Geh Ich Auf Meine Hochzeit
neu modelliert würde, dachte sie missmutig. Die gesamte Fahrt über ging ihr die Party nicht aus dem Kopf, als Simon sie für zwei volle Stunden mit der armen Hilda Maguire sitzen ließ. Evie hatte sich so sehr auf den Abend gefreut. Schließlich war sie nicht jeden Abend zu einer Party eingeladen. Genauer gesagt, ging sie kaum jemals aus.
Dieser so ersehnte Abend war der Höhepunkt ihrer Woche gewesen. Und wie viel Geld sie beim Friseur verschwendet hatte!
Je länger sie darüber nachdachte, desto deprimierter wurde sie. Allein die Vorstellung, dass er sie alleine hatte nach Hause fahren lassen, weil er befürchtete, sonst seine Chefs zu verärgern! Wenn er so etwas tat, konnte er sie unmöglich lieben. Liebe bedeutete, dass man unbedingt und leidenschaftlich gerne zusammen sein wollte. Ganz besonders an Weihnachten!
Ihr fiel ein, wie Simon ihr mitteilte, dass er sie nicht nach Ballymoreen begleiten würde. Sie waren durch die Läden geschlendert und hatten nach Geschenken unter vierzig Pfund füreinander Ausschau gehalten - das war Simons Vorschlag gewesen, denn sie mussten für die Hochzeit sparen.
»Nächstes Jahr werden wir zusammen sein, Evie. Aber dieses Mal wirst du noch ohne mich feiern. Ich kann meine Mutter einfach nicht enttäuschen. Seit meiner Kindheit sind wir jedes Jahr bei Onkel Harry eingeladen, das ist Tradition. Mutter würde sich ohne mich unter den ganzen Verwandten sehr einsam und alleine fühlen.«
Als er merkte, wie sehr diese Nachricht seine Verlobte deprimierte, bat er sie, doch auch mit zu Onkel Harry zu kommen. Evie empfand diese Einladung als halbherzig. Abgesehen davon wollte sie Papa und Cara nicht im Stich lassen, hatte also abgelehnt.
Wenn die Party am vergangenen Abend erfreulich gewesen wäre, hätte es sie über die Zeit ohne Simon hinweggetröstet. Doch sie hatte sich als eine komplette Enttäuschung herausgestellt. Das entsprach auch ganz Evies Gefühlslage: enttäuscht! Vielleicht sollte sie doch ein Blätterteig-Würstchen essen. Danach jedenfalls stand ihr der Sinn. Aber bedenke, wie dein Hinterteil nach ein paar Tagen der Völlerei aussehen wird, schaltete sich ihr Gewissen ein.
»Ich koche uns etwas Zitronentee«, verkündete sie bestimmt. »Möchtest du auch einen?«
Rosie, gertenschlank und mit einer makellosen Pfirsichhaut ausgestattet, verdrehte die Augen.
»Das Einzige, was ich gerne mit Zitrone trinke, ist Wodka oder Red Bull«, bekannte sie dann.
Evie blieb abrupt stehen. »Rosie! Ich habe es dir eingeschärft: hier gibt es keinen Alkohol. Großvater würde einen Anfall bekommen, wenn er dich mit harten Sachen erwischt. Wein zum Abendessen, mehr nicht. Ich weiß, dass du mit deinen Freunden Bier trinkst, das habe ich gerochen - aber nicht hier! Wir sind nicht in Dublin, wie du weißt. Wenn du hier trinkst, wird es das ganze Dorf erfahren. Und sie werden über dich reden. Das will ich nicht.« Sie marschierte in die Küche.
Ihre Tochter runzelte die Stirn. Eine Zigarette ist dann wohl auch nicht drin, dachte Rosie verärgert, während sie Luft unter die Holzscheite blies. Was war nur mit ihrer Mutter los? Den ganzen Tag über bellte sie bereits herum. Sicher war dieser Langweiler Simon daran schuld. Ein solcher Jammerlappen, gehörte eigentlich verboten. Was ihre Mutter an ihm fand, konnte Rosie beim besten Willen nicht nachvollziehen. Immerhin verschonte er sie über Weihnachten mit seiner Gegenwart. Simons entnervende Manierismen drei ganze Tage lang zu ertragen, hätte sie die Wände hochgetrieben.
Eine Zigarette jedenfalls würde sie dennoch rauchen, ob es ihrer Mutter nun passte oder nicht. Schließlich war sie kein Kind mehr. Auf dem Weg in die Küche und auf die Schritte ihrer Mutter lauschend, angelte sich Rosie ihre Zigarettenschachtel aus der Tasche und zündete sich eine an.
Dann öffnete sie verstohlen das Fenster, setzte sich auf das Fensterbrett und blies den Rauch ins Freie.
So wie sie dieses Kaff kannte, würde sich vermutlich binnen fünf Minuten eine alte Schachtel ans Telefon hängen und das ganze Dorf darüber informieren, Rosie Mitchell sei Kettenraucherin. Es war wie im Mittelalter. Wenn sie sie eine Flasche Budweiser trinken sähen, würden sie sie vermutlich auf dem Scheiterhaufen als Hexe verbrennen.
Eine halbe Stunde später hatte Evie zwei Tassen Zitronentee getrunken, die beide nicht das Loch in ihrem Magen hatten füllen können, wie es einem Würstchen in Blätterteig sicher problemlos gelungen wäre. Sie hatte
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