Geh Ich Auf Meine Hochzeit
unweigerlich nach ein paar Drinks landete. Sie lebten auch ohne Männer einigermaßen vergnügt vor sich hin. Doch seit Phoebe sich im Liebesrausch befand, waren sie nicht mehr die beiden Musketiere. Hier gab es nun zwei ganz normale Frauen, eine die Hälfte eines Paars, die andere deren merkwürdige Mitbewohnerin, die niemals einen Anbeter hatte - abgesehen von den nicht weiter erwähnenswerten betrunkenen Zusammenkünften mit den Motorradkurieren der Firma. Voller Selbstmitleid suchte sich Cara eine letzte Mars-Eiskrem aus dem Kühlfach. Die brauchte sie jetzt einfach. Das und sich bei Zoë einmal richtig auszumeckern, würde sie wieder aufheitern.
Eine halbe Stunde später erschien Zoë im Slattery‘s und wirkte noch geknickter als Cara. Ihr kurzes rotes Haar war vom Regen, der ihre Häkelmütze durchweicht hatte, an den Kopf geklatscht, und ihre Nase bildete einen roten Klumpen in ihrem Gesicht, da sie eine schwere Erkältung hatte.
»Haddo«, grüßte sie heiser. »Ich bin erkältet.«
»Du Arme«, bemitleidete Cara sie und legte einen Arm um die schmalen Schultern ihrer Freundin. »Heißer Whisky wird dich kurieren!«
Mit ihrem knappen ein Meter achtzig war es für Cara nicht schwer, sich wie ein Pflug mit Zoë im Schlepptau durch die dicht gedrängte Menge zu ackern. Sie entdeckte einen Tisch und zwei leere Stühle und drängte sich an einem noch unentschlossenen Mann im Anorak vorbei auf den Tisch zu, ergriff beide Stühle, ließ sich auf einem nieder und warf dem Anorakler einen warnenden Blick zu. Ihre zigeunerhaften Züge wirkten arrogant. Er schien sich gerade beklagen zu wollen, doch dann merkte er, dass Cara ihn um gute zehn Zentimeter überragte und nicht freundlich aufgelegt schien. Maulend machte er einen Rückzieher. Gelegentlich hatte es doch sein Gutes, eine Amazone zu sein, dachte sie, schüttelte ihr langes schwarzes Haar und grinste Zoë spitzbübisch an, wobei ihre Wangenknochen mehr denn je an eine Prinzessin der Apachen erinnerten.
Nachdem sie sich einen heißen Whisky einverleibt hatte, war Zoës Nase wieder so frei, dass sie verständlich reden konnte.
»Meine Brüder und ich sind vor kurzem nach Tralee gefahren, und auf dem Nachhauseweg ist Damians Auto zusammengebrochen. Die letzte Meile mussten wir laufen, und es hat geschüttet«, berichtete sie und spielte mit dem heißen Glas in ihren Händen. »Wir sind alle vollkommen durchnässt gewesen. Du kennst mich ja: ich muss Regen nur sehen, und schon habe ich eine Rotznase. Dieses Mal ist sie besonders hartnäckig.«
»Tut mir Leid«, meinte Cara sofort schuldbewusst. »Ich hätte dich heute Abend nicht aus dem Haus locken sollen. Draußen regnet es Bindfäden.«
»Ich gehe lieber aus dem Haus, als dass ich dort Christopher und seinen neuesten Freund einander beim Betätscheln beobachte«, brummte Zoë, die sich eine winzige Unterkunft mit dem exaltierten homosexuellen Modedesigner Christopher zur Miete teilte. »Sie haben darauf bestanden, Funny Girl zu sehen und haben mir nicht meine Eastenders gegönnt. Dann haben sie während des gesamten Films einander Liebesbeteuerungen ins Ohr geflüstert und darüber diskutiert, ob sie nun Yentl oder aber What‘s Up, Doc! den Vorzug geben sollten. Und schließlich bekräftigten sie einander in der Auffassung, wie wunderbar Barbara Streisand doch ist. Ich hätte Christopher erschlagen können.«
»Mir ging es nicht anders«, grunzte Cara. »Phoebe hat den Typen vom Bureau de Change zu einem Besuch bei uns überreden können. Sie haben so dicht aneinander geklemmt gesessen, dass man kaum noch ein Blatt zwischen sie hätte stecken können. Vermutlich sind sie fünf Minuten später auf der Arbeitsfläche in der Küche zur Sache gekommen, nachdem ich die Haustür hinter mir zugeschmissen hatte. Echte Liebe kann sehr deprimierend sein«, jammerte sie.
»Scheiß auf die große Liebe«, stimmte Zoë ihr zu. »Ich rede hier von Leidenschaft. Bei mir hat sich kein Mann mehr an die Wäsche gewagt, seit ich im September beim Frauenarzt zur Vorsorgeuntersuchung war. Ich brauche mal wieder einen...«, meinte sie mit tiefer Marlene-Dietrich-Stimme.
Mehrere Männer drehten sich auf ihren Stühlen um und grinsten. Sie musterten die große dunkle Frau und den viel kleineren Rotschopf in ihrer geräumigen Strickjacke.
»Sie meint nicht unbedingt sofort«, informierte Cara das Publikum bissig. »Wir brauchen sie später zu Zeugungszwecken - viel später, damit wir uns nicht mit euch unterhalten
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