Geh Ich Auf Meine Hochzeit
etwas. Im Herbst sind die Häuser ohnehin billiger.«
Sie half Mary auf den Beifahrersitz und schloss erst die Tür, dann die Augen. Sie fühlte sich vollkommen erledigt. Und der Tag war noch nicht zu Ende. Das Hotel wollte sie wegen irgendeines Details im Bankettzimmer sprechen, wo Simon und sie den Empfang abzuhalten gedachten. Der für Hochzeiten zuständige Angestellte war am Telefon merkwürdig ausweichend gewesen und hatte etwas in Richtung »wir wollen nur sichergehen, dass alles auch wirklich perfekt ist« gemurmelt. Das bedeutete zwei weitere Stunden, denn sie musste in die Innenstadt und danach wieder rausfahren.
Nachdem sie Mary mit einer Tasse Kaffee in die Empfangshalle gesetzt hatte, folgte Evie dem Herrn in den Festsaal des ersten Stocks, wo sie eine üble Überraschung erwartete.
Ausgerechnet den von ihnen gebuchten Raum hatte ein Feuer zerstört. Er wäre großartig geeignet gewesen mit einer angrenzenden Terrasse, von der aus die Gäste über die Skyline von Dublin hätten blicken und dabei, umgeben von italienischen Kübeln mit üppigen weißen Sternblumen, an ihren Drinks nippen können. Die einzige Alternative war ein doppelt so großer Festsaal, sehr luxuriös, aber leider viel zu geräumig für die wenigen Gäste der Familien Fraser und Todd.
»Es tut uns wirklich von Herzen Leid«, entschuldigte sich der Hotelangestellte bereits zum x-ten Mal. »Wir sind uns klar darüber, dass Sie unbedingt die Leinster-Suite hatten haben wollen, aber die Munster-Suite ist doch auch sehr schön. Mein Chef lässt ausrichten, dass wir Ihnen beim Wein nur den halben Preis berechnen werden, um Sie so zumindest ansatzweise zu entschädigen.«
Evie sah sich in der riesigen, eisblauen Munster-Suite um und hatte vor Augen, wie ihre Gäste sich darin verlieren würden. Es war ein streng gehaltener Raum und nicht annähernd so hübsch wie die gemütliche gelbe Suite mit ihren vergoldeten Nischen und den rostfarbenen Brokatgardinen, die in eleganten Bögen auf das gebohnerte Parkett fielen.
»Leider können wir nichts machen«, meinte der Angestellte verzweifelt, als er Evies leere Entrücktheit bemerkte. Natürlich hatte er keinen blassen Schimmer, dass sie gar nicht an ihre Hochzeit dachte. Vielmehr hielt sie es für ein weiteres schreckliches Omen für den Tag, auf dem ohnehin ein Fluch zu liegen schien.
»Es ist schon in Ordnung«, meinte Evie wie ferngesteuert.
Sie nahm sich vor, Mary nichts von dem Desaster der Munster-Suite zu erzählen. Wenn sie es täte, müsste sie für Mary ein Hotelzimmer anmieten, damit sie sich eine Stunde lang ausstrecken und den Schock verdauen konnte. Unvorstellbar, dass Simons Mutter bloß einige Jahre älter als Vida war! Und die lebendige und schöne Vida liebte das Leben, umarmte es voller Leidenschaft. Sie hätte nicht im Traum daran gedacht, mit Max und seiner neuen Braut unter ein Dach zu ziehen. Wenn sie in Marys Alter alleine dastände, würde sie eine Kreuzfahrt buchen, Lambada lernen, eine ganze Schar von Männern um sich versammeln, die sie zum Essen ausführten und sich bei einem Computerkurs einschreiben.
»Gibt es Probleme?«, erkundigte Mary sich, während ihre Hände nervös über ihren Busen strichen, als Evie sie abholen kam.
»Nein, nicht doch«, schwindelte Evie eilig.
Simon aber konnte sie nicht belügen. Nachdem seine Mutter in sein Esszimmer platziert worden war und auf den ersten Gang der Mahlzeit wartete, die Evie schnell zusammengewürfelt hatte, eröffnete sie es ihm. Simon war gerade von der Arbeit heimgekehrt, setzte die Brille ab und massierte anschließend drei Minuten lang intensiv seine Nasenwurzel.
»Das ist mir einfach zu viel«, meinte er und blinzelte ohne Brille kurzsichtig. »Viel zu viel!«
Seine linke Hand begann sich wie die seiner Mutter zu bewegen. Hoch und runter, hoch und runter. Genau wie Marys. Evie betrachtete ihn besorgt. Hatte er das immer schon gemacht? Warum war es ihr bis jetzt noch niemals aufgefallen?
»Keine Panik«, beschwichtigte sie. »Es ist schließlich nur ein Raum, Simon, und kein Weltuntergang.«
»Ich bin bis zum Kragen im Stress«, klagte er mit erhobener Stimme.
Seine Hand hielt inne, dann fuhr er sich durch die sandfarbenen Haare, die danach hier und dort zu Berge standen. »Erst gefällt meiner Mutter das perfekte Haus nicht - und es war perfekt. Und jetzt das. Ich ertrage es nicht mehr.«
Da geht es mir nicht anders, antwortete Evie stumm.
»Simon!« Sie tastete sich vor: »Meinst du, wir könnten
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