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Geh Ich Auf Meine Hochzeit

Geh Ich Auf Meine Hochzeit

Titel: Geh Ich Auf Meine Hochzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Kelly
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sie kannte ihn. Er war einen Meter achtzig groß, hatte lachbereite Augen und ein dunkles Gesicht, das sich bei ihrem Erscheinen aufhellte.
    »Zeit für die Nachrichten«, verkündete Simon mit Blick auf die Uhr. »Wollen wir sie uns ansehen?«
    Sie verfolgten die Neunuhrnachrichten im Wohnzimmer. Evie hatte die Füße auf den Sofatisch gelegt, doch ihre Gedanken waren woanders. Der Wettermann prophezeite noch einen sonnigen Tag, als Simon hoffnungsvoll sein Gesicht an Evies Hals vergrub.
    »Wann kommt Rosie heute zurück?«, fragte er undeutlich, denn er knabberte an ihrer Haut, und atmete den Duft von Anais Anais ein. Normalerweise mochte Evie es, wenn Simon ihren Hals küsste. Denn er gehörte zu ihren erogensten Zonen. Heute jedoch fühlte er sich steif und sehr unerogen an und war Küssen gegenüber überhaupt nicht empfänglich.
    »Sehr bald«, gab sie ihm Bescheid. »Jennys Mutter wird sie noch vor zehn hier absetzen. Die beiden haben miteinander geübt. Außerdem, Simon, ich kann zur Zeit nicht...« Sie machte eine bedeutungsvolle Pause. »Es ist wieder einmal so weit«, erläuterte sie, denn sie wusste, dass ihm ihre Lüge nicht auffallen würde.
    Genug der Worte. Simon richtete sich auf, als ob er von einer Wespe gestochen worden sei. In Bezug auf Frauen war er extrem unerfahren, dachte sie leicht irritiert. Und so leichtgläubig.
    Wie oft bekamen eigentlich seiner Ansicht nach Frauen im Monat ihre Regel - zwei Mal? Sie hatte die letzte mit schrecklichen Krämpfen gerade hinter sich, doch Simon war das nicht bewusst. Man brauchte das Wort »Frauenleiden« nur zu erwähnen, und sein Gehirn hörte, von Peinlichkeit berührt, prompt zu arbeiten auf.
    Sie erinnerte sich an Rosies Kichern, als sie ihr von einem Mathematiklehrer erzählt hatte, der auch nur bei der leisesten Erwähnung irgendeines gynäkologischen Problems knallrot anlief. Rosie behauptete, man müsse lediglich eine Hand auf den Bauch pressen und stöhnen, man fühle sich nicht ganz wohl, um vom Unterricht befreit zu werden.
    »Du bist schneller vor der Tür, als du es dir würdest träumen lassen«, hatte Rosie kichernd berichtet.
    »Das ist schlimm, Rosie«, hatte Evie ausgerufen. »Frauen haben lange genug darum gekämpft, nicht als das schwächere Geschlecht betrachtet zu werden; und da kommst du und drehst die Uhr um hundert Jahre zurück, wenn du dich als armes, kleines Mädchen verkaufst.«
    »Ach, Mama, wenn wir schon die Periode erdulden müssen, dann wollen wir wenigstens etwas davon haben«, hatte sie gescherzt. »Außerdem ist das der neue Feminismus - einfach alles für das Erreichen seiner Ziele einzusetzen, so wie es die Männer immer schon gemacht haben.«
    Evie warf Simon einen Seitenblick zu. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er sich zum Erreichen seiner Ziele rücksichtslos verhalten würde. Im Gegensatz zu Max.
    »Tut mir Leid, Schatz«, entschuldigte sie sich und legte eine Hand auf seine.
    »Ist schon gut«, erwiderte er peinlich berührt. »Sollen wir uns den Film ansehen oder...« Sein Gesicht leuchtete begeistert auf. »... heute läuft eine Sendung über den Kalten Krieg.«
    »Den Kalten Krieg, unbedingt«, erwiderte Evie schnell und hoffte, Simon würde nicht mit Vergleichen zwischen der Berliner Mauer und der Mauer aufwarten, die sich so plötzlich zwischen sie geschoben hatte. Sie kuschelte sich an ihn und steckte die Füße unter sich. »Wunderbar«, meinte sie und fragte sich, weswegen sie das gesagt hatte. Für sich selbst - um sich einzureden, dass alles wunderbar war? Oder um Simon zu gefallen?
    Rosie schwebte gegen zehn Uhr ins Haus. Sie sah viel zu entspannt und glücklich aus, als dass sie bis eben mit Jenny die Lyrik Englands hätte eingepaukt haben können.
    »Ich bin müde, Mama.« Sie gab Evie einen Kuss auf die Wange und vermied es, Simon gute Nacht zu sagen. Evie war zu sehr mit sich beschäftigt, als dass sie ihr einen wütenden Blick hätte zuwerfen können.
    Als Simon ging, hatte Rosie bereits das Licht gelöscht. Evie musste ins Bett gehen, ohne herauszufinden, was in dem hübschen Kopf ihrer Tochter vor sich ging. Wahrscheinlich handelte es sich um einen Jungen. Wer sonst hätte diesen verträumten Ausdruck auf Rosies Gesicht zaubern können? Hatte sie wirklich mit Jenny zusammen gearbeitet, und hatte Jennys Mutter sie dann nach Hause gebracht? Fragen ohne Antworten zermarterten Evies Hirn. Sie musste Rosie vertrauen. Schließlich war sie siebzehn und kein Kind mehr.
    Mütter, die ihre Kinder

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