Geh nicht einsam in die Nacht
aber dennoch, dass meine Mutter angesichts eines relativ anspruchslosen Erbguts ziemlich hohe Erwartungen hegte.
Was die Musik betrifft, muss ich froh sein, dass Pete und ich wieder Freunde wurden. Petes ältester Bruder Juha war genauso ausgezogen wie Make, aber dieser war trotzdem in Tallinge. Make wohnte mit seiner Freundin Taru in einer erbärmlichen Einzimmerwohnung im Erdgeschoss eines Hauses am hinteren Ende der Nybogatan. Juhas und Makes altes Zimmer hatte Pete übernommen, und seine älteren Brüder hatten den größten Teil ihrer Plattensammlungen dagelassen. Juhas Sammlung begann mit Help! von den Beatles und endete mit Pekka Strengs Sommerland und einer Platte von Quilapayún. Makes Sammlung begann mit Creams Disraeli Gears und endete mit Sabbaths Bloody Sabbath . Hinzu kam Petes eigener Geschmack, der sich vom klassischen Rock der Hurriganes bis zu Yma Sumac erstreckte. In den letzten Jahren in Tallinge wurde Pete Everis Zimmer zu meiner musikalischen Universität. Dass ich so viele unterschiedliche Musikstile kennen und schätzen lernte, habe ich Pete und seinen Brüdern zu verdanken.
Weitere Details über das gesellschaftliche Leben in Tallinge und auf dem Rosari:
Erstens war es nicht so, dass in den Einfamilienhäusern hinter dem Suviovägen nur Finnlandschweden wohnten und in den Hochhäusern in Bahnhofsnähe nur Finnen. Der Eindruck könnte entstehen, da dieser Teil der Geschichte von Pete Everi, Eva Mansnerus und mir handelt und Pete zufällig finnischsprachig war und im Stationsvägen wohnte, während Eva schwedischsprachig war und in einem Haus wohnte und ich zweisprachig war und in einem Reihenhaus wohnte. In Wahrheit gab es viele wohlhabende Finnen in den Häusern und Reihenhäusern und eine ganze Reihe armer Finnlandschweden in den Häusern am Bahnhof.
Das Leben auf dem Rosari hatte deshalb nichts mit Sprache zu tun: Da oben wurde Finnisch gesprochen, sonst nichts, aber man durfte sich dort unabhängig davon aufhalten, ob die Muttersprache Finnisch oder Schwedisch war. Die soziale Zugehörigkeit spielte dagegen eine wichtige Rolle. Die wohlhabenden Kinder aus den Häusern kamen nie auf den Rosari, sie trauten sich nicht, und die Rosari-Gang wollte sie dort auch nicht sehen. Ich selbst war leider ein Grenzfall, im Grunde war Pete Everi der Einzige, der mich wirklich mochte, so dass er auch mein einziger Garant da oben war. Lare Nisonen, Klasu Barsk, Jami Johansson und andere hatten große Vorbehalte mir gegenüber und konnten regelrecht feindselig werden, vor allem, wenn sie tranken. Es gab eine Phase, in der Klasu und Jami dazu übergingen, mich Rankku zu nennen, eine völlig legitime Verballhornung von Frank. Dann verballhornten sie das jedoch weiter zu Runkku, was Wichser bedeutet, und nannten mich ein volles Jahr lang so. Das war keine schöne Zeit, und am Ende war es Pete Everi, der sie dazu brachte, endlich damit aufzuhören.
Das mit der schwedischen Sprache war in einer Weise kompliziert, die ich nie wirklich begriff. Wenn Klasu Barsk und Jami Johansson mich nicht mochten, hatte das nichts mit Henrys und meiner eigenen finnlandschwedischen Identität zu tun, sondern mit der Tatsache, dass Henry Vertriebsleiter war und in einem Büro arbeitete. Auch Jami Johansson hatte einen schwedischsprachigen Vater, aber Vater Johansson hatte im Gefängnis gesessen und war anschließend mit einer anderen Frau nach Schweden abgehauen. Und Klasu Barsk entstammte einer rein schwedischsprachigen Familie: Er war in der SGT eine Klasse über mir, seine Mutter hieß Marita, und sein Vater hieß Nisse und arbeitete als Mechaniker. Aber weder Klasu noch Jami wollten Schwedisch sprechen, und Jami tat sogar, als würde er die Sprache nicht beherrschen. Schwedisch hatte keine street cred. Und wenn wir etwas mehr über die Musiker gewusst hätten, die wir bewunderten, wäre uns bewusst geworden, dass für sie das Gleiche galt. David Lindholm, der die Rock’n’Roll-Band Pen Lee & Co gegründet hatte, war genauso schwedischsprachiger Abstammung wie der Bassist Cisse Häkkinen von den Hurriganes. Aber sie verbargen es. Das Leben auf der Straße und den Hinterhöfen spielte sich auf Finnisch ab, der Rock’n’Roll auf Englisch. Das Schwedische war etwas anderes, Weichliches, wofür man sich schämte.
Es saßen nicht viele Mädchen auf dem Rosari. Und wenn ich ehrlich sein soll, hatten alle, die dort herumhingen, einen schlechten Ruf. Jakorasia war ein Wort, das wir für sie benutzten, wörtlich übersetzt
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