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Geh nicht einsam in die Nacht

Geh nicht einsam in die Nacht

Titel: Geh nicht einsam in die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Westoe
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glücklich machten. Unser erster Wortwechsel war es allerdings nicht. Schon während der langen Maiabende am Felsen hatten wir einige Worte miteinander gewechselt. So hatte ich sie gefragt, welches Parfüm sie benutzte, und sie hatte mich angelächelt und »Charlie« geantwortet. Ich hatte sie auch gefragt, ob sie Zeppelin möge. Sie antwortete Nein und meinte, ihr gefielen Joni Mitchell und Stevie Wonder, und ich hatte gedacht, aber nicht gesagt, dass ihr Musikgeschmack seltsam war.
    Jetzt flüsterte Eva »Heute Abend an der Schanze!«, und es machte Klick in mir. Ich hatte mich den ganzen Sommer über Tagträumen von ihr hingegeben, Träumen, in denen wir zusammen lagen, ich hatte sie während der Wochen in Svartviken gehabt und im Hotel in Stockholm sogar von ihr geträumt: Hinterher war ich mitten in der Nacht aufgewacht, und meine Unterhose war klebrig gewesen, und ich hatte mich bei dem Gedanken geschämt, dass dies passiert war, während ich mir das Hotelzimmer – wenn auch eine Minisuite mit einer Schiebetür zwischen den Zimmern – mit meinen Eltern teilte, aber dann war ich wieder eingeschlafen. Und als Eva jetzt ein paar einfache Worte sagte, sie mir fast ins Ohr hauchte, ließen sie mich die drei Jahre verdrängen, die uns trennten, es gelang mir zu vergessen, dass Eva fast schon eine erwachsene Frau war. Ja, für einige schwüle und sonnige Nachmittagsstunden redete ich mir erfolgreich ein, dass Evas Worte signalisierten, wir beide würden ein Paar werden, wir zwei gehörten jetzt zusammen: Hiermit wird kundgetan, dass Eva Mansnerus und Frank Kaspar Loman für immer und ewig ein Paar sind! Und diese Perspektive erregte mich so, dass ich den ganzen Nachmittag an sie dachte: Schon als wir auf der Umgehungsstraße heimfuhren und anschließend den Tallingeleden nach Norden nahmen, dachte ich so intensiv an Eva und all das Wunderbare, was geschehen würde, dass ich den Wirbel, den die laufende Friedenskonferenz ausgelöst hatte, überhaupt nicht bemerkte. Der amerikanische Präsident Ford und der kommunistische Führer Breschnew und eine Menge anderer Weltpolitiker hielten sich in der Stadt auf, überall standen Soldaten und Polizeistreifen postiert, sie hielten mit ihren Gesichtern aus Stahl und ihren Maschinenpistolen und Funkgeräten Wache und schwitzten in der Hitze. Aber ich sah sie nicht. Sie existierten nicht. Niemand existierte, nicht einmal Pete Everi und die anderen Jungen, die immer auf dem Felsen herumhingen: Es gab nur Eva Mansnerus und mich.
    Als ich durch Tallinge radelte, mein Fahrrad am Fuß des Rosari abwarf und hinaufstieg, war ich in einem Fiebertaumel. Ich hatte mein schickstes Pikeehemd angezogen, das dunkelblaue mit dem weichen Kragen und den weißen Streifen. Ich hatte mich sogar ein wenig aus Henrys Old-Spice-Flasche besprüht.
    Doch da oben saßen nicht viele. Es war erst Ende Juli, und die meisten Leute waren noch in ihren Sommerhäusern gefangen. Andere jobbten abends als Verkäufer in Eisdielen und Würstchenbuden und Ähnlichem. Klasu Barsk war immerhin gekommen, genau wie Nisonen und Ride und Vara-Lotta. Und Pete und Eva. Sie saßen eng zusammen, hielten Händchen und teilten sich eine rote Jaffa.
    Ich sagte nicht viel an jenem Abend. Ich weiß noch, dass es in unserer Unterhaltung um die Friedenskonferenz ging, das Gespräch jedoch eine so seltsame Wende nahm, dass es sich plötzlich um Autos drehte. Nisonen begann, Sarkasmen über die großen Zils der Sowjetführer auszuspucken, es sei ihm niemals klar gewesen, dass die Kommunisten ihre eigenen Limousinen hatten, er habe sich vorgestellt, sie hätten entweder Cadillacs oder gar keine, dass die Russen einfach nichts anderes besäßen als Lada und Moskwitsch. Zu Anfang versuchte Pete zaghaft, ihm zu widersprechen. Sein ältester Bruder Juha war Stalinist und hielt häufig politische Brandreden, wenn er zum Sonntagsessen in den Stationsvägen heimkehrte. Und davon war wahrscheinlich einiges hängen geblieben: Pete hatte ein empfindliches soziales Gewissen. Jetzt wies er darauf hin, dass Cadillac der Name des Franzosen war, der Detroit gegründet hatte, und dass die Amerikaner, die wir wegen ihrer Freiheit so bewunderten, ihr Land anderen gestohlen hatten, um ihre Autos anschließend nach den Bestohlenen zu benennen. Aber so leicht ließ sich Nisonen nicht beirren. Er war nicht nur Skeptiker, sondern ebenfalls belesen, mindestens so belesen wie Pete, und deshalb verkündete er, dass Breschnew, der Chef der Kommunisten, heimlich

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