Geh Ich Auf Meine Hochzeit
es nicht selbst den Leuten sagte. Sie hatte den Grund für die Absage ihrer Verlobung nicht genannt und Max mit keinem Wort erwähnt. Dennoch schien Rosie kein bisschen überrascht zu sein.
»Er war nicht der Richtige für dich, Mama«, meinte sie ernst. »Das habe ich immer schon gewusst. Er ist ein netter Kerl, aber für dich der Falsche. Du brauchst einen echten Helden, so einen wie Papa damals.«
Bei diesen Worten brach Evie noch heftiger in Tränen aus. Sie hätte Tony niemals zu dieser verklärten Person hochstilisieren sollen. Unmöglich konnte sie Rosie ins Bild setzen, wie er wirklich gewesen war, und dass sie nach seinem Tod ihren Mädchennamen wieder angenommen hatte, weil sie seinen Namen einfach nicht ertrug. Begründet hatte sie diesen Schritt damit, dass man sie im Büro unter dem Namen Fraser kannte und sie das nie geändert hatte. Nur Olivia wusste, dass Evie sich lieber umgebracht hätte, als Evie Doherty zu heißen. Denn das war der Nachname des Mannes, der gleichzeitig mit einer anderen verheirateten Frau zusammen war, als er Evie ehelichte. Er hatte sich deshalb trauen lassen, weil sie ein Baby erwartete. Innerhalb eines Monats hatte er deutlich gemacht, dass er zwar ein Kind, nicht jedoch eine klammernde Ehefrau wünsche. Seine Affäre würde er weiter unterhalten, und Evie mochte das entweder akzeptieren oder gehen. Kein Wunder, dass sie bei seiner Beerdigung keine Träne vergoss.
Rosie hatte eigentlich ein Recht auf die Wahrheit, und es war Evies Schuld, dass sie sie nicht kannte. Sie fühlte sich wie eine geborene Lügnerin, die alle anlog, die sie liebte, und ihnen gigantische Märchen auftischte. Sie war ein schrecklicher, schrecklicher Mensch.
»Wenn Papa nicht gestorben wäre, wäre all dies nicht passiert«, meinte Rosie mit Nachdruck. »Du brauchst jemanden wie ihn!«
Am Montagmorgen ging Rosie nur widerstrebend zur Arbeit. »Ich sollte bei dir bleiben, Mama«, protestierte sie. »Du stehst immer noch unter Schock.«
»Bitte geh, Liebling«, hatte Evie, nach dieser schlaflosen Nacht kreidebleich, geantwortet. Stundenlang hatte sie nur an Simon gedacht. »Ich gehe heute nicht ins Büro, weil ich mit den Absagen beginnen und den Leuten Bescheid sagen muss. Da habe ich alle Hände voll zu tun.«
Bei der Vorstellung, Verwandten und Freunden den Stand der Dinge darzulegen, zuckte sie zusammen. Dennoch lag das Schlimmste bereits hinter ihr. Simon hatte sie behandelt wie ein vertrauensvolles Tier, dem man einen Tritt versetzt, nachdem es aus dem Wald gelockt und zahm geworden war.
Doch trotz aller Schuldbewusstheit loderte in ihrem Herzen auch eine wilde Freude. Jetzt, wo sie frei war, durfte sie sich mit Max wieder treffen. Es war der einzige Halt gewesen, der sie während der endlosen Nacht gestützt hatte. Max... er hatte ihr gesagt, dass er sie liebte, nicht wahr? Er hatte Vida gegenüber geäußert, dass er es nicht ertragen würde, auf Evies Hochzeit mit dabei zu sein. Also konnte er unmöglich Mia Koen zur Partnerin haben.
Wie ein Ritter auf einem Schimmel wartete er nur auf den Ruf seines Burgfräuleins! Angesichts von Simons Schmerz war dies ein unverschämt glücklicher Gedanke, doch Evie war erstens glücklich - und zweitens frei. Sie stellte sich Max‘ lauten Schrei vor, wenn er erfuhr, dass sie ihm gehörte. »Evie, meine Liebste, ich kann es einfach nicht glauben! Von diesem Augenblick träume ich Tag und Nacht. Unzählige Male bin ich an deinem Haus vorbeigefahren und habe mir vorgestellt, was du gerade tust. Tausendfach habe ich bei dir angerufen, nur um deine Stimme zu hören - habe aber niemals etwas gesagt. Ich wusste, dass du zu mir kommen würdest. Von jetzt ab werden wir nie mehr voneinander getrennt sein, niemals...«
Im Kalender ihrer Tochter fand sie seine Nummer. Es war die Telefonnummer, die Max Rosie in Spanien gegeben hatte, damit sie ihn anrufen und die Sache mit ihrem Job arrangieren konnte.
Evie notierte sie sich und legte den Kalender in Rosies Schublade zurück. Nervös ging sie die Treppe hinunter. Mit zitternden Händen tippte sie die Zahlen und fragte sich, was sie zuerst sagen sollte. Hallo Max, ich heirate nun doch nicht. Steht die Einladung zum Mittagessen noch?
Nach sechsmal Klingeln schaltete sich die Telefonautomatik ein: Max‘ tiefe Stimme meldete dem Anrufer, er sei nicht zu Hause und man möge eine Nachricht hinterlassen. Immer noch lächelnd wartete sie auf den Piepston. Dann nahm jemand den Hörer ab.
»Hallo?«, ertönte eine
Weitere Kostenlose Bücher