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Geh Ich Auf Meine Hochzeit

Geh Ich Auf Meine Hochzeit

Titel: Geh Ich Auf Meine Hochzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Kelly
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Lichtschimmer durch die kleine, rhombenförmige Scheibe der Tür. Es dämmerte bereits stark, doch die Lampe auf der Veranda war nicht eingeschaltet. Das Haus schien vollkommen verlassen. Evie folgte Rosie den Gartenweg hinunter und verspürte angesichts der merkwürdigen Stille ein Gefühl der Beklommenheit in sich aufsteigen. Von Gooch und Jessie war kein wildes Hundegebell zu hören, nicht einmal dann, als Evie den Schlüssel im Schloss herumdrehte.
    »Es muss etwas passiert sein«, meinte sie besorgt und zögerte die Tür zu öffnen, nachdem sie sie aufgeschlossen hatte. Vor Kälte und Aufregung zitternd schlang sie den Mantel noch enger um sich. »Er hatte einen Unfall, sonst wäre er doch jetzt hier. Sie hielt inne. Es war so still, dass es ihr fast unheimlich vorkam. Ihr Vater wusste über ihre Ankunft Bescheid. Er war immer zu Hause zur Begrüßung, erst recht an Weihnachten.
    »Sei nicht albern, Mama.« Rosie drängte sich an ihr vorbei und versetzte der Tür einen kräftigen Stoß. »Die Hunde hätten jedem Einbrecher, der sich hier leichtsinnigerweise reinwagte, die Kehle durchgebissen. Abgesehen davon würden die Nachbarn in Windeseile erfahren, wenn irgendetwas mit Opa nicht in Ordnung wäre. Sie würden schon warten, es uns in jeder Einzelheit zu erzählen. Du weißt ja, wie es hier ist«, fügte sie noch sarkastisch hinzu. »Wenn du hier zu laut atmest, kommst du in die Zeitung.«
    Evie folgte dem hohen Schatten ihrer Tochter in das dunkle Haus und war darauf gefasst, umgestoßene Möbel und Anzeichen einer Auseinandersetzung vorzufinden. Doch als Rosie in dem kleinen Wohnzimmer das Licht anknipste, stand alles an seinem Platz, sowohl das verblichene, von Hundehaaren übersäte alte Brokatsofa als auch das Tischchen, auf dem sich das Pfeifenzubehör ihres Vaters befand. Der auf Hochglanz polierte Feuerhaken lag vor dem mit Ziegeln verkleideten Kamin, und der kleine Kartentisch stand wie gewohnt in der Ecke, darauf das verblichene Foto von Evies Eltern an ihrem Hochzeitstag vor vierzig Jahren.
    »Na siehst du«, meinte Rosie und marschierte an ihr vorbei zum Auto, wo sie das Gepäck aus dem Kofferraum zu zerren begann. »Alles ist in Ordnung, Mama! Du machst dir zu viele unnötige Sorgen!«
    Immer noch grübelte Evie darüber nach, wo ihr Vater stecken könnte. Dann folgte sie Rosie nach draußen. Es sah ihm so gar nicht ähnlich, weg zu sein, dachte sie, als sie ein Teil der Pakete ins Haus trug. Sie waren zwar etwas früh dran, aber andererseits hatte ihr Vater am Weihnachtsabend keine Besorgungen mehr zu erledigen. Er war höchst erpicht darauf, sie wieder zu sehen. Das jedenfalls hatte er am Telefon gesagt.
    Während sie das Auto ausluden, begann es wie aus Gießkannen zu schütten. Die Tropfen tanzten auf den Gehwegplatten vor dem Eingang und schlugen gnadenlos gegen die Fensterscheiben.
    »Papa wird vollkommen durchnässt werden, falls er mit den Hunden spazieren geht«, zeterte Evie und blinzelte durch die grünen Gardinen nach draußen.
    Rosie, die gerade das Feuer im Kamin anzündete, sah auf. Sie hatte gehofft, ihre Mutter möge sich in die Küche verziehen, um Teewasser aufzusetzen, damit sie heimlich eine Zigarette rauchen konnte. Der Geruch des Kaminfeuers würde den Zigarettenrauch kaschieren. Vier ganze Tage ohne Zigaretten zu verbringen würde sie die Wände hochgehen lassen ...
    »Mama«, meinte sie entnervt. »Er ist erwachsen. Wie soll er denn klarkommen, wenn wir nicht hier sind, um uns um ihn zu kümmern?«
    »Du hast ja Recht.« Evie seufzte. Ihr Vater kam tatsächlich sehr gut ohne sie klar. Aber ›Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß‹ war eine Sache. Eine ganze andere Sache war ein spurloses Verschwinden! Mach dir nicht immer so krause Gedanken, ermahnte sie sich verärgert und rieb sich die Augen. Nach der Fahrt war sie müde, hungrig und fühlte sich nicht besonders gut. Der Gedanke an all die schönen Sachen zum Essen, die sie mitgebracht hatte, ließ ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen. Aber sie hatte sich fest vorgenommen, während der Feiertage nicht zu viel zu essen.
    Ein einziger Fehltritt konnte ihr gesamtes Anti-Zellulitis-Programm zunichte machen. Dennoch sahen die Würstchen in Blätterteig und das Fleisch im lockeren Paniermantel wirklich fabelhaft aus. Weswegen unterwarf sie sich überhaupt einer Diät? Simon würde es ohnehin nicht auffallen, wenn man den gestrigen Abend als Maßstab nahm. Ihm würde es nicht einmal auffallen, wenn ihr gesamter Körper

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