Geh Ich Auf Meine Hochzeit
hoffte sie jedenfalls.
»Ich habe ein wunderschönes Weihnachtsgeschenk für Sasha«, schwärmte Rosie, und ihre pechschwarzen Augen leuchteten. »Es ist eine Puppe mit einem Kragen, den man in einen Rucksack verwandeln kann.«
Soeben diskutierten sie über die Vorteile von Puppen, die nicht schreien oder spucken konnten, als Andrew Fraser mit Vida die Küche betrat.
»Olivia«, meinte er und umarmte sie herzlich. »Ich habe dich gar nicht kommen hören. Wie geht es dir?«
»Sehr gut, Andrew«, erwiderte sie erfreut. »Du machst einen prächtigen Eindruck!« Das machte er wirklich, dachte sie. Er sah aus, als ob jemand ein Licht in ihm entfacht hätte. Scheinbar hatte Rosie Recht: er war bis über beide Ohren verliebt.
»Sie müssen Vida sein«, sagte sie und wandte sich der Frau neben ihm zu. Von Nahem sah sie noch besser aus. Ihre Haut war bemerkenswert glatt, und die weiche Pastellfarbe ihrer Kleidung unterstrich die Zartheit ihres Teints. Lediglich sehr feine Linien am Hals ließen darauf schließen, dass sie die fünfzig bereits überschritten hatte.
»Und Sie sind Olivia«, erriet Vida lächelnd. »Ich habe schon viel von Ihnen gehört. Sie sind für Andrew wie eine dritte Tochter.«
Olivia lächelte erfreut.
»Und ich bin Stephen, Olivias Mann«, stellte Stephen sich jovial vor.
Sie schüttelten einander die Hände.
»Da wir gerade von Töchtern sprechen, wo ist eigentlich Cara?«, erkundigte Stephen sich.
»Sie kommt mit dem Spätbus«, gab Andrew Auskunft. »Das arme Kind musste Überstunden machen. Ich schätze, sie wird gegen neun hier eintreffen.«
Er sah nach den Backwaren im Ofen, während Vida noch mehr zerkleinertes Gemüse für die Dips aus dem Kühlschrank holte.
Olivia erkannte sofort, weswegen ihre Mutter und Evie Vida nicht ausstehen konnten. Sie war genau der reife Frauentyp, für den Designer Topmode entwarfen. Auf dezente Weise legte sie Eleganz und Stilsicherheit an den Tag.
Ihr Kleid aus Cashmerewolle kostete sicherlich mehr, als Evie in einer Woche bei den Wentworth-Alarmsystemen erarbeiten konnte, und die Perlen waren zweifelsohne echt. Olivias Mutter hatte genau die gleichen besessen, bevor sie sie hatte verkaufen müssen.
Für Olivia stand fest, dass ihre Freundin allerhöchstens mit einer mütterlichen Matrone aus dem Zeichenkurs klargekommen wäre. Eine, die altmodische Kleider trug und den Status quo nicht gefährdete. Doch Vida Andersen verströmte in jeder Hinsicht einen Hauch von Gefahr. Olivia konnte sich gut vorstellen, dass sie ihre manikürten Nägel nicht mit Dreck besudeln wollte. Hinter ihrer aufgeweckten Fassade war Evie so unsicher, dass sie mit Menschen wie Vida niemals klarkam.
»Es heißt, man darf Sie beglückwünschen?«, erkundigte sich Olivia etwas zögernd, denn sie fragte sich, ob sie bereits davon wissen sollte.
Vida schloss den Kühlschrank. Ein strahlendes Lächeln erhellte ihr Gesicht. »Richtig«, erwiderte sie. »Eigentlich wollten wir nur die Familienmitglieder einweihen, aber wir sind so glücklich, dass wir es in alle Himmelsrichtungen ausposaunen möchten.«
Andrew stellte das Backblech auf dem Kaminsims ab und trat auf seine Verlobte zu, um ihr den Arm um die Taille zu legen. Für einen Augenblick schien er seine Gäste zu vergessen. Rosie unterdrückte ein Kichern, und Olivia zwinkerte ihr zu.
Genau in diesem Augenblick eilte Evie mit einem Tablett voll leerer Gläser und Teller in die Küche. Ihr Gesicht war von der Eile gerötet, Schweißperlen saßen auf ihrer Oberlippe, und die hellbraunen Locken klebten ihr am Gesicht.
Sie war so hektisch, wie Olivia sie seit Jahren nicht mehr erlebt hatte. Selbst sah sie auch nicht bestens aus, aber neben der kühlen, gefassten Vida würde das ohnehin niemandem gelingen.
Als sie ihren Vater und dessen Verlobte sich umarmen sah, wurde Evie blass. Olivia hatte augenblicklich Mitleid mit ihr. Die Arme nahm es wirklich nicht leicht. Sie wirkte verwirrt und einsam. Olivia stellte schnell ihr Glas auf dem Tisch ab, nahm Evie das Tablett aus der Hand und gab ihr einen Kuss.
»Dein Kleid ist sehr hübsch«, sagte sie für alle hörbar. »Ich liebe schwarzen Samt.«
»Gefällt es dir?«, erkundigte sich Evie dankbar und blickte ihre Freundin mit großen, traurigen Augen an. »Es ist das Einzige, was ich mitgenommen habe...« Sie stockte. »Du bist sicherlich schon allen vorgestellt worden«, wollte sie nun mit gepresster Stimme wissen. »Hast du auch schon die Neuigkeit vernommen?«
»Ja«,
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