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Geh Ich Auf Meine Hochzeit

Geh Ich Auf Meine Hochzeit

Titel: Geh Ich Auf Meine Hochzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Kelly
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und bedrückend mit einer riesigen Rosenmustertapete und einem hässlichen Kronleuchter, der an eine verstaubte Krake erinnerte. Darunter standen im Schatten jede Menge ausladende Möbel, hinter denen sich Ungeheuer gut verstecken konnten. Der klassische kindliche Albtraum.
    »Ich werde ein Auge auf Sasha werfen«, hatte Sybil de Vere angeboten und dabei mit einer Hand gewinkt, während die andere ihren dritten Gin Tonic umklammerte. Den dritten seit Olivia und Stephens Ankunft. Es war unmöglich, da Schritt zu halten. Mit sechzehn Jahren hatte Olivia es aufgegeben, die Anzahl der Flaschen zu zählen, die in diesem Haus konsumiert wurden. »Du bräuchtest einen Abschluss in Quantenphysik, wenn du herausfinden wolltest, wie viele Flaschen sie tatsächlich getrunken haben«, hatte sie damals ihrer besten Freundin Evie gegenüber geklagt. Nicht dass eine der beiden wirklich hätte sagen können, wobei es sich bei der Quantenphysik handelte. Olivia wusste lediglich, dass sich ständig nur noch geringfügig gefüllte Brandyflaschen in der Vorratskammer befanden, und leere Weinflaschen ganz unten im Müll. Weswegen ihre Mutter - und es war immer ihre Mutter, die sie verbarg - sich überhaupt noch die Mühe machte, ihr Problem vor ihr zu verheimlichen, erstaunte Olivia. Denn sie wusste nur zu gut, dass sie tranken wie die Fische.
    »Wir werden nicht lange bei den Frasers bleiben«, sagte sie mit Bestimmtheit, da sie sich auf die Babysitterqualitäten ihrer Mutter nicht verlassen wollte. »... höchstens eine Stunde.«
    »Mach dir keine Sorgen, Livvy«, brummte ihr Vater aus der Tiefe seines Sessels, wo er eine Fernsehzeitschrift durchblätterte, um das nächstfolgende Programm zu erfahren. »Der Kleinen wird es hier bestens gehen.« Er blickte sie über den Rand seiner Lesebrille hinweg an. »Ich begreife ohnehin nicht, weswegen du überhaupt zu Andrew Frasers Party gehen möchtest. Der Mann ist stinklangweilig, abgesehen davon wird er ohnehin wie gewohnt an dieser schrecklichen Amerikanerin kleben.«
    »Welche Amerikanerin?«, fragte Stephen, der kurzfristig seine schlechte Laune zu vergessen schien. Seit ihrer Ankunft hatte er sich über seine Aktentasche hergemacht und behauptet, er müsse noch etwas aufarbeiten. Olivias Vorschlag, Tee zu trinken oder ein Sandwich zu essen, hatte er abgelehnt. Ebenso die Einladung ihres Vaters, ein Glas Weinbrand zu trinken.
    »Diese schreckliche Person, die das alte Gutshaus in der Bracken Road gekauft hat«, unterbrach ihn ihre Mutter gehässig. »Sie hält sich für unwiderstehlich und glaubt, dass alle Männer hier im Dorf den Blick nicht von ihr wenden können.«
    Augenblicklich war Olivia klar, dass die »schreckliche Amerikanerin« offenbar sehr gut aussah. Sybil war vor dem Griff zur Flasche und vor den vielen Falten, die an die Schluchten einer zerklüfteten Landschaft erinnerten, eine seltene Schönheit gewesen. Frauen mit gutem Aussehen waren ihr verhasst, wie Olivia am eigenen Leib hatte erfahren müssen. Ihre Mutter hatte es nicht verkraftet, dass sich aus dem dürren hässlichen Entlein ein schlanker nordischer Schwan entwickelte. Sybils sämtliche Freundinnen, wenn sie denn überhaupt so etwas wie Freundinnen besaß, hatten eines gemeinsam: sie waren ausnahmslos ausgesprochen unauffällige Erscheinungen.
    »Dann hat der alte Andrew nach all den Jahren noch eine Frau gefunden?« Stephen schien fasziniert. »Wissen Evie und Cara davon?«, wandte er sich an Olivia.
    Die schüttelte langsam den Kopf und überlegte, was geschehen würde, wenn Evie es herausfand. Ihre beste Freundin vergötterte ihren Vater und ihre tote Mutter. Niemand, überhaupt niemand, konnte jemals gut genug sein, um Alice Frasers Platz einzunehmen.
    Andererseits hatte Andrew Fraser bisher offenbar ähnlich gedacht, grübelte Olivia. Sonst hätte er sich bereits vor Jahren eine neue Partnerin gesucht. Sicher machten ihre Eltern aus einer Mücke einen Elefanten. Der Grund dafür war vermutlich der, dass Andrew Fraser sie nicht mehr zu seiner Weihnachtsparty einlud, nachdem sie ihn drei Jahre hintereinander versetzt hatten. Es war vollkommen ausgeschlossen, dass er nach all der Zeit eine neue Frau in sein Leben treten lassen würde.
    Doch bereits in dem Augenblick, als sie in den weihnachtlich geschmückten Flur der Frasers trat, begriff Olivia ihren Irrtum. Das kleine Haus mochte einem nach dem unbeheizten Haus ihrer Eltern wie ein Hochofen vorkommen, doch die Atmosphäre bewegte sich rund um den

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