach, auch dort fand er keinen Eintrag oder ein Foto.
Ihm fiel der Prospekt ein, der in wenigen Tagen fertig sein musste, er könnte für das Sichten der Andrucke einen Termin mit ihr vereinbaren; das wäre zwar ungewöhnlich, aber doch machbar, man würde ihn eben für besonders gewissenhaft halten. Und dann? Den Pool in Amman sollte er wohl besser verschweigen. Kurzerhand gab er Jemen Touristik ein, das Angebot fiel wie erwartet minimal aus, zudem gab es eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes. Ein Anbieter musste zugeben, dass er über keine verbindlichen Informationen verfügte, ein anderer schien einen zu ägyptischen Badeorten weiterleiten zu wollen. Nach einigem Suchen fand er dann eine sogenannte Taleb Group , deren Seite mit angenehmen Bildern von Wüstenlandschaften bestückt war; auch schien Sanaa ein pittoresker Ort zu sein, uralte Hochbauten überragten einen malerischen Bazar, nirgendwo war ein Auto oder ein Strommast zu sehen. Das war es wohl, was sie, Kirsten, meinte – da sähe es noch so aus wie im Märchen. Die Taleb Group hatte ebenso ein Palasthotel im Angebot, auch offerierte man mehrtägige Wüstenexkursionen sowie Tauchfahrten zum Roten Meer, alles in allem klang es bei weitem aufregender als dieser Pool in Jordanien.
Die nächste Stunde verbrachte er damit, verschiedene Airlines zu vergleichen und entschied sich schließlich für eine schnelle Verbindung über Saudi-Arabien; ebenso erhielt die Taleb Group den Zuschlag für ein All-inclusive-Paket mit einer dreitägigen Fahrt durch das Wadi Hadramaut. Er klickte auf VERBINDLICHE BUCHUNG und lehnte sich zufrieden zurück – das würde ein echtes Abenteuer werden.
Damit sollte er recht behalten. Denn schließlich brachte man sich nicht mit jeder Buchung in
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